Was ist das Evangelium?

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ProfDrVonUndZu
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Helmuth hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 08:11 Auch von mir ein "Na ja ..." Jesus hat uns nicht eine Anleitung für Psychologie gegeben, sondern den Auftrag das Evangelium zu predigen. Wer sich in Methoden verfilzt, wie er denn predigen soll, was denn die Seele des anderen jetzt gerade braucht, der meint, er könne mit Menschenweisheit mehr ausrichten als der HG durch die schlichte und törichte Botschaft. Dazu Paulus Erfahrungsbericht:
1. Kor 1,21 hat geschrieben: Denn weil ja in der Weisheit Gottes die Welt durch die Weisheit Gott nicht erkannte, so gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden zu erretten.
Wenn du einzig nach den Briefen des Paulus gehst, erscheint mir deine Haltung dazu auch nachvollziehbar. Allerdings haben wir auch noch das Zeugnis von Lukas, wie Paulus auf dem Areopag vorging. Als praktische Psychotherapie kann man seine Empathie hier wohl kaum versucht sein zu diskreditieren. Ich finde nicht, dass wir dieses Zeugnis aus der Apostelgechichte gegen die eigenen Schriften des Paulus ausspielen müssen und sollen. Es passt doch beides wunderbar zusammen, nur dass Paulus sich in seinen Briefen etwas verkürzt aus seiner eigenen Sicht darstellt. Lukas beschreibt ihn objektiver. Vielleicht war er mit auf dem Areopag, oder aber Paulus erzählte ihm mündlich und unter vier Augen davon. Das wäre dann noch mal ein ganz anderer Raum, als ein Brief an eine Gemeinde.

Und auch Jesus evangelisierte nicht, indem er den Leuten eine kurze Phrase vor die Füße knallte. Seine Evangelisierung war verbunden, indem er die realen Lebensverhältnisse der Menschen direkt oder in Gleichnissen ansprach und sich um sie persönlich kümmerte, wenn sie zu ihm kamen und sie heilte. Das hat durchaus seelsorgerische Qualität und zur Seelsorge sind ja auch Christen angehalten. Das wird vielleicht nicht jeder gleich gut können, aber auch da könnte das Gebet helfen. Und dann sind wir auch schon wieder über menschliche Weisheit hinaus.

Dein zitierte Vers 1. Korinther 2,21 sagt ja auch nicht, dass man mit der Kreuzesbotschaft Ungläubige überzeugt, sondern bereits Gläubige anzieht. Gläubige im Sinne des NT sind die, die an der Welt zweifeln und an sie gerade nicht (mehr) glauben.
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Helmuth
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von Helmuth »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 12:41 Und auch Jesus evangelisierte nicht, indem er den Leuten eine kurze Phrase vor die Füße knallte.
Darum geht es nicht. Es geht darum, was der Kern des Evangeliums ist, das es zu verkündigen gilt. Und das sind für mich nicht mehr als diese drei Dinge, auch die Botschaft vom Kreuz als reiner Terminus noch mehr versimplifiziert.

Es bedeutet ja nicht, das man nur wie ein Papagei nur drei Verse pauken soll, oder nur Tonband laufen zu lassen braucth, wie wohl es bei Jona, wenn man es liest, gar nicht wirklich anders klingt:
Jona 3,4 hat geschrieben: Und Jona begann in die Stadt hineinzugehen, eine Tagereise weit, und er rief und sprach: Noch vierzig Tage, dann wird Ninive umgekehrt!
Interessant nicht? War das also die gesamte Botschaft? Und das wiederholte er nun drei Tage lang, bis der durch die ganze Stadt gegangen war? Wie auch immer, im Grunde schreibt der Autor aber nur das, was der Kern der Botschaft war. Viel mehr war es also nicht. Und es führte zur Umkehr. Jona musste auch keine Kenntnis von irgenjemand dabei haben.

Ich will damit sagen, es wird zu viel auf die wohl vorbereitete Predigt Wert gelegt. Das ist alles auch gut so, aber es müssen diese Dinge darin vorkommen. In etwa wie Trauben auch im Wein sein müssen und nicht nur Wasser, Zucker und sonstige Zusätze. Fehlen die Trauben können das alle möglichen Getränke sein, nur kein Wein.

Und wenn diese von mir drei Kernelemente darin nicht vorkommen, dann wird nicht das Evangelium gepredigt, sondern eine Lehre, eine Ermahnung, eine Ansage, alles mögliche gegeben, aber nicht die Botschaft vom Kreuz.

Warum sage ich das? Weil eben diese Kraft Gottes, die Erlösung bringt, genau durch diese Botschaft bewirkt wird und nicht anders, ansonsten ist es schlechter oder verfälschter Wein oder gar ein mieses Gesöff, dass nur Kopfweh bereitet. Komme ich damit besser rüber?
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
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ProfDrVonUndZu
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Helmuth hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 13:20 Es bedeutet ja nicht, das man nur wie ein Papagei nur drei Verse pauken soll, oder nur Tonband laufen zu lassen braucth, wie wohl es bei Jona, wenn man es liest, gar nicht wirklich anders klingt:
Jona 3,4 hat geschrieben: Und Jona begann in die Stadt hineinzugehen, eine Tagereise weit, und er rief und sprach: Noch vierzig Tage, dann wird Ninive umgekehrt!
Interessant nicht? War das also die gesamte Botschaft? Und das wiederholte er nun drei Tage lang, bis der durch die ganze Stadt gegangen war? Wie auch immer, im Grunde schreibt der Autor aber nur das, was der Kern der Botschaft war. Viel mehr war es also nicht. Und es führte zur Umkehr. Jona musste auch keine Kenntnis von irgenjemand dabei haben.
Gerade Jona war ja nun gar nicht empathisch mit den Niniviten. Er war sogar deprimiert darüber, dass die vekündete Umkehrung der Stadt nicht vollzogen wurde. Er hat den Zweck seiner Mission gar nicht verstanden. So sollen wir aber nicht sein. Dass Jona so war, lag daran, dass er sich betreffs seiner Herkunft schon auf der sicheren Seite wähnte. Aber auch diese Überheblichkeit hâtte gar nicht sein sollen. Auch ein Israelit sollte sich immer darauf zurück sinnen, dass die Gerechtigkeit nicht aus ihm selbst kommt, sondern seine Privilegien begründet sind mit der Verheißung an Abraham. Israeliten sollten sich immer wieder daran erinnern, dass auch sie Knechte in Ägypten gewesen sind. Die Rettung Ninives erfolgt deswegen wohl eher nicht wegen Jona, sondern trotz ihm, weil die Niniviten selbst unter ihren Verhältnissen litten und nur einen konkreten Anlass und Aufruf brauchten, um umzukehren. Sie wurden nicht überzeugt von etwas, das ihnen total gegen den Strich ging, sondern waren bereits empfänglich für Warnungen.

Was die Elemente des Evangeliums angeht, da scheinen wir uns wohl weitgehend einig. Wirst du mir denn jetzt zustimmen, wenn ich sage, dass Römer 13 nicht dazu gehört ?
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Lena
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von Lena »

ProfDrVonUndZu

Wegen der Kreuzigung:
Joh. 12,27 hat geschrieben:Jetzt ist meine Seele voll Unruhe.
Und was soll ich sagen?
Vater, hilf mir aus dieser Stunde?
Doch darum bin ich in diese Stunde gekommen.
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Corona
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von Corona »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 13:53 Dass Jona so war, lag daran, dass er sich betreffs seiner Herkunft schon auf der sicheren Seite wähnte. Aber auch diese Überheblichkeit hâtte gar nicht sein sollen. Auch ein Israelit sollte sich immer darauf zurück sinnen, dass die Gerechtigkeit nicht aus ihm selbst kommt, sondern seine Privilegien begründet sind mit der Verheißung an Abraham.
Das sehen wir und ich nicht so. Ich denke er flüchtete, weil es ihn verdriess, dass Gott eine NichtJüdische Stadt retten wollte, und ihn als Juden dazu auserkoren hatte, ihnen die Botschaft zu überbringen. Er flüchtete also, vor seiner eigenen Bestimmung, das Wort Gottes allen Völkern zu verkünden, und ihnen den Weg der Umkehr als Vergebung der Sünden zu bringen.
Jer 23
Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da werde ich dem David einen gerechten Sproß erwecken; In seinen Tagen wird Juda gerettet werden und Israel sicher wohnen;
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ProfDrVonUndZu
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Corona hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 14:14 Das sehen wir und ich nicht so. Ich denke er flüchtete, weil es ihn verdriess, dass Gott eine NichtJüdische Stadt retten wollte, und ihn als Juden dazu auserkoren hatte, ihnen die Botschaft zu überbringen. Er flüchtete also, vor seiner eigenen Bestimmung, das Wort Gottes allen Völkern zu verkünden, und ihnen den Weg der Umkehr als Vergebung der Sünden zu bringen.
Aber was war der Anlass für seine Abneigung gegen diese nichtjüdische Stadt ?
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Corona
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von Corona »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 14:27
Corona hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 14:14 Das sehen wir und ich nicht so. Ich denke er flüchtete, weil es ihn verdriess, dass Gott eine NichtJüdische Stadt retten wollte, und ihn als Juden dazu auserkoren hatte, ihnen die Botschaft zu überbringen. Er flüchtete also, vor seiner eigenen Bestimmung, das Wort Gottes allen Völkern zu verkünden, und ihnen den Weg der Umkehr als Vergebung der Sünden zu bringen.
Aber was war der Anlass für seine Abneigung gegen diese nichtjüdische Stadt ?
Wer weiss das genau, und ob es überhaupt eine Abneigung gab gegenüber der Stadt, oder eben mehr gegenüber dem Auftrag, ein Licht für die Nationen zu sein.

Wir lesen Jona auch in der Liturgie am Yom Kippur. Spricht dann eben die Vergebung unserer Sünden an, so ganz ohne Tier- oder Menschenopfer. Einfach aufgrund von Busse und Umkehr, wie es im ganzen Tanach gelehrt wird.
Zuletzt geändert von Corona am Mi 20. Sep 2023, 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
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ProfDrVonUndZu
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Das hängt beides zusammen, meine ich. Jonas Reaktion am Ende ist für mich aber überdeutlich, dass er den Niniviten zu Gunsten seines Prophetenrufes den Untergang wünschte.
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Corona
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von Corona »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 15:41 Das hängt beides zusammen, meine ich. Jonas Reaktion am Ende ist für mich aber überdeutlich, dass er den Niniviten zu Gunsten seines Prophetenrufes den Untergang wünschte.
Verstehe ich, aber mir ging es darum, dass dies nichts mit Überheblichkeit zu tun hat oder haben muss.

Wir lesen Jona auch in der Liturgie am Yom Kippur. Spricht dann eben die Vergebung unserer Sünden an, so ganz ohne Tier- oder Menschenopfer. Einfach aufgrund von Busse und Umkehr, wie es im ganzen Tanach gelehrt wird.
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Rilke
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Re: Was ist das Evangelium?

Beitrag von Rilke »

Corona hat geschrieben: Mi 20. Sep 2023, 14:39 Wir lesen Jona auch in der Liturgie am Yom Kippur. Spricht dann eben die Vergebung unserer Sünden an, so ganz ohne Tier- oder Menschenopfer. Einfach aufgrund von Busse und Umkehr, wie es im ganzen Tanach gelehrt wird.
Wozu dann das Opfersystem, das Gott bis ins kleinste Detail in der Torah geregelt hat?
Was immer ein endliches Wesen begreift, ist endlich.
- Hl. Thomas v. Aquin
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