Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite I

Politik und Weltgeschehen
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Oleander
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Oleander »

Sunbeam hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 14:50 Ich bin fest davon überzeugt
:frech2:

;)
Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung.
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Sunbeam
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Sunbeam »

Oleander hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 14:55
Sunbeam hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 14:50 Ich bin fest davon überzeugt
:frech2:

;)
Du bist bestimmt die beste, die du jemals hattest, nicht?
Hiob
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 14:26 wenn du noch einmal dieses unsägliche Wort - narrativ benützest, dann hast du bei mir verschissen...
:lol: Welche Alternative empfiehlst Du? Welches andere Wort gibt es dafür, dass in der Gesellschaft dominante Strömungen das Urteil des Menschen stark beeinflussen, wenn nicht sogar total bestimmen?
Oleander hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 14:54 Woher willst denn das wissen?
Denkst du, dass man früher nicht auch, wenn auch nur im stillen "Kämmerlein" Ich- Scheiß thematisierte?
Hat man. Aber es gab nicht diese Betroffenheitslyrik und Empörungs-Hedonistik.
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Sunbeam
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 16:34
Sunbeam hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 14:26 wenn du noch einmal dieses unsägliche Wort - narrativ benützest, dann hast du bei mir verschissen...
:lol: Welche Alternative empfiehlst Du?
Vorschlag: :arrow: Sinn stiftend, oder eben :arrow: Unsinn stiftend.

Ich mag die deutsche Sprache, gerade auch dann, wenn ich nun ein verböster Nazi bin.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 16:54 Ich mag die deutsche Sprache
Man verdeutscht "Narrativ" neuerdings mit "Erzählung". Was hältst Du davon?

Was wäre das Substantiv für "(un-)sinnstiftend"? Ist noch nicht optimal.
Sunbeam hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 16:54 auch dann, wenn ich nun ein verböster Nazi bin.
Ganz so weit sind wir, glaube ich, noch nicht. Obwohl: Es wäre nicht das erste Mal, dass meine Einschätzungen von der Wirklichkeit überholt wurden.
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Sunbeam
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 17:12
Sunbeam hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 16:54 Ich mag die deutsche Sprache
Man verdeutscht "Narrativ" neuerdings mit "Erzählung". Was hältst Du davon?

Was wäre das Substantiv für "(un-)sinnstiftend"? Ist noch nicht optimal.
Sunbeam hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 16:54 auch dann, wenn ich nun ein verböster Nazi bin.
Ganz so weit sind wir, glaube ich, noch nicht.
Ich glaube da eher, wir sind da schon viele weiter, der Rubicon wurde da doch eigentlich schon vor Jahren überschritten.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 17:20 Ich habe verstanden, dass für Dich der Umstand, dass homosexuelle Paare in ihrer fundamental-theologischen Gering-Belastbarkeit nicht nur sich selbst, sondern ihre Verbindung als gesegnet verstehen, von großer Bedeutung ist. Das kann ich echt nachvollziehen. In diesem Kontext stimme ich (stellvertretend für Betroffene) Deinem Satz zu: "Die "Laien-Interpretation" ist von diesem Gesichtspunkt die entscheidende". Ich sehe nicht, warum Du Dich hier falsch verstanden fühlst.
Die Laien treffen hier die weitreichenden Entscheidungen, wie "meine homosexuelle Beziehung ist keine Sünde", also ist die Laien-Interpretation entscheidend. Du hast das aber mehrfach auf den 2+4-Vertrag bezogen. Und da stimmt das nicht, da waren Profis am Werk, die genau wussten, worauf sie sich einlassen.
Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 17:20Ah - ok. - Formal ist dies ohnehin richtig, aber meinst Du wirklich, dass die Russen dies so sehen? Noch anders: Meinst Du, dass Russlandkenner jemals daran gezweifelt haben, dass die Russen so empfinden würden? Helmut Schmitt hat kurz vor seinem Tod gemeint (/kann man in youtube hören), dass auch er als Russe beunruhigt wäre, wenn nach und nach die NATO-Stellungen immer näher kämen. - Mit anderen Worten: Was bringt es, wenn man sich einredet, dies sei ein Vertragswerk gewesen, das in Ordnung sei, wenn man gleichzeitig 100tausende Tote an der ukrainisch-russischen Front hat, die Folge dessen sind, dass dieses Vertragswerk offenbar nicht auf eine win-win-orientierte europäische Sicherheitsarchitektur angelegt war?
Klar hätte man sich sagen können, dass das propagandistisch ausgeschlachtet wird. Tja ... ja. :lol:

Schmidt ist ein Kind seiner Zeit, der Ära des "Wandels durch Anbiederung". Angst und übermäßiges Verständnis für das, was Russland macht, egal wie fragwürdig es ist, um die Sache statisch einzufrieren - bloß nichts dran rühren.

Aber real ist da nichts bis wenig dran. Hier werden die militärtechnischen "Fortschritte" der letzten Jahrzehnte ignoriert - räumliche Nähe macht einfach nicht mehr so viel aus. Auch die großen Unterschiede (z. B. in der Präzision) zwischen Mittelstreckenraketen und Interkontinentalraketen sind ziemlich aufgehoben.

Letztlich empört die NATO-Ost-Ausweitung, weil sie die Möglichkeit, sich diese Länder wieder einzuverleiben, unmöglich macht. Zumindest verschwinden sie aus dem Einflussbereich. Und dann ist da noch die symbolische Wirkung...

Aber würde Putin irgendwas von den "Bedrohungen" ernst nehmen, hätte er seine Truppen an der NATO-Grenze nicht extrem ausgedünnt.
Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 17:20 Ich bin jetzt tatsächlich überfragt, wo Russland außerhalb seines eigentlichen Staatsgebiets Kolonien hatte. Meinst Du Kuba? - Oder meinst Du angrenzende Gebiete anderer Ethnien? Das gibt es in der Tat - man schaue nur nach China mit seinen Uiguren oder eben nach Russland mit seinen Usbekistans, etc oder nach Amerika, wo die USA den Norden Mexikos annektiert hat. Das kann man böse finden, aber es ist normal.
Ich meine die Binnenkolonisation, z. B. Sibirien, Gebiete der Tartaren, etc.. Ich hab doch geschrieben "von Moskowien" aus. All diese Völker in Asien wurden kolonisiert.

Und es ist mir schon klar, dass die USA mehr als ein unrühmliches Kapitel in ihrer Geschichte haben. Von der Sklaverei bis zum "Indianer-Entfernungs-Gesetz".

Aber es geht nicht darum, da irgendwas albern aufzurechnen. Oder gar rückgängig zu machen - das ist sowieso illusorisch. Sondern um die Frage: Wurde etwas aus den Verbrechen der Geschichte gelernt?

Zumindest gilt: Kein US-amerikanischer Politiker stellt sich heute ans Rednerpult und redet von der "vorherrschenden Stellung der Gründer, den weißen Angelsachsen, in den USA". Keiner.

Die USA sind ein multi-ethnischer Staat mit einer unrühmlichen Geschichte. Aber das Selbstverständnis ist heute, dass es keine "hervorragende Ethnie" in diesem multiethnischen Staat gibt.

Im Falle Russlands kann man konstatieren: Es wurde nichts gelernt.

In anderen ehemaligen Sowjet-Republiken gibt es russische Minderheiten. Die nimmt Putin als Vorwand, Ärger zu machen, indem er sich als ihr Fürsprecher darstellt (bis hin zum Krieg). Aber was ist denn mit den nicht-russischen Ethnien in Russland? Wenn Russland den Russen gehört, wie Putin behauptet, wenn er so sehr auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker herumreitet, dann sollte er das denen ganz genauso zugestehen.

Stattdessen hat Russland im 21. Jahrhundert immer noch das Selbstverständnis einer Kolonialmacht.

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker gilt für Russen.

Aber es gilt nicht für: Tataren, Ukrainer, Tschetschenen, Georgier, Armenier, Kasachen, etc.

Ein multiethnischer Staat, in dem ein Volk als besonders auserkoren ist, bedeutet: es wurde nichts gelernt, absolut nichts. Besonders schwer wiegt das, wenn man die stalinistischen Verbrechen betrachtet.
Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 17:20Das ist nicht russland-spezifisch. Die Hälfte der Menschen in New Mexico spricht spanisch, in Puerto Rico sogar über 90%. Der Nationalstaats-Gedanke ist nicht mehr erste Wahl. Allerdings waren manche Gebietsgewinne mit Gewalt verbunden - aber das ist so seit 10.000 Jahren.
Das folgende hast Du überlesen:
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31"Russland den Russen", und wer da sonst noch lebt, ist irrelevant?
Es ist per se natürlich kein Problem, dass Russland kulturell und ethnisch heterogen ist. Es wird aber zum Problem, wenn Putin auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker pocht und damit nur die ethnischen Russen meint, als deren Retter er sich aufführt.

Das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" wird im Westen anders interpretiert, man versteht unter Volk dann nicht Ethnie wie Putin. Er macht das also, um sich vom Westen abzugrenzen. Was hierzulande bei den Rechten sicher gut ankommt.

Er macht es aber auf scheinheilige Art, mit der Einstellung einer Kolonialmacht. "Selbstbestimmungsrecht der Völker" für die Russen. Nicht für die anderen Völker!
Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 17:20Man stelle sich aus Sicht Russlands vor: Russland will eine Freihandelszone, die trotz mannigfacher gegenseitiger Absichtserklärungen nicht angegangen wird (warum wohl?) - statttdessen gibt es ein Abkommen nur mit der Ukraine. Die Message dabei ist: "Wir, der Westen, wollen keine paneuropäische/paneurasische Sicherheitsarchitektur, sondern einen Bindung von möglichst vielen Staaten westlich von Russland an den Westen." Und da soll Russland nicht ausflippen?
Ja, sie flippen aus, wie ein Kind, das anderen Kindern das Spielzeug geklaut hat und es nun wieder hergeben soll.

In deiner Formulierung wirkt es so, als hätte die Initiative beim Westen gelegen. Aber all diese Länder wurden zu Sowjetzeiten brutal unterdrückt. Dass die keine Lust mehr auf Russland haben und ihnen die Amis wie engelsgleiche Wesen vorkommen, ist wenig verwunderlich. Hätte man es ihnen aktiv versagen sollen, sich anzuschließen?

Übrigens: 2007 ... das war nach Tschetschenien. Das war nach der Unterstützung der separatistischen Gebiete in Georgien wie Abchasien (einer Regierung, die tatsächlich ethnische Säuberungen durchführte). Da konnte man doch schon ahnen, wie sich die Sache entwickeln würde!

Realpolitisch ist "Kooperation" mit einem Staat, der diese Ansprüche hat, sich so aufführt, und der auch hier in Deutschland massiv korrumpierend seine Finger drin hatte (Schröder, dem übrigens bereits vor seiner Abwahl einen Posten bei Gazprom zugesichert war, ja, das ganze Schröder-Netzwerk; Unterstützung von extremistischen Parteien und Gruppen etc.), vielleicht sinnvoll. Aber auf lange Sicht hat das keine Zukunft.

Ein Gegenpol gegen die USA schafft man friedlich und ohne fiese Tricks. Wenn das nicht möglich ist, kann man es gleich bleiben lasen.
Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 17:20 Würde mich wundern. Stelle Dir eine EU vor, die in engem Austausch mit Russland ist und somit Planungssicherheit und gute Preise bei Rohstoffen hat und umgekehrt Technologie-Transfer betreibt. Meinst Du, Russland würde damit ohne konkreten Grund Waffen bauen? Russland hat seine Waffenkammern erst wieder so richtig reaktiviert, als die westlichen Spannungen systemisch wurden.
Wie kannst Du das nur immer noch ernst nehmen, nach all dem was passiert ist?

Die Ukraine wurde denuklearisiert. Sie haben ihre Atomwaffen an Russland übergeben. Dafür hat Russland 1994 die Souveränität der Ukraine garantiert, als Schutzmacht. Jetzt greift die Schutzmacht an. Solche Vertragsbrüche scheinen Dich eher weniger zu kümmern ...

Und noch mehr Nachsicht, noch mehr guter Wille, noch mehr Vertrauen hätten besser funktioniert?

Ich hab das Gefühl, umso schlimmer Russland agiert, umso wilder wird es verteidigt.

Der Wandel durch Anbiederung wurde eindeutig widerlegt und es ist mehr als plausibel, dass wir in einer besseren Lage wären, wenn wir nicht so lange auf diesem Gleis gefahren wären. Das heißt i. Ü. nicht, dass ich irgendwelche Kriegseinsätze o. ä. befürworte.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Die Laien treffen hier die weitreichenden Entscheidungen, wie "meine homosexuelle Beziehung ist keine Sünde", also ist die Laien-Interpretation entscheidend.
Niemand kann "entscheiden", was Sünde ist. Dieser Ansatz ist schlicht falsch. - Die Laien MEINEN, sie würden nicht sündigen. Habe ich kein Problem damit. Aber das ändert doch geistlich nichts in der Sache.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Du hast das aber mehrfach auf den 2+4-Vertrag bezogen. Und da stimmt das nicht, da waren Profis am Werk, die genau wussten, worauf sie sich einlassen.
Das ist ein merkwürdiges Unterscheidungskriterium. Geh vielleicht davon aus, dass es Teil des professionellen Handwerks ist, Dinge offen zu lassen, weil man zu einem Zeitpunkt x, an dem man ein Papier präsentieren möchte, nicht alle Punkte einvernehmlich klären kann.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Klar hätte man sich sagen können, dass das propagandistisch ausgeschlachtet wird. Tja ... ja.
Diese Gefahr besteht immer. Natürlich wissen die Profis, dass beide Seiten bei Bedarf ihr Narrativ stricken.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Letztlich empört die NATO-Ost-Ausweitung, weil sie die Möglichkeit, sich diese Länder wieder einzuverleiben, unmöglich macht.
Auch das ist durchaus richtig. Andererseits hat Putin Anfang der 2000er positive Asapekte im Kopf gehabt (Freihandelszone, Reisefreiheit, etc.). Und er wollte, das ist richtig, dass Belarus und die Ukraine als Puffer zwischen beiden (damals aufgeweichten) Blöcken bestehen bleiben. Darauf konnte er völkerrechtlich nicht bestehen, aber der Westen hätte dies respektieren können, indem er Interesse an einer gesamteuropäischen/paneurasischen Friedensordnung gezeigt hätte.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Ich meine die Binnenkolonisation, z. B. Sibirien, Gebiete der Tartaren, etc.. Ich hab doch geschrieben "von Moskowien" aus. All diese Völker in Asien wurden kolonisiert.
Unter "Kolonie" versteht man eigentlich Besitzungen, die nicht mit dem Kernland verbunden sind. Als Karl der Große die Sachsen besiegt hat, war Sachsen für ihn keine Kolonie, sondern Teil seines Reiches. Sind für Dich New Mexiko und Texas kolonisierte Länder der USA? Was ist der Unterschied zwischen Tartaren und Sibiren im Osten und Spaniern im Süden? Einverleibt ist einverleibt.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Kein US-amerikanischer Politiker stellt sich heute ans Rednerpult und redet von der "vorherrschenden Stellung der Gründer, den weißen Angelsachsen, in den USA". Keiner.
Das ist medial auch nicht zu empfehlen. Aber de facto läuft es so. Dieses Thema ist Teil der großen Auseinandersetzung zwischen Republikanern und Demokraten in den USA.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Im Falle Russlands kann man konstatieren: Es wurde nichts gelernt.
So gut kenne ich Russland nicht. Ich höre nur von meinem (deutsch-)russischen Umfeld, dass man in der Sowjetunion (und so viel ich weiß, auch noch heute in Russland) im Ausweis/Pass eine ethnische Zugehörigkeit hat. Also "Russischer Staatsbürger/Russe oder Tartar oder Deutscher oder Jude". Ob dies automatisch als diskriminierend zu verstehen ist, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls halte ich es eher für unwahrscheinlich, dass ein Durchschnitts-Tartar/Deutsche/Jude in Russland mehr diskriminiert wird als ein Durchschnitts-Schwarzer in den USA.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Das Selbstbestimmungsrecht der Völker gilt für Russen.

Aber es gilt nicht für: Tataren, Ukrainer, Tschetschenen, Georgier, Armenier, Kasachen, etc.
Da ist insofern was dran, dass Russland eine Doktrin hat, wonach größere Russenansammlungen in anderen Staaten den Schutz Russlands genießen - was natürlich eine Ausrede ist, im Ernstfall einzugreifen. (Bei den Amerikanern macht man dasselbe anders, indem man bei Bedarf das Zauberwort "National Interest" bemüht, was über dem Völkerrecht stehen kann.) Deshalb wäre ja ein ambitioniertes Interesse an einer europäischen Friedensordnung so wichtig gewesen. Denn den "Ernstfall" gibt es nicht, wenn man handelsmäßig und gesellschaftlich so verbandelt ist, dass man überhaupt keinen Ernstfall will. Aber diese innereuropäische Entspanntheit wollten die USA nicht. Da müssen jetzt alle durch.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Im Falle Russlands kann man konstatieren: Es wurde nichts gelernt.
Im Westen auch nichts. Da haben sich beidseitig konfrontative Muster durchgesetzt - und das lag am wenigsten an Europa. Europa fungiert hier als Stellvertreter für amerikanische Interessen. Gleichzeitig bin ich froh, dass die USA mit ihrem funktionierendem Militär für uns da ist. Aber es hätte nicht so weit kommen dürfen, dass es nötig ist.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Es wird aber zum Problem, wenn Putin auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker pocht und damit nur die ethnischen Russen meint, als deren Retter er sich aufführt.
Dass Putin die Russen an den Platz stellt, an denen die USA die Weißen sieht, sehe ich auch. Allerdings bin ich überfragt, ob es so etwas wie Selbstbestimmungsbestrebungen INNERHALB des russischen Staatsgebiets gibt.

Man sollte im aktuellen Fall nicht übersehen, dass die russische Krim von einem ukrainischen Donbas-Präsidenten (Chrustschow) völlig ohne Not an die Ukrainer verschenkt wurde (da wollte er sich bei seinen Landsleuten wahrscheinlich unsterblich machen), was in Sowjetunion-Zeiten relaitv egal war. Das ändert nichts daran, dass die Krim nach wie vor weit mehrheitlich russisch ist, was auch für den Donbas gilt. Übertragen gesprochen ist dies vergleichbar mit Südtirol und Italien. Südtirol wurde völkerrechtlich Italien zugeschlagen, aber die Südtiroler waren keine Italiener. Hier haben die Ukrainer schwer wiegende Fehler gemacht, indem sie eine "Südtirolisierung" von Krim und Donbas nicht zugelassen, geschweige denn gefördert haben. Dies ging soweit, dass sogar in rein russischsprachigen Gebieten ukrainisch als einzige Sprache eingeführt werden sollte. Man kann zu diesem Konflikt stehen, wie man will. Aber man soll sich bewusst sein, dass hier beide Seiten genug Dreck am Stecken haben, um nicht auf den anderen deuten zu dürfen.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Hätte man es ihnen aktiv versagen sollen, sich anzuschließen?
NIEMAND kann entscheiden, wem er sich anschließt. Man kann seine Wünsche äußern, was wichtig ist. Aber entschieden wird bei denen, die Neue aufnehmen oder eben nicht aufnehmen. Hätte man ethnisch und historisch entschieden, hätte Europa auf jeden Fall die Baltenstaaten aufnehmen müssen. Von Belarus und der Ukraine hätte man die Finger lassen sollen und dies auch signalisieren müssen. Nicht dass es diese Länder nicht verdient hätten oder etwas falsch gemacht hätten, sondern aus übergeordnetem Interesse des Westens. Und da tickt der europäische Westen halt anders als die USA. Und somit haben wir wieder einen Eisernen Vorhang - Glückwunsch an alle, die ihn wollten.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Die Ukraine wurde denuklearisiert. Sie haben ihre Atomwaffen an Russland übergeben. Dafür hat Russland 1994 die Souveränität der Ukraine garantiert, als Schutzmacht. Jetzt greift die Schutzmacht an. Solche Vertragsbrüche scheinen Dich eher weniger zu kümmern ...
Doch, natürlich. Trotzdem lohnt es sich hier, ins russische Denken einzusteigen, demnach sie von einer nicht verwestlichten Ukraine ausgingen. Da kann man natürlich sagen "Selber schuld, wenn Ihr davon ausgeht", aber dann sagt Russland "Wenn Ihr uns schon verarscht, können wir auch Verträge brechen". Ich vermute, dass Geschichtsschreiber in 100 Jahren sagen werden, dass die Abwendung Russlands vom Westen und dafür die Annäherung an Indien und China die amerikanische Übermachtszeit verkürzt haben.
Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Und noch mehr Nachsicht, noch mehr guter Wille, noch mehr Vertrauen hätten besser funktioniert?
Vor dieser Frage standen auch die Russen: Wie oft sollen wir uns noch vertrösten lassen, was die Einlösung von Absichtserklärungen angeht? - Funktioniert hätte ein Ausbau gegenseitiger Interessen - diesbezüglich hat Deutschland eine gute Politik gemacht (und hat dafür vom Westen viel Prügel einstecken müssen).
Zuletzt geändert von Hiob am Fr 5. Jan 2024, 00:15, insgesamt 2-mal geändert.
Hiob
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Do 4. Jan 2024, 23:03 Der Wandel durch Anbiederung wurde eindeutig widerlegt und es ist mehr als plausibel, dass wir in einer besseren Lage wären, wenn wir nicht so lange auf diesem Gleis gefahren wären.
Richtig wäre "Wandel durch Handel" gewesen, was ja der deutsche Kurs war. Wäre dies ein einvernehmliches gesamtwestliches NArrativ gewesen, müsste man heute nicht soviel in Rüstung investieren und auf Wohlstand verzichten. Das Ding ist noch nicht rum. - Meinst Du ernsthaft, dass Russland in Polen oder sonstwo eingerückt wäre, wenn Nordstream 2 gelaufen wäre und der Handel floriert hätte? Ich kann es nicht komplett ausschließen, aber als masochistisch sind mir die Russen eigentlich nicht bekannt.

Wie auch immer. Es wird hier Historikerstreite geben und jeder wird je nach perspektive "nachweisen" können, dass er recht hat. Aber an der Wirklichkeit, wie sie heute ist, ändert das nichts. Hier wurde eine große historische Chance vertan. NB: Vielleicht eskaliert ja die Klimakrise - dann hat vielleicht keiner mehr die Energie für Kriege.

Und um einmal auf das Thema dieses Threads zu kommen: Es dürfte einem intellektuell redlichen Journalisten nicht passieren, bei russischen Soldaten von "Bestien" oä zu sprechen und bei ukrainischen Soldaten von sympathischen Landesverteidigern. Die betroffenen Leute sind beidseits gleich sympathisch oder unsympathisch - halt je nach Einzelfall. Das sind Leute, die zum Teil aus den selben Familien kommen und auf unterschiedlichen Seiten kämpfen (müssen).
Claymore
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Fr 5. Jan 2024, 00:04 Unter "Kolonie" versteht man eigentlich Besitzungen, die nicht mit dem Kernland verbunden sind. Als Karl der Große die Sachsen besiegt hat, war Sachsen für ihn keine Kolonie, sondern Teil seines Reiches. Sind für Dich New Mexiko und Texas kolonisierte Länder der USA? Was ist der Unterschied zwischen Tartaren und Sibiren im Osten und Spaniern im Süden? Einverleibt ist einverleibt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Russische_Kolonisation

Einverleibt = gleiche Rechte - mal in diese Richtung denken!

I. Ü. handelt es sich hier um einen anderen Kontinent.
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