Wann ist Bibelkritik?

Maryam
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Maryam »

Widersprüche in der Bibel gibt es unbestritten. So auch gewollte oder versehentlich erfolgte Fehlwiedergaben des einstigen Wortes. Zudem kommt es auch stark darauf an, mit welcher Bibelübersetzung man sich eingehend beschäftigt.

Denn wer meint die Hoffnung für alle sei DIE vom Hl Geist inspirierte Bibel wird mit solchen Bibellesern, welche beispielsweise die Lutherbibel als solche glauben in diversen Bibelzitaten keinen gemeinsmen Nenner finden, sondern sich gegenseitig vorwerfen, falscher Glaubensüberzeugung zu unterliegen.

Lg Maryam

Wenn ich Kritik an Fehlübersetzungen, wie beim Wort "metanoia" übe, oder dann nicht wiklich DIE Bibel sondern den Bibelfälscher, der mitunter vom Teufel inspiriert wurde Unkraut in den kost- und fruchtbaren Weizen zu säen.
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PeB
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von PeB »

Maryam hat geschrieben: Di 29. Sep 2020, 21:57 Widersprüche in der Bibel gibt es unbestritten.
"Unbestritten" ist falsch, denn ich bestreite das. :)
Maryam hat geschrieben: Di 29. Sep 2020, 21:57 So auch gewollte oder versehentlich erfolgte Fehlwiedergaben des einstigen Wortes.
Weil Gott uns in die Irre führen will?
Maryam hat geschrieben: Di 29. Sep 2020, 21:57 Zudem kommt es auch stark darauf an, mit welcher Bibelübersetzung man sich eingehend beschäftigt.
Das stimmt. Deshalb sollte man sich nie nur mit einer Übersetzung zufrieden geben.
Maryam hat geschrieben: Di 29. Sep 2020, 21:57 Wenn ich Kritik an Fehlübersetzungen, wie beim Wort "metanoia" übe, oder dann nicht wiklich DIE Bibel sondern den Bibelfälscher, der mitunter vom Teufel inspiriert wurde Unkraut in den kost- und fruchtbaren Weizen zu säen.
Damit nennst du den Teufel als Verfasser des Wortes Gottes?
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Hiob
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

PeB hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 10:41 Weil Gott uns in die Irre führen will?
Nee - sondern weil das Bibellesen nicht im göttlichen Raum stattfindet. - Hugo von Hoffmannsthal hat mal sinngemäß gesagt, dass ein Sinn, der da sei, in Worte gefasst werde und in dem Moment verfaule, in dem er den Mund verlässt. - Das ist auch bei der Bibel so.

Wir haben einen göttlichen Sinn, der in inspirierte Worte gefasst ist - aber sobald er in die Griffel des Menschen kommt, ist dieser Sinn in diesen Worten verunreinigt - zwangshalber. Auch hier wieder: Wir sind im "Fürstentum der Welt" - in aller Konsequenz.

Hätte Gott die Bibel glasklar formulieren lassen wollen, so dass JEDER versteht (meinetwegen: der will), hätte es Gott getan. - Er hat es aber nicht getan, weil - wie ich glaube - ihm der heilsgeschichtliche Entwicklungsprozess der Menschheit und des einzelnen Menschen wichtiger ist: Der Mensch soll sich am Bibeltext reiben und dadurch wachsen. - Insofern beunruhigen mich Ungereimtheiten in der Bibel NICHT, solange die große Zielrichtung eingehalten wird.
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PeB
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von PeB »

Hiob hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 11:50
PeB hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 10:41 Weil Gott uns in die Irre führen will?
Nee - sondern weil das Bibellesen nicht im göttlichen Raum stattfindet.
Vom Lesen war aber hier nicht die Rede, sondern vom Schreiben. Es ging um die Behauptung, in der Bibel seien falsche Dinge niedergeschrieben.
Hiob hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 11:50 Hätte Gott die Bibel glasklar formulieren lassen wollen, so dass JEDER versteht (meinetwegen: der will), hätte es Gott getan. - Er hat es aber nicht getan, weil - wie ich glaube - ihm der heilsgeschichtliche Entwicklungsprozess der Menschheit und des einzelnen Menschen wichtiger ist: Der Mensch soll sich am Bibeltext reiben und dadurch wachsen.
Darin stimme ich dir sogar zu. Gott hat auslegbare Worte in der Bibel zugelassen, damit wir aktiv damit arbeiten sollen; jedoch keine falschen, die uns in Verführung bringen.
Hiob hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 11:50 Insofern beunruhigen mich Ungereimtheiten in der Bibel NICHT, solange die große Zielrichtung eingehalten wird.
Ich gehe den Schritt weiter und behaupte, dass biblische ungereimtheiten auflösbar sind.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

PeB hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 12:19 Vom Lesen war aber hier nicht die Rede, sondern vom Schreiben. Es ging um die Behauptung, in der Bibel seien falsche Dinge niedergeschrieben.
Das kann man nicht trennen. - Denn wir sprechen zwangsläufig nie vom Geschriebenen, sondern vom Verstandenen des Geschriebenen. - Die - Achtung: gelehrt :D - Horizontverschmelzung von Objekt (Geschriebenes) und Subjekt (der Leser/Hörer) ist NIE vermeidbar.
PeB hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 12:19 Ich gehe den Schritt weiter und behaupte, dass biblische ungereimtheiten auflösbar sind.
Ja - da stimme ich Dir zu. - Mir steckt hier ein nachhaltiges Erlebnis in den Knochen, nämlich als ich das AT in der Buber-Übersetzung gelesen habe. Danach waren 9 von 10 Fragen, an denen ich vorher geknappert hatte, wie weggewischt.

Es wäre ein wirklich GROSSES Thema, sich die Interaktion zwischen
1) Geschriebenem,
2) Denkweise der Zeit, in der es geschrieben wurde und
3) Leseweise einer Zeit vorzunehmen und - nicht zu vergessen -
4) Textkritik (im wissenschaftlichen Sinne), was Tradierung und vieles mehr umfasst,
durchzugehen.

Ist man da durch, wird man nachsichtiger und bleibt nicht an einzelnen Stellen hängen - und: Es erweitert das Bewusstsein ungemein.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von PeB »

Hiob hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 12:39 Horizontverschmelzung von Objekt (Geschriebenes) und Subjekt (der Leser/Hörer) ist NIE vermeidbar.
Mag sein. Aber wenn trotz Horizontverschmelzung am Ende NICHTS FALSCHES bei rauskommt, nennt man das eben "vom Heiligen Geist inspiriert". ;)
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

PeB hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 14:34 Aber wenn trotz Horizontverschmelzung am Ende NICHTS FALSCHES bei rauskommt, nennt man das eben "vom Heiligen Geist inspiriert".
So ist es. - Aber wer kann das beurteilen außer dem HG? - Doch nicht die, die selber in einer Horizontverschmelzung hängen. - Mit anderen Worten: Die Kraft des HG selber ist wahr, aber nicht deren Aufnahme im Menschen - da gibt es immer Abzüge.

Da fällt mir auf: Gott ist das einzige Wesen, in dem diese Horizont verschmelzung nicht möglich und nötig ist, weil in ihm Subjekt und Objekt identisch sind. - In ihm ist Wahrnehmung dasselbe wie Sein. - Es ist der "Sündenfall", dass es bei uns NICHT dasselbe ist.
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von PeB »

Hiob hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 15:26
PeB hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 14:34 Aber wenn trotz Horizontverschmelzung am Ende NICHTS FALSCHES bei rauskommt, nennt man das eben "vom Heiligen Geist inspiriert".
So ist es. - Aber wer kann das beurteilen außer dem HG?
Das reicht doch!
Denn der Heilige Geist "erinnert und lehrt" dich doch im richtigen Verständnis. Ich halte das aber - im Umgang mit der Bibel - für einen weitgehend intuitiven Vorgang. Es manifestiert sich durch den Heiligen Geist zunächst ein intuitives Verständnis. Dies kann wiederum intellektuell ausgearbeitet werden. Richtig! - dann wieder mit "Horizontverschmelzung", jedoch vor dem Hintergrund eines besseren intuitiven Verständnisses.
Die Arbeitsaufteilung zwischen Heiligem Geist und Mensch beim Umgang mit dem Wort Gottes ist daher ein dialektischer Prozess der Annäherung an die Wahrheit.
Deshalb muss man sich auch wieder und wieder mit dem Bibelwort beschäftigen.
Hiob hat geschrieben: Mi 30. Sep 2020, 15:26 Da fällt mir auf: Gott ist das einzige Wesen, in dem diese Horizont verschmelzung nicht möglich und nötig ist
Das nennt man dann "Wahrheit". :)
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

PeB hat geschrieben: Do 1. Okt 2020, 09:17 Die Arbeitsaufteilung zwischen Heiligem Geist und Mensch beim Umgang mit dem Wort Gottes ist daher ein dialektischer Prozess der Annäherung an die Wahrheit.
Deshalb muss man sich auch wieder und wieder mit dem Bibelwort beschäftigen.
Da stimme ich Dir vollkommen zu. - Womit ich hadere, ist folgendes: Es gibt wirklich sehr viele Denominationen, die in wichtigen Dingen die Bibel unterschiedlich auslegen. - Woher kommt das?

Nun könnte man anführen, dass "ich" die Bibel richtig verstehe, aber nicht "Du". - Aber "Du" sagt dasselbe umgekehrt. ---- Oder man sagt, dass "ich" vom HG inspiriert sei, aber "Du" nicht. - Aber "Du" sagt dasselbe umgekehrt.

Die einzige Lösung, die ich sehe, ist folgende: Jeder Mensch versucht die Bibel im Rahmen seiner Möglichkeiten zu verstehen - umgekehrt: Es kann in diesen verschiedensten Denominationen jeweils wahrhaft fromme (im besten Sinne des Wortes) Menschen geben, die halt auf verschiedene Weise irren, wenn sie in die Bibel-Auslegung gehen - oder auch mal NICHT irren.

Insofern bleibt aus meiner Sicht letztlich als Relevantes die Pastorale ("Wie gehe ich tatsächlich mit dem Nächsten um?") und die Mystik ("Wie lebe ich das innere, sprachfreie Spüren des HG?") übrig. - Alles andere ist Schall und Rauch. ---- Warum rede ich dann so viel? Weil ich letztlich genau das sagen will - und erklären kann, was natürlich wieder vieler Worte bedarf. ;)
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Helmuth
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Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Helmuth »

Hiob hat geschrieben: Do 1. Okt 2020, 15:49 Nun könnte man anführen, dass "ich" die Bibel richtig verstehe, aber nicht "Du". - Aber "Du" sagt dasselbe umgekehrt. ---- Oder man sagt, dass "ich" vom HG inspiriert sei, aber "Du" nicht. - Aber "Du" sagt dasselbe umgekehrt.
Das ist ein Dilemma, dass die Theologe geschaffen hat. Im anderen Thread behandle ich das gerade. Jeder pachtet den HG für sich und nutzt ihn als Steigbügelalter. Dabei machen beide dasslebe. Auf Basis des Wortes, das der HG gegeben hat, macht jeder seine individuelle Auslegung. Dazu kommt ins Spiel wie man theologisch erzogen wurde. Katholiken prduzieren Katholiken, Evangelische Evangelische und ZJ produzieren ZJ.

Ich stand schon recht rasch mit der gängigen Theologie auf Kriegsfuß, fast egal um welches Thema es geht. Keiner versteht wirklich was Wesen und Wirkung des HG ist, aber jeder spult seine Dogmen herunter, gerade: "Alle Schrift ist inspiriert".

Würde man sich von der Theologie emanzipieren und auf ehrliche Wahrheitssuche gehen, stellt man fest wie vieles in der Bibel gar nicht so steht wie uns die Theologen lehren. Aber wehe es tastet das einer an. Dann wird der Hammer geschwungen. Im Mittelalter verbrannte man dafür sogar Menschen.

Was in jeder anderen Disziplin legitim erlaubt ist, nämilch ein kritisches Hinterfragen, um seine Erkenntnis zu erweitern, damit ein Sachverhalt auch fixiert werden kann, denn es geht ja nicht nur um die Negierung bzw. Widerlegung, was hier schon erläutert wurde, das erlaubt man in der Theologie nicht.

Was der Obertheologe in seiner Lehrautorität sagt das gilt und was liegt das pickt. Es erinnert an die Könige der Babylonier und Perser. Selbst eine Fehleintscheidung, die man als solche erkannt hatte, es wurde nichts zurückgenommen.

Das ist und war also nicht nur eine klerikale Sache, es ist eine menschliche Schwäche aller Herrscher unabhängig ob klerikal oder säkular. Schon Ludwig XIV machte diesen Ausspruch: "Der Staat bin ich." Arroganter geht es nicht.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
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