Christentum heute

Rund um Bibel und Glaube
Spice
Beiträge: 12022
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Christentum heute

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Di 3. Nov 2020, 12:25
Spice hat geschrieben: Di 3. Nov 2020, 11:07 Ideologie ist Gerede, zu dem Zustimmung verlangt wird.
Aus dieser "Definition" wird ersichtlich, dass es "Gerede", also im Grunde nichts Ernstzunehmendes, sein muss, damit es "Ideologie" sein kann - richtig?
Richtig. Es ist Gerede über etwas, das man nicht versteht und für das man trotzdem Zustimmung verlangt. Ja, man nennt das sogar "Glauben". Als wäre Glauben eine windige Sache.
Hiob
Beiträge: 7477
Registriert: Di 1. Jan 2019, 00:21

Re: Christentum heute

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Di 3. Nov 2020, 16:17 Es ist Gerede über etwas, das man nicht versteht und für das man trotzdem Zustimmung verlangt.
Es ist unüblich, dafür das Wort "Ideologie" zu verwenden.

Davon abgesehen gibt es wirklich sehr viele Menschen, die geistlich aus sich raus verstehen, was mit dem Christentum gemeint ist - auch wenn man nicht viel an Text dazu versteht. - Wenn eine alte Frau (nur als Beispiel) vom "Herrgott" spricht, dann mag es stammelnd rüberkommen: Aber die innere geistliche Bindung an das Höchste ist in ihr präsent.
Spice
Beiträge: 12022
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Christentum heute

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Di 3. Nov 2020, 16:57
Spice hat geschrieben: Di 3. Nov 2020, 16:17 Es ist Gerede über etwas, das man nicht versteht und für das man trotzdem Zustimmung verlangt.
Es ist unüblich, dafür das Wort "Ideologie" zu verwenden.

Davon abgesehen gibt es wirklich sehr viele Menschen, die geistlich aus sich raus verstehen, was mit dem Christentum gemeint ist - auch wenn man nicht viel an Text dazu versteht. - Wenn eine alte Frau (nur als Beispiel) vom "Herrgott" spricht, dann mag es stammelnd rüberkommen: Aber die innere geistliche Bindung an das Höchste ist in ihr präsent.
Zum letzten Beispiel: Das hat man in allen Religionen, die Trost spenden. Wenn eine einfache Frau vor Shiva sich verbeugt, ist das genauso wirksam.
Mir geht es darum, ob diejenigen, die das Christentum verkündigen überhaupt erst ein einmal selbst den Glauben praktizieren, d.h. Übung darin haben "ihren inneren Schweinehund" zu überwinden, oder ob sie einfach nur Angelerntes, Anstudiertes weitergeben. Letzteres ist reine Ideologie und damit Verführung.
Hiob
Beiträge: 7477
Registriert: Di 1. Jan 2019, 00:21

Re: Christentum heute

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Mi 4. Nov 2020, 08:53 Mir geht es darum, ob diejenigen, die das Christentum verkündigen überhaupt erst ein einmal selbst den Glauben praktizieren, d.h. Übung darin haben "ihren inneren Schweinehund" zu überwinden, oder ob sie einfach nur Angelerntes, Anstudiertes weitergeben. Letzteres ist reine Ideologie und damit Verführung.
Oder Lobbyismus - das erscheint mir der zutreffendere Ausdruck zu sein.

Ja - das gibt es. Und es ist in der Tat so, dass gerade die liberale Theologie Gott oft nur noch als Chiffre hat, an der man rein humanistische Dinge anhängt. - Nun gehören humanistische Dinge natürlich zum Christentum - aber sie sind Folge und nicht Ursprung. - Und: Das ist pastoral sogar ok, aber nicht fundamental.

Insofern würde ich Dir teilweise durchaus zustimmen. - Andererseits gibt es gerade im KAtholizismus sehr viele wirklich fromme Menschen ("fromm" soll hier positiv gemeint sein), die im Herzen ganz "nah dran sind" - das gibt es auch bei Protestanten, aber dieses Feld ist extrem zerrissen. - Auch Evangelikale sind von Natur aus sehr authentisch, einfach deshalb weil man sich in der Regel sehr bewusst für eine dieser Gruppierungen entscheidet. Das gilt für andere Klein-Gruppen genauso. - Wem man dann inhaltlich folgen kann, ist eine ganz andere Frage.

Natürlich gilt AUCH: Je größer eine Gruppierung, desto mehr Mitläufer gibt es - das gilt wohl bei den Katholiken am meisten. - Denn bei den Protestanten gibt es das deshalb weniger, weil Protestantismus so weit definiert ist, dass das, was woanders als "Mitläufer" läuft, hier ins normale Spektrum gehört. - Das, was bei den Katholiken als säkularisierter Katholik ("Der ist halt noch nicht ausgetreten") gilt, ist bei den evangelischen Kirchen eher die Normalität, weil man dort selber zu erheblichen Teilen derart säkularisiert ist, dass es einfach gar nicht mehr auffällt.

"IDeologie" ist irgendwie das falsche Wort. - Die Groß-Kirchen haben heute eher die Funktion einer Klammer, mit der sozusagen das Schlimmste verhindert werden kann. - Da ist ein christlicher Background, der dann doch so weit einwirkt, dass Fragen wie Abtreibung, Familie, Homosexualität, Lebenssinn, etc. aus geistlicher Sicht thematisiert werden können, was in sich bereits eine Wirkung auf die Gesellschaft hat.

MEIN Thema wäre eigentlich eher "Wo ertönt im Namen Jesu die Stimme des Satans?" - das erscheint mir weit aktueller als Ideologie-Diskussionen. - Aber natürlich ist auch Dein Anliegen berechtigt.
Spice
Beiträge: 12022
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Christentum heute

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Mi 4. Nov 2020, 09:11
Spice hat geschrieben: Mi 4. Nov 2020, 08:53 Mir geht es darum, ob diejenigen, die das Christentum verkündigen überhaupt erst ein einmal selbst den Glauben praktizieren, d.h. Übung darin haben "ihren inneren Schweinehund" zu überwinden, oder ob sie einfach nur Angelerntes, Anstudiertes weitergeben. Letzteres ist reine Ideologie und damit Verführung.
"IDeologie" ist irgendwie das falsche Wort.
Nein. Finde ich überhaupt nicht.
Ich will es Dir einmal an Hand der Zeugen Jehovas verdeutlichen. Da wird die Bibel gelesen und eine bestimmte Doktrin für verbindlich erklärt, der dann alle Zeugen gehorsam sind.
In dieser Doktrin geht es nicht darum, dass der Mensch jetzt erlöst wird, also die Wandlung des Menschen das zentrale Element ist, sondern nur um die Weitergabe der Doktrin.
Das ist reine Ideologie. Denn der Mensch bleibt im Kern unverändert. Ihm wird nur etwas draufgesetzt, aufgeschwatzt, was er tun soll.

Nicht viel anders bei denen, die die Bibel in den Mittelpunkt stellen. Im Islam macht man es mit dem Koran. Aber es ist bei beiden das gleiche Verfahren. Entweder nimmt man etwas wörtlich, was in den Büchern steht oder man macht sich eigene Ideen darüber. Aber es geht immer nur um die Verbreitung eines Dogmas oder man ist auch ein bisschen liberal. Aber wieder geht es nicht um das Eigentliche - die Umwandlung des Menschen (der Koran verlangt das ja nicht einmal).

Und da die Lehre des Evangeliums nicht von gewandelten Menschen (wie weit auch immer gewandelt) ausgeht, hat man kein wirkliches Verständnis der Bibeltexte bzw. des Evangeliums überhaupt, sondern nur Meinungen. Die man dann, wenn man nicht weiter weiß, mit "Gnade" und "Hl. Geist" verbrämt, damit die eigene Meinung mehr gilt, als die des anderen. Man kommt gar nicht auf die Idee, dass man, wenn es richtig läuft, gar Wahrheit erkennen könnte...

Das meine ich mit Ideologie. Egal ob konservativ oder liberal.
renato23
Beiträge: 1186
Registriert: Mo 18. Feb 2019, 13:05

Re: Christentum heute

Beitrag von renato23 »

Spice hat geschrieben: Mi 4. Nov 2020, 11:05
In dieser Doktrin geht es nicht darum, dass der Mensch jetzt erlöst wird, also die Wandlung des Menschen das zentrale Element ist, sondern nur um die Weitergabe der Doktrin.
Das ist reine Ideologie. Denn der Mensch bleibt im Kern unverändert. Ihm wird nur etwas draufgesetzt, aufgeschwatzt, was er tun soll.

Nicht viel anders bei denen, die die Bibel in den Mittelpunkt stellen. Im Islam macht man es mit dem Koran. Aber es ist bei beiden das gleiche Verfahren. Entweder nimmt man etwas wörtlich, was in den Büchern steht oder man macht sich eigene Ideen darüber. Aber es geht immer nur um die Verbreitung eines Dogmas oder man ist auch ein bisschen liberal. Aber wieder geht es nicht um das Eigentliche - die Umwandlung des Menschen (der Koran verlangt das ja nicht einmal).

Und da die Lehre des Evangeliums nicht von gewandelten Menschen (wie weit auch immer gewandelt) ausgeht, hat man kein wirkliches Verständnis der Bibeltexte bzw. des Evangeliums überhaupt, sondern nur Meinungen. Die man dann, wenn man nicht weiter weiß, mit "Gnade" und "Hl. Geist" verbrämt, damit die eigene Meinung mehr gilt, als die des anderen. Man kommt gar nicht auf die Idee, dass man, wenn es richtig läuft, gar Wahrheit erkennen könnte...

Das meine ich mit Ideologie. Egal ob konservativ oder liberal.
Hallo Spice :thumbup:
Sehr weisheitsvolle, klare Worte wo es bei vielen Gläubigen gleich welcher Denomination hapert.

Denn es zieht sich wie ein roter Faden durch die christliche Bibel dem NT, also den Evangelien und die nachfolgenden Briefe, dass Jesus, der Christus Gottes gekommen ist um eine allfällig innere Wandlung zu lehren, im Hinblick auf das damals Nahende Reich Gottes, wo die LIebe/Nächstenliebe an erster Stelle steht.

Ohne innere Wandlung keine ERRETTUNG aus den Fänger der Macht der Finsternis, keine ERLÖaSUNG vom sogenannten Einfluss des Fürsten dieser Welt = vom Bösen.

Das Gutheissen der Hinrichtung eines Unschuldigem, mehr noch von jemandem der dem Volk zu wahrem Leben in Gott, Befreiung aus ihnen aufgebürdeter Sündenknechtschaft verhelfen wollte, bewirkte offenbar bei deren Befürwortern ein immerwährendes Hemmnis, für Bereitschaft künftig nurmeh rgottgefällig zu Handeln beginnen.

Gesehnet Grüsse renato23.
Anthros
Beiträge: 3535
Registriert: Do 2. Jul 2020, 09:25

Re: Christentum heute

Beitrag von Anthros »

renato23 hat geschrieben: Mi 4. Nov 2020, 12:36 dass Jesus, der Christus Gottes gekommen ist
Jesus ist nicht der Christus.
Benutzeravatar
PeB
Beiträge: 6270
Registriert: Do 15. Mär 2018, 19:32

Re: Christentum heute

Beitrag von PeB »

Spice hat geschrieben: Mo 2. Nov 2020, 16:03 Ist die Erscheinungsform des heutigen Christentums in der Hauptsache nur noch Ideologie?
In weiten Teilen: na klar!
We were talking about the love that's gone so cold
And the people who gain the world and lose their soul
(The Beatles, 1967)
Benutzeravatar
PeB
Beiträge: 6270
Registriert: Do 15. Mär 2018, 19:32

Re: Christentum heute

Beitrag von PeB »

Anthros hat geschrieben: Mi 4. Nov 2020, 14:01
renato23 hat geschrieben: Mi 4. Nov 2020, 12:36 dass Jesus, der Christus Gottes gekommen ist
Jesus ist nicht der Christus.
Aber ich weiß jetzt, wer du bist.
We were talking about the love that's gone so cold
And the people who gain the world and lose their soul
(The Beatles, 1967)
Anthros
Beiträge: 3535
Registriert: Do 2. Jul 2020, 09:25

Marioklette

Beitrag von Anthros »

Spice hat geschrieben: Mi 4. Nov 2020, 11:05 Entweder nimmt man etwas wörtlich, was in den Büchern steht oder man macht sich eigene Ideen darüber.
Die einen sind wie Marionetten, die anderen versuchen zwar, sich zu einer eigenen Meinung emporzuringen, doch ihre Basis ist entweder der Materialismus oder sind Fantastereien.
Alle drei Varianten haben etwas an sich, das sie ankletten lässt.
Antworten