Reinhold hat geschrieben: ↑Sa 3. Apr 2021, 19:05
Verstehe-dann ist der holde Hiob offensichtlich noch näher an der Quelle des Unheils-zensiert?
Verstehe ich nicht. - Wie auch immer - es geht BEIDES gleichzeitig:
1) Verurteilung von Missbrauch.
2) Faire Beurteilung dessen, was seitens der Kirche passiert ist.
Was für mich viel interessanter wäre: Gibt es auffällige Unterschiede in der Häufigkeit von Missbrauch durch Geistliche und in Familien? Die Zahlen, die ich kenne, sind hier widersprüchlich. - Im Netz habe ich mal für den säkularen familiären Bereich 300.000 Fälle pro Jahr gelesen - aber auch 15.000 pro Jahr, die polizeilich bekannt sind. - Bei Geistlichen (aller Kirchen) scheinen es seit 1945 ca. 2.000 Fälle in summum zu sein - bei durchschnittlich 40.000 Priester pro Jahr.
Wenn man nun Missbrauchsfälle pro Anzahl der Tätergruppe errechnet, wären dies.
300.000 : 30.000.000 (tatfähiger Bevölkerungsanteil) = 100 - oder:
15.000 : 30.000.000 =5
2.000 : 40.000 = 500
Das hieße: Der Anteil bei Geistlichen wäre mindestens das 5 Fache, vielleicht sogar das 100Fache - was natürlich auffällig wäre.
Nun sind aber mit 15.000 bzw. 300.000 pa Täterfälle gemeint, nicht Missbrauchsfälle - im Klartext: es gibt zwischen 15.000 - 300.000.000 Täter im familiären Bereich pa, während die Rechnung bei Geistlichen meines Wissens Missbrauchsfälle und nicht Täter beschreibt - wir wären also, wenn wir pro Täter 5 Fälle unterstellten, nicht bei 2.000, sondern bei 400 Tätern seit 1945:
400 : 40.000 = 100
Das hieße: Der Anteil bei Geistlichen wäre mindestens das Selbe bis zum 20Fachen - was immer noch auffällig wäre.
Dazu käme noch die Dunkelziffer dazu, die mal normalerweise mit Faktor 10 bis 20 annimmt. Der Punkt hier: Die kirchlichen Fälle wurden traditionell untersucht, weil JEDE Art von Sexualität ein Verstoß gegen den Zölibat war (also vollkommen unabhängig von Opfern) - mit anderen Worten: Hier wird die Dunkelziffer sicherlich um Faktor x niedriger sein als bei säkularen Fällen, zumal zusätzlich die seit 10 Jahren laufende Kampagne ja so ziemlich alles auf den Kopf gestellt hat - und sich nach 2010 die meisten (zu Recht oder zu unrecht) Betroffenen gemeldet haben, die auf Missbräuche bis zurück in die 50er Jahre hinweisen.
Man stelle sich nun vor, dass dadurch eine Verzerrung von Faktor 10 zustande käme - dann wäre eine Beispielsrechnung:
300.000 x 20 : 30.000.000 (tatfähiger Bevölkerungsanteil) = 2000 - oder:
15.000 x 20 : 30.000.000 = 1000
2.000 : 5 x 10 : 40.000 = 1000
Das hieße: Der Anteil bei Geistlichen wäre das Selbe bis zum 0,5 Fachen - was im Grunde hieße: In etwa dasselbe.
Dazu kriegt man keine Zahlen (oder habt Ihr welche)? - Und zwar nicht, weil es nicht genug Statistiken dazu gäbe, sondern weil jeder vorher festlegt (jetzt wären wir wieder beim Zauberwort: hermeneutische Vorannahme - allerdings im bösen Wort Sinn), wie er es haben will. Natürlich verkauft man all das als "wissenschaftlich" - ist es ja auch, aber es sagt halt nichts aus.
Timmi hat geschrieben: ↑Sa 3. Apr 2021, 18:21
....
Schau Dir doch mal obige Rechnung an.
Timmi hat geschrieben: ↑Sa 3. Apr 2021, 18:21
Die Dekonstruktion der katholischen Kirche ist doch in vollem Gange. Schon seit langem. Die Machtkämpfe im Inneren sind doch ein deutliches Symptom dafür.
So ist es. - Botho Strauß hat neulich in der ZEIT sinngemäß geschrieben, dass nach 3 bis 4 Jahren Kultur-Vergessenheit diese Kultur nicht mehr restauriert werden kann, sondern quasi neu aufgebaut werden muss. Dazu gäbe es viele Beispiele in der Geschichte. --- Dies gilt auch für den katholischen Glauben.
Es geht los in den 60er Jahren als Protest gegen etwas, was man noch sehr gut verstanden hat - man war halt dagegen. In den 80/90er Jahren war der Katholizismus schon erheblich reduziert auf meistens ältere Leute - heute sind es fast nur noch Opa und Oma, die in dieser Tradition leben. In 10 Jahren wird ein Enkel nur noch die Uroma fragen können, also im Grunde keinen mehr. Dann ist das Ding erstmal geistlich (!) tot, selbst wenn noch meinetwegen 30% der deutschen Arbeitnehmer katholische Kirchensteuer zahlen werden, die aber weitestgehend einem "modernen" Katholizismus frönen, der stark säkularisiert, also weitgehend ent-geistlicht ist.
In diesem Sinne habe ich Ratzinger immer als Epigonen verstanden, der zwar heute immer weniger verstanden wird, aber in vielleicht 100 Jahren als letzter Kirchenlehrer gelesen werden wird, dem im Grunde die Rolle des geistlichen Nachlassverwalters zukommt. --- Ratzinger scheint dies ähnlich zu sehen, wenn er dafür plädiert, dass sich die Kirche aufs Maximum reduzieren solle (vielleicht 1 Mio Katholiken in D?), um aus diesem Samenkorn in den nächsten Generationen wieder durchzustarten.
Mit anderen Worten: Der RKK ist die Lage sehr wohl bewusst.