Maryam hat geschrieben: ↑Do 2. Mai 2019, 07:37
Was glaubst Du denn, was unter "Erbsünde gemeint sein soll, was Deiner Ansicht nach Sinn machen würde?
Dazu muss ich Dir aus verschiedenen Richtungen antworten, was sich dann als Ganzes zusammenfügt
1) Aus meiner Sicht aus dem Genesis-Text sehr gut ableitbar ist, dass "Adam" im perfekten Sinne nicht "Mann", sondern "Mensch" war - der Mensch war nicht getrennt in männlich und weiblich.
2) Vor seiner Vermännlichung war Adam jemand, der nie bewusst mit Gott kommunizierte - das tut er erst NACH dem "Fall".
3) Vor seiner Vermännlichung konnte Adam zwar checken, dass Giraffen nicht seinesgleichen waren - er gab ihnen Namen, wie Kleinkindern ihren Puppen Namen geben - , aber er konnte sie nicht "erkennen" (im Sinne von "jada").
4) Die Vermännlichung Adams ("Eva aus der Rippe" = "jetzt haben wir den Dualismus aus Mann und Frau") findet UNMITTELBAR vor dem "Fall" statt. - Umgekehrt: Als nicht-dualistisches Wesen, also "vor der Rippe", hätte Adam nicht im Dualismus zu Gott ungehorsam sein können - es gab diesen Dualismus nicht, da Adam vor Eva nicht im Dualismus zu Gott war, sondern "IN" Gott war (so wie der Mensch nach seiner Läuterung "IN" Gott sein wird - übrigens wieder als Geschlechtsloser!).
5) Der Hymnus am Anfang der Genesis und die epische Erzählung danach dürfen also nicht verwechselt werden - auch das wäre ein eigenes Thema.
6) Mit dem Essen vom Baum der Erkenntnis" ("jada") werden Adam und Eva erst entscheidungs-fähig - das davorige Essen vom Baum selbst ist ein rein reiner Trieb-Akt, wie der Text überdeutlich werden lässt.
7) Der "Entscheidungs-Fähigkeit" geht die Selbst-Orientierungs-Fähigkeit voraus: Ich kann nur für oder gegen Gott entscheiden, wenn ich mich als "ICH" erkenne bzw. wenn ich mein ICH als Orientierungsgröße erkennen, und zwar als zweite neben Gott (Siehe auch König von Tyrus/Hesekiel).
8. Mit anderen Worten: "Sünde" ist Folge der Fähigkeit des Menschen, bewusst eine eigene Orientierungs-Größe gegen Gott sein zu können.
9) "Erlösung" ist die Aufhebung des menschlichen Ich ins göttliche ich -also nicht das Wegwerfen der eigenen Orientierungs-Fähigkeit/des eigenen Willens, sondern Veredlung davon in Gott. - Das kann nur Gott in Jesus - und das ist tatsächlich der Kernpunkt, warum es Trinitarismus gibt: Gott als Brückenbauer, der seinen Brückenkopf sowohl im Irdischen als auch im Jenseitigen hat.
10) Der Mensch wird also erst dann nicht mehr sündigen können (und vorher müssen), wenn er in einem Zustand ist, den die RKK als "Visio Beatifica" bezeichnet: Das seligmachende Schauen in Gott. - Vorher ist imer noch zu sehr "ICH" und zu sehr im "Reich des Fürsten".