CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Fr 2. Dez 2022, 15:21
Claymore hat geschrieben: ↑Fr 2. Dez 2022, 14:34
Also: Gruppen konkurrieren gegen andere Gruppen. Die Gruppe, die mehr kooperiert, ist angepasster und wird selektiert.
Das ist so vereinfacht ausgedrückt, dass ich nicht sicher bin, ob es durch das vage "angepasster" nicht zu vereinfacht ist, aber ich sag mal, von mir aus.
Ist es nicht hier deine Aufgabe, die ET so gut es geht zu verteidigen?
Ich halte mal fest: wie üblich kann man viele Erklärungen zur Entstehung von Kooperation / Altruismus liefern, aber hat keine Ahnung welche davon die richtige ist. Hauptsache sie ist dysteleologisch.
Weil das eigentlich immer so ist, erscheint mir persönlich die ET praktisch aussagelos und beliebig. Abgesehen vom alten "natura non facit saltus" macht sie fast keine bedeutenden falsifizierbaren Aussagen.
Mag sein, aber dann frage ich mich, ob nicht bereits das Formulieren einer nicht-materialistischen Weltanschauung letztendlich auch nur eine Reaktion auf das Nichtaushaltenkönnen einer ungeschönten materialistischen Weltanschauung ist.
Ja, der Verdacht besteht natürlich. Ein wirkliches Argument für Wahrheit oder Falschheit ist es jedoch in beiden Fällen nicht.
Von Dawkins-Jüngern in ihrem oberflächlichen Optimismus muss man sich halt nur anhören, dass jede Assoziation von Materialismus und nihilistischen Tendenzen nur dumm ist. Und das müssen sie glauben, da sie absolut nichts gutes an Religion sehen wollen.
Davon ging ich auch nicht aus.
Ein materialistisches Weltbild, das auf einer modernen Materievorstellung basiert, impliziert ein mechanistisches Weltbild.
Darin wird die Realität qualitativer Eigenschaften (z. B. sinnliche Qualitäten wie Geschmack, Farbe, etc. aber auch Zweck) abgelehnt. Man sieht diese "problematischen" nicht-messbaren Aspekte der Realität, wie wir sie erleben, als bloße Projektionen des Bewusstseins auf die Welt an. Mit dem Gedanken beginnt die wissenschaftliche Revolution, siehe Galileo's "Prüfer mit der Goldwaage".
Dieser "nur eine Projektion des Bewusstseins"-Ansatz ist wie der kleine Teppich unter den man den ganzen Dreck kehrt.
Materialisten sehen allerdings auch im Bewusstsein nur ein weiteres Phänomen, das sich früher oder später ebenso mechanistisch-materialistisch "erklären" lassen wird.
Das wird so gut funktionieren wie: "Den Dreck unter dem Teppich... kehren wir unter den Teppich".
Es braucht eben diese Erkenntnis, dass das Geist-Körper-Problem nicht einfach aus mangelndem Wissen resultiert, sondern sich zwingend aus der naturwissenschaftlichen Methode ergeben
muss. Die schwere Vorarbeit braucht es, um in eine Position zu kommen, wo z. B. Aquin's teleologisches oder Aristoteles' kosmologisches Argument einen Sinn ergeben.
Passiert heutzutage nur selten. Dominiert wird die moderne Debatte von "Intelligent Design"-Vertretern, die mit schmierigen Taktiken einfältige und widersprüchliche Zerrbilder der klassischen Argumente kolportieren. Ich finde das mechanistische Weltbild zwar auch unglaublich, aber bloßes Staunen und Unverständnis war doch noch nie ein Argument.
Die atheistischen Aktivisten wiederum ziehen auf unterstem Klamauk-Niveau die großen Denker in den Dreck, die sie ahnungslos und anachronistisch interpretieren.
Mit dem langen Vorgeplänkel nochmal dazu:
CoolLesterSmooth hat geschrieben: ↑Fr 2. Dez 2022, 13:26
Da würde ich nicht vollkommen widersprechen, ich finde es macht aber schon einen Unterschied ob man sagt, 'ich gehe davon aus, dass wir in einer materialistischen Welt leben und daher müssen auch die Erklärungen für diese Welt in dieses Schema passen und dementsprechend konzipiert werden' oder ob ich sage, 'ich gehe davon aus, dass wir in einer materialistischen Welt leben und versuche daher zunächst einmal Erklärungsversuche zu formulieren, die keine Verletzung dieser Prämisse voraussetzen, ich bin allerdings darüber bewusst dass alle Aussagen ab einem bestimmten Punkt komplett guesswork und unüberprüfbar sind.'
Ja, das stimmt. Es ist einleuchtend, dass es, zumindest post-Darwin, irrational erscheinen muss, einer mechanistisch-materiellen konzipierten Welt als
erste (und auch zweite, dritte) Erklärung eine geistige Ursache zu unterstellen.