Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

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closs
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von closs »

Halman hat geschrieben:Sind die Muslime deutlich in der Minderheit, entspricht ihre Situation der mekkanischen Phase und sie passen sich an, sind sie hingegen in der Mehrheit, entspricht dies der medinensischen Phase und dann setzen sie die Scharia durch (s. die Geschichte des Libanon in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts).
Vielleicht ist es so - vielleicht nicht. - Wäre so, würde ich medinesische Moslems mit Christen vergleichen, die die AT-Gesetzgebung durchsetzen wollen. - Hinzu kommt, dass "die Scharia" eine ganz normale Gesetzgebung ist, die wenig mit dem zu tun hat, was in den Medien als "Scharia" verkauft wird. - Anders gesagt: Im AT steht ja AUCH, dass Homosexuelle getötet werden müssen, etc.

Nun kann man einwenden, dass es im Islam ja kein NT gäbe - das ist wohl richtig. - Aber das gibt es im Judentum genauso wenig. - Mich würde interessieren, wie sich heutige religiöse Gesetzgebungen des Judentums von deren alten Gesetzgebungen unterscheiden. - WENN sie sich unterscheiden, gäbe es Entwicklung auch ohne den Paradigmenwechsel eine NT. - Bist Du diesbezüglich orientiert?
Novalis hat geschrieben:Muslime sind - was manche überraschen mag - menschliche Wesen :) Muslim bzw. Muslima ( arabisch: مسلمة/ مسلم ) ist die arabische Bezeichnung für "der/die Gottergebene". Ist es nicht ebenso die Aufgabe der Christen gottergebene Menschen zu sein?
Das ist auch mein Maßstab - formuliert in Röm. 2,14:

14 Wenn nämlich Heiden, die [das] Gesetz nicht haben, von Natur aus die [Forderungen] des Gesetzes tun, dann sind die, die [das] Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz.
15 Sie zeigen ja, dass das Werk des Gesetzes in ihren Herzen aufgeschrieben ist, weil ihr Gewissen mit Zeugnis ablegt
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Kingdom
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Kingdom »

Novalis hat geschrieben:
Kingdom hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:
So ist es: er argumentiert parteiisch.
Lest die Biographie Mohammed und betrachtet dazu im Vergleich das Leben Christi. Betrachtet die Aussagen Christi und die Aussagen Mohammeds, dann weiss man was Sache ist.

Eine Aufforderung dazu ist auch wenn man auf der Rechten Seite steht, ein gerechter Aufruf das man beides vergleicht.

Lg Kingdom

Wenn man das Leben Muhammads historisch-kritisch betrachtet, wird man zu der Schlussfolgerung kommen, dass er ein Kind seiner Zeit und Kultur war. Im Koran steht kein Wort darüber, dass der Prophet ein unfehlbares, vollkommen sündenfreies Wesen war. Es wird lediglich gesagt, dass er ein schönes Vorbild ist. Wichtig ist hier: es gibt einen Unterschied zwischen dem koranischen und sunnitischen Bild von der Person und dem Charakter des Propheten, wie es hier auf alrahman.de erklärt wird. Die entscheidende Quelle sind eben nicht die Ahadith, von denen nachweislich viele gefälscht wurden, sondern der Koran. Ein schönes Vorbild ist er, weil er ein gottergebener Mensch war:

Der gottergebene Mohammed aus dem Koran
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass diese Liste bei Weitem nicht komplett ist. Der Prophet könnte noch mit unzähligen weiteren Versen noch ausführlicher beschrieben und charakterisiert werden.
Er ist uns ein schönes Vorbild (33:21), weil er über großartige Tugendeigenschaften verfügte (68:4).
Aufgrund der Barmherzigkeit Gottes wurde er entsandt (21:107) und dennoch blieb er bescheiden und sah sich nicht als etwas Besseres an als andere (18:110, 41:6).
Es gab viele Menschen, die über ihn gespottet hatten (17:47-48), doch über ihn nichts Wahrhaftiges wussten. Bei solchem Spott mit den Zeichen Gottes hat er sich nicht auf dieses Niveau herunter gelassen, sondern ging mit Würde daran vorbei (4:140) und sprach selbst mit diesen törichten Menschen auf die freundlichste und friedlichste Art und Weise (25:63) und blieb gütig und barmherzig (9:61).
Er war menschlich, nicht fehlerlos oder ohne Sünde (22:52, 48:2, 40:55), und beging auch religiöse oder weltliche Fehler (8:67-68, 66:1, 33:53, 80:1-10), doch war er einsichtig und kehrte zu Gottes Weg umgehend zurück.
Er war ein konsequenter Mann, der Schwierigkeiten geduldig ertrug, keine Schwäche zeigte und sich nicht klein machen ließ. (3:146) Er lebte vor, was er predigte (2:44).
Er wusste, dass der Koran die Wahrheit ist, also hatte er auch keinen Drang zu missionieren und die Menschen zu zwingen, zu seinem Glauben zu übertreten (2:256).
Er hatte seine religiöse Position, doch versäumte er es nicht, in weltlichen Angelegenheiten gütig und geziemend zu sein. (31:15)
Er wusste, wie er das Böse mit etwas Besserem, nämlich dem Guten abwehren kann (13:22) und handelte nicht unredlich (3:161) und beleidigte niemals den Glauben anderer Religionsangehörigen (6:108).
Er einte die Menschen, statt sie zu spalten (6:159). Er näherte sich dem Guten und entfernte sich vom Bösen (7:157).
Er war ein Mann der Vernunft, der nichts unüberprüft hinnahm (17:36), und auch wusste, dass es kein Zeichen eines Gottergebenen sein kann, die von Gott geschenkte Vernunft nicht zu gebrauchen (10:100).
Er setzte sich für den Frieden ein (2:208) und ebenso für die Gleichstellung von Mann und Frau (3:195, 9:71-72) und trat dafür ein, dass sich die Männer und Frauen gegenseitig unterstützen.
Er behandelte seine Ehefrau mit Zuneigung und Barmherzigkeit. (30:21)
Er wusste den Wert der Kunst zu schätzen, so wie unser Prophet Salomon vor ihm auch schon (34:13)
Das klingt tatsächlich nach einem schönen Vorbild oder? ;) Quelle: alrahman.de. Es ist gängiger Konsens in der heutigen Islamwissenschaft, dass viele Ahadith Fälschungen sind. Nach dem Schema "Abu Xy hörte, dass der Gesandte Gottes sagte....." - beispielsweise wird im Koran mit keinem Wort eine Todesstrafe für Apostaten gefordert, das wird mit Verweis auf eine mehr als fragwürdige Überlieferungskette begründet:

Klingen tönt noch vieles schöne. Die Frage ist ja entspricht es der Wahrheit oder ist es Lüge und wie sieht das ganze aus ihm Lichte der Wort Jesus Christi, hat er die befolgt oder nicht.

Fakt ist Mohammed hat sich nicht an Christi Gebote gehalten. Er hat seine Feinde nicht geliebt und sogar gläubige Juden töten lassen und was den Abfall anbelangt so kann man sich auch informieren:

https://bibelbund.de/2015/01/der-abfall ... ne-folgen/

Einen Eid auf Hitler als Propheten Gottes schwören, würde wohl in der Westlichen Welt niemand. Fakt ist aber das man in der Muslimischen Welt auf den Juden Töter Mohammed schwört.

Zudem wenn er sich dem Guten näherte, so hätte er nicht den Götzendienst praktiziert, der schon gemäss AT eine der grössten Sünden wahr.

Er einte auch nicht die Menschen sondern spaltete sich vom Sohn Gottes und den Nachfolgern Gottes in jeder erdenklichen möglichen Art ab.

Er konnte nicht mal den Dämon der zu Ihm sprach, von Gott unterscheiden und weil dieser im Macht gabe, nützte er diese mit dessen Mittel gnadenlos aus.

https://de.wikipedia.org/wiki/Banu_Quraiza

Bibel lesen und seine Biografie lesen, dann weiss man was man von dem halten muss, was hier so schön als Lüge präsentiert wird.

Lg Kingdom
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Novas
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Novas »

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Muslime sind - was manche überraschen mag - menschliche Wesen :) Muslim bzw. Muslima ( arabisch: مسلمة/ مسلم ) ist die arabische Bezeichnung für "der/die Gottergebene". Ist es nicht ebenso die Aufgabe der Christen gottergebene Menschen zu sein?
Das ist auch mein Maßstab - formuliert in Röm. 2,14:

14 Wenn nämlich Heiden, die [das] Gesetz nicht haben, von Natur aus die [Forderungen] des Gesetzes tun, dann sind die, die [das] Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz.
15 Sie zeigen ja, dass das Werk des Gesetzes in ihren Herzen aufgeschrieben ist, weil ihr Gewissen mit Zeugnis ablegt
Es ist inzwischen gängiger Wissensstand in den Islamwissenschaften, dass viele Geschichten über die Lehren, Taten und Redewendungen von Muhammad, wie sie in gewissen Hadith beschrieben wurden, als Fälschungen anzusehen sind. Da ist eine historisch-kritische Hinterfragung und Verständnis angebracht. Der Prophet war das Kind seiner Zeit und Kultur. Er wurde in eine grausame und nach heutigen Maßstäben barbarische Kultur geboren.
Trotzdem hat er es geschafft, die tausend kriegsführenden Stämme der Arabischen Halbinsel zu einer Gemeinschaft - der islamischen Umma (arabisch أمة ) - zu vereinen, ihnen spirituelle Lehren und eine höhere Moral gebracht. Das ist eine beachtliche Leistung. Mit der Vision der Umma hat er die engen Grenzen des konfliktgeladenen Stammesbewusstsein überschritten. Das ist der Grund, weshalb die Zeit vor dem Islam als Dschāhilīya (arabisch جاهلية, DMG ǧāhilīya) bezeichnet wird.
Rein grammatikalisch betrachtet bildet das Wort Dschāhilīya ein Abstrakt-Substantiv[2] zu dem Partizip Aktiv dschāhil (جاهل / ǧāhil). Dieses gehört wiederum zu der arabischen Wortwurzel dsch-h-l. Das gleichfalls zu dieser Wurzel gehörende Substantiv dschahl hat im modernen Arabisch die Bedeutung von "Unwissenheit, Ignoranz, Torheit".[3]
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dsch%C4%81hil%C4%ABya

Der Islam hat also ganz klar einen zivilisatorischen Fortschritt ausgelöst. Die Zeit davor wird als Zeitalter der Ignoranz und geistigen Dunkelheit bezeichnet. Das muss schon klar gesehen werden, wenn man die Geschichte wirklich verstehen möchte. Die Idee, dass alle Mitglieder der Umma vor Gott gleich sind und als Geschwister zu verstehen - unabhängig von der Bindung an einen bestimmten Stamm - war revolutionär.

Die Umma (Gemeinschaft aller Gläubigen): Die Pflicht, die die Gläubigen verbindet, ist im Koran niedergeschrieben: „Und so machten Wir euch zu einer Gemeinschaft der Mitte, auf dass ihr Zeugen seiet für die Menschen.“ (Koran 2:143). Die Umma soll eine „Gemeinschaft der Mitte“ sein, „indem sie die Gerechtigkeit, die Solidarität und die Werte der Aufrichtigkeit, der Großzügigkeit, der Geschwisterlichkeit und der Liebe verbreitet und verteidigt“.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Drei_Gr ... schen_Umma

Wenn die Umma als eine „Gemeinschaft der Mitte“ gedacht ist, die als moralisches und spirituelles Vorbild für die restliche Welt dient, dann ist religiöser Fanatismus unvereinbar damit. Was durch den Koran noch mal ausdrücklich betont wird:
"Ihr gebietet das Rechte und verbietet das Verwerfliche und glaubt an Allah..."(Quran 3:110)
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Novas
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Novas »

Kingdom hat geschrieben:Er konnte nicht mal den Dämon der zu Ihm sprach, von Gott unterscheiden und weil dieser im Macht gabe, nützte er diese mit dessen Mittel gnadenlos aus
Kannst Du beweisen, dass er mit einem Dämon gesprochen hat? Wenn Du aufrichtig bist, müsstest Du nun sagen: "Nein, das kann ich nicht" ~ warum beharrst Du dann darauf?
https://de.wikipedia.org/wiki/Banu_Quraiza

Bibel lesen und seine Biografie lesen, dann weiss man was man von dem halten muss, was hier so schön als Lüge präsentiert wird
Ja, ich bin dafür, dass man das tun sollte, aber dann bitte eine wissenschaftlich durchdachte und vernünftig differenzierte Biografie, die eine gewisse Tiefe und historisches Fingerspitzengefühl besitzt, wie das von mir empfohlene Buch von Reza Aslan. Es gibt gute (differenzierte) und schlecht geschriebene (einseitige) Biografien.
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Halman
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Halman »

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Sind die Muslime deutlich in der Minderheit, entspricht ihre Situation der mekkanischen Phase und sie passen sich an, sind sie hingegen in der Mehrheit, entspricht dies der medinensischen Phase und dann setzen sie die Scharia durch (s. die Geschichte des Libanon in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts).
Vielleicht ist es so - vielleicht nicht. - Wäre so, würde ich medinesische Moslems mit Christen vergleichen, die die AT-Gesetzgebung durchsetzen wollen. - Hinzu kommt, dass "die Scharia" eine ganz normale Gesetzgebung ist, die wenig mit dem zu tun hat, was in den Medien als "Scharia" verkauft wird. - Anders gesagt: Im AT steht ja AUCH, dass Homosexuelle getötet werden müssen, etc.

Nun kann man einwenden, dass es im Islam ja kein NT gäbe - das ist wohl richtig. - Aber das gibt es im Judentum genauso wenig. - Mich würde interessieren, wie sich heutige religiöse Gesetzgebungen des Judentums von deren alten Gesetzgebungen unterscheiden. - WENN sie sich unterscheiden, gäbe es Entwicklung auch ohne den Paradigmenwechsel eine NT. - Bist Du diesbezüglich orientiert?
Die Evolution des jüdischen Glaubens ist untrennbar mit ihrer Geschichte verwoben. Das Judentum hat unter den mir bekannte Religionen den stärksten geographischen Bezug. Die Erfüllung der rituellen Opfergebote kann nicht in jeder beliebigen Synagoge in der Diaspora erfolgen, sondernd ist am TEMPEL auf dem TEMPELBERG gebunden.
Nun wurde die heilige Stadt Jerusalem und der Tempel von den Römern im Jahre 70 n. Chr. im ersten jüdischen Krieg vernichtet. Vor einigen Tagen hatte ich Novalis HIER einiges dazu erklärt. (Ich vermute, dass Dich der verlinkte Beitrag wirklich interessieren könnte.)

Hinzu kommt, dass vor dem jüdischen Krieg verschiedene jüdische Strömungen miteinander um die rechte Interpretation der Torah stritten: Sadduzäer, Pharisäer, Zeloten und Sikarier, Essener, Qumran-Leute, die Täuferbewegung von Johannes dem Täufer (die gnostischen Mandäer sind vermutlich darauf zurückzuführen) und die jesuanische Messias-Strömung „der. Weg“, dessen Anhänger in Antiochia (Syrien) später "Christen" genannt wurden.
Die Sadduzäer richteten sich streng nach der Torah und sie waren die elitäre religiöse Gruppe, da sie den Tempel verwalteten. Mit der Vernichtung des Tempels durch die Römer verschwand diese Gruppe weitesgehens, zum einen, weil die Meisten von ihnen abgeschlachtet wurden, zum anderen, weil die wenigen Überlebenen die Basis ihrer Autorität, den Tempel, verloren hatten.
Als der Bar-Kochba-Aufstand im Jahre 135 n. Chr. von den Römern niedergeschlagen wurden, versiegte auch der Einfluss der Zeloten und Sikarier.

Die Essener und Qumran-Leute gerieten im Laufe der Geschichte in Vergessenheit. Als einflussreiche religiöse Gruppe blieben die Pharäsier, aus denen das rabbinische Judentum hervorging. Sie schrieben ihre mündliche Mischna im zweiten Jahrhundert nieder. (s. bitte mein Beitrag Sa 9. Mai 2015, 22:01).
In der Spätantike verfassten die Rabbiner die Gemara. Der Talmud wurde bis etwa zurzeit der Gründung des Islam und dem Beginn des Wirkens der Masoreten vollendet.
Im SciFi-Forum war der kundige User C.Baer so freundlich, mir zu antworten:
Im 1-2. Jahrhundert nach der Zeitenwende wurde die mündliche Tora, d.h. genauer gesagt der pharisäische Konsens der Auslegung der Tora in der Mischna (= Wiederholung) schriftlich niederlegt.

Auf Basis von Tora + Mischna entstanden bis zum 5. bzw. 7. Jahrhundert der (später wenig einflussreiche) Jerusalemer Talmud und der (heute als der Talmud bekannte) Babylonische Talmud.
Diese Werke fügen der Mischna die Gemara hinzu: dokumentierte Diskussionen der Rabbinen zu den einzelnen Fragen des Gesetzes - Diskussionen die ein weites Feld abdecken bis hin zu kleinen religiösen Legenden und Gleichnissen, verschiedene Meinungen anbieten und am Ende manchmal mehr als eine Position gleichberechtigt gelten lassen.

Der Talmud ist also die Tora mit 2 Kommentarebenen: Mischna und Gemara, wobei der Textanteil der Tora selbst nur noch sehr gering ist und die Gemara sehr ausführlich ist.

Der Talmud ist durch Ordnungen und Traktate nach Themen gegliedert, sodass man zügig themengebunden Auslegungen und Lehrmeinungen nachschlagen kann.
Der Talmud umfasst in der deutsche Ausgabe ein Dutzend Bände.
Bild
Es ist also keineswegs so, dass der Tanach (AT) im Judentum unkommentiert wäre. Zwar gibt es bei ihnen kein NT, aber dafür haben die Rabbinen die talmudische Traditation entwickelt.


Nun zum Islam.
Im sunnitischen Islam wird der Koran mit Hilfe von zehn Quellen der Sunnah ausgelegt. Darin unterscheiden sich übrigens die verschiedenen islamischen Strömungen: Zwar haben alle den Koran, aber in der Bewertung der Sunnah differieren sie.
Bei den Sunniten erfolgt die Koranexegese meiner Kenntnis nach mehrheitlich nicht philosophisch, sondern sunnitisch (traditionell) und gem. der Tafsīr al-Jalālayn.
Die klassische „Tafsir“ (Koranexegese), gem. dem klassischen und anerkannten Exegese-Büchern von Al-Razi, Ibn Kather bis Al-Qurtubi und At-Tabary, erfolgt auf Grundlage der sechs Sahih-Hadith-Sammlungen. Erwähnt seien hier Sahih Bukhari (* 810, ✝ 870)
 und Sahih Muslim (* 821, ✝ 875). Darin steht auch einiges zum Jihad.
Hinzu kommt die Sīra-Literatur. Die älteste Prophetenbiographie stammt von Ibn Ishāq.


Nachtrag:
Zur "schwulen Frage" habe ich Dir einen Vortrag von Prof. S. Zimmer rausgesucht.

Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
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closs
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von closs »

Halman hat geschrieben:Es ist also keineswegs so, dass der Tanach (AT) im Judentum unkommentiert wäre. Zwar gibt es bei ihnen kein NT, aber dafür haben die Rabbinen die talmudische Traditation entwickelt.
Genau darauf wollte ich raus. - Wäre das beim Islam nicht genauso möglich?

Denn die Rahmenbedingungen sind doch folgende:
1) Das Christentum hat ein NT, das die teil brutalen, heute würde man sagen "sharia-ähnlichen", GEsetze des AT aufhebt - oder auf höherer Ebene "vollendet"/"erfüllt" (= klassische Dialektik).
2) Judentum und Islam haben das NICHT, müssen sich also sozusagen selber entwickeln.

Warum wäre das nur beim Judentum möglich? - Oder anders gefragt: "Weltreligion Judentum: Ist eine grundlegende Reform möglich?
Halman hat geschrieben:Zur "schwulen Frage" habe ich Dir einen Vortrag von Prof. S. Zimmer rausgesucht.
Ich habe nur Teile angeguckt - mein Eindruck:
1) Zimmer hat pastoral vollkommen recht - er ist, wenn man so will, auf der Linie von Franziskus.
2) Zimmer hat fundamental UN-recht. - Wobei wir wieder bei der Frage nach "fundamental" und "pastoral" wären.

Über den konservativen Theologen, den er am Ende zurecht angreift, ist zu sagen: Auch dieser Theologe hat den Unterschied zwischen "fundamental" und "pastoral" nicht verstanden. - Mit dem Unterschied, dass er mit seinen SChlussfolgerungen gegen das Liebesgebot verstößt, dass ÜBER allem steht. - Diesen Liebes-Instinkt hat Zimmer ohne alle Zweifel.
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Halman
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Halman »

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Es ist also keineswegs so, dass der Tanach (AT) im Judentum unkommentiert wäre. Zwar gibt es bei ihnen kein NT, aber dafür haben die Rabbinen die talmudische Traditation entwickelt.
Genau darauf wollte ich raus. - Wäre das beim Islam nicht genauso möglich?

Denn die Rahmenbedingungen sind doch folgende:
1) Das Christentum hat ein NT, das die teil brutalen, heute würde man sagen "sharia-ähnlichen", GEsetze des AT aufhebt - oder auf höherer Ebene "vollendet"/"erfüllt" (= klassische Dialektik).
2) Judentum und Islam haben das NICHT, müssen sich also sozusagen selber entwickeln.

Warum wäre das nur beim Judentum möglich? - Oder anders gefragt: "Weltreligion Judentum: Ist eine grundlegende Reform möglich?
Die ist durch die Gemara (der größte Teil des Talmuds) doch schon erfolgt. Zumal es progressive Juden gibt. Das Spannungsverhältnis zwischen ihnen und orthodoxen Juden ist laut dem, was mir im Sci-Fi-Forum erklärt wurde, sogar größer als zwischen liberalen und konzervativen Christen.


Beim sunnitischen Islam gilt eine "Neuerung", die den Islam selbst verändert (also nicht die Einführung der Algebra udgl.) als Häresie. Der arabische Begriff dafür lautet بدعة Bid'a. Nun könnte man argumentieren, dass ja das Tarawih-Gebet bereits von Muhammad ibn ldris as-Schafi‘i als lobenswerte Neuerung im sunnitischen Islam eingeführt wurde. Nun, wie Barino Barsoum erklärt, wurde eine sunnitisch-islamische Identität u.a. auch durch die vier Rechtsschulen geschaffen und Schafi‘i ist begründer der Rechtschule der Schafiiten. Zudem tangierte seine Hinzufügung nirgendwo islamische Glaubenslehren. Hier im Thread geht es aber um eine grundlegende "Reform", oder besser grundlegende Bid'a, welche den Islam nicht nur tangieren soll, sondern grundlegend humanisiert. Eine Modernisierung des Islams ist aber schwerlich möglich, solange die sunnitischen Rechtsschulen der Auffassung sind, dass jede Neuerung, die den Islam selbst modernsiert, ins Höllenfeuer führt. Sie stützen sich auf die islamisch-sunnitschen Quellen, darunter eine Hadith von Al-Nasaa'i. Demnach ist eine eine Bida unzulässig.
Bida bedeutet im Islam eine "unzulässige Hinzufügung" und steht im Widerspruch zum Heiligen Qur'an und Verfahrensweise [sunna] des Prophet Muhammad (s.).
Die christlichen Reformatoren hatten die christliche Quelle, die Bibel (insbesondere das NT) auf ihrer Seite. Die muslimischen Erneuerer aber, wie Mouhanad Khorchide, haben die islamischen Quellen gegen sich.
Zitat von Barino Barsoum:
Dieses Dilemma zeigt sich auch an der Auseinandersetzung zwischen dem Zentralrat der Muslime (ZDM) und Prof. Muhannad Khorchide aus der Universität Münster. Khorchide lehnt Urquellen des Islams ab, um auf konsistenter Art und Weise eine friedliebende Religion zu konstruieren. Der ZDM hat natürlich damit ein riesiges Problem und kann dies nicht akzeptieren, weil ihm mit den Quellen der islamische Boden unter den Füßen weggezogen wird. Aber dadurch, dass sie auf der Beibehaltung dieser Quellen bestehen, können sie nicht glaubwürdig Gewalt ablehnen und gegen Intoleranz sprechen, denn Gewalt und Intoleranz wird über diese Quellen gepredigt. ... Der Großteil der Muslime, insbesondere der arabischen Muslime, hört nicht auf einen Aiman Mazyek und auch nicht auf einen Muhannad Khorchide, sondern auf die Muftis und Prediger aus Ägypten, Saudi Arabien und anderen islamischen Staaten, die ihre Islamlehre auf den Urquellen aufbauen und den Meinungen der vier Rechtsschulen folgen. Diese Prediger und Islamgelehrten beeinflussen mit ihren Sendungen, die Tag und Nacht im Satellitenfernsehn laufen, ganz wesentlich das Glaubensverständnis der Muslime, denn sie sind es, die sich auf 1400 Jahre islamische Geistesgeschichte stützen können, und auf die Quellen, die ja erst eine islamische Identität geformt haben. Auch wenn man diese Prediger hier als Salafisten, Wahabisten oder sonst wie abtut, die mit dem Islam nichts zu tun hätten.
(farbliche Hervorhebung von mir)
closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Zur "schwulen Frage" habe ich Dir einen Vortrag von Prof. S. Zimmer rausgesucht.
Ich habe nur Teile angeguckt - mein Eindruck:
1) Zimmer hat pastoral vollkommen recht - er ist, wenn man so will, auf der Linie von Franziskus.
2) Zimmer hat fundamental UN-recht. - Wobei wir wieder bei der Frage nach "fundamental" und "pastoral" wären.

Über den konservativen Theologen, den er am Ende zurecht angreift, ist zu sagen: Auch dieser Theologe hat den Unterschied zwischen "fundamental" und "pastoral" nicht verstanden. - Mit dem Unterschied, dass er mit seinen SChlussfolgerungen gegen das Liebesgebot verstößt, dass ÜBER allem steht. - Diesen Liebes-Instinkt hat Zimmer ohne alle Zweifel.
Nun, ich verstehe den Unterschied zwischen "fundamental" und "pastoral" ebenfalls nicht, weil mir die Bedeutung des Begriffes "pastoral" nicht geläufig ist. Bist Du so nett, mir die Begriffe zu erklären?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo
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Novas
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Novas »

closs hat geschrieben:Denn die Rahmenbedingungen sind doch folgende: 1) Das Christentum hat ein NT, das die teil brutalen, heute würde man sagen "sharia-ähnlichen", GEsetze des AT aufhebt - oder auf höherer Ebene "vollendet"/"erfüllt" (= klassische Dialektik).
2) Judentum und Islam haben das NICHT, müssen sich also sozusagen selber entwickeln.

Warum wäre das nur beim Judentum möglich? - Oder anders gefragt: "Weltreligion Judentum: Ist eine grundlegende Reform möglich?
Selbstverständlich ist Reformation möglich. In Wahrheit ist das ein ganz natürlicher und unausweichliche Vorgang. Entweder erneuert sich eine Religion oder sie wird unbrauchbar und abgeschüttelt. Gebildete Muslime wie Reza Aslan argumentieren für eine islamische Aufklärung, die zweifellos notwendig ist. Gegenwärtig ist der Islam zwischen Traditionalisten und Reformern gespalten. Im Grunde bekämpfen die sich gegenseitig am meisten ;) von der einstigen Größe der islamischen Zivilisation ist nicht viel übrig geblieben.Was wir heute sehen ist nur noch die Asche.
Das kann man beispielsweise daran erkennen, dass das größte Interesse an der islamischen Mystik im Westen anzutreffen ist.
Zuletzt geändert von Novas am Do 23. Feb 2017, 00:55, insgesamt 1-mal geändert.
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closs
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von closs »

Halman hat geschrieben:Nun, ich verstehe den Unterschied zwischen "fundamental" und "pastoral" ebenfalls nicht, weil mir die Bedeutung des Begriffes "pastoral" nicht geläufig ist. Bist Du so nett, mir die Begriffe zu erklären?
"Fundamental" beschreibt den idealen Soll-Zustand, "pastoral" (Seelsorge) geht mit dem nicht-idealen Ist-Zustand um.

Konkret:
Es gibt fundamentale Gründe, warum Homosexualität, Promiskuität und Abtreibung (und vieles andere mehr) nicht gehen. - Es gibt die pastorale/Seelsorge-Situation, in der der Mensch in aller Tragik in solchen Dingen drinsteckt. - Hier ist es christlich, das Pastorale über das Fundamentale zu stellen: "Du Schwuler, Fremdgänger, Abtreiberin, etc. bist WIRKLICH von uns und von Gott genauso geliebt wie jeder andere auch".

Gleichzeitig darf dabei der ideale Soll-Zustand nicht aus dem Auge verloren wäre. - Mehr ist es eigentlich nicht.
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Novas
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Re: Weltreligion Islam: Ist eine grundlegende Reform möglich?

Beitrag von Novas »

Halman hat geschrieben:Die älteste Prophetenbiographie stammt von Ibn Ishāq
Fügst Du noch bei wie viele Jahre nach dem Tod des Propheten diese Biographie erschien? :) nicht alles, was gedruckt ist, ist wahr.
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