Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Philosophisches zum Nachdenken
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Sunbeam
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Sunbeam »

Eine Frage noch hat geschrieben: Fr 8. Jul 2022, 14:11 Alles gut, es wurde viel geschrieben.

Wie gesagt Kernthema ist:

Ich suche also Beispiele woran deutlich wird, dass das humanistische Weltbild der Lehre Gottes entgegensteht.


Einiges wurde hier genannt. Falls noch mehr speziell dazu einfällt, nur zu.
Nun denn, da ich gerade Zeit und Muße habe, reiten wir also noch einmal gegen die Windmühlen:

Humanisten lehnen die absolute Priorität "heiliger Schriften" ab, ebenso die unantastbaren "Wahrheiten" der Propheten, ebenso die Dogmen und Riten der Priesterkasten (welcher Religion auch immer), selbst die Philosophen allwissender Übermenschlichkeit, die meinen, den Zugang zur "absoluten Wahrheit" zu besitzen, werden abgelehnt und verworfen.
Denn eine absolute, oder DIE allgemein verbindliche Wahrheit für alle Menschen, die gibt es nicht, und die Humanisten stellen auch keinen Gott in den Mittelpunkt des Universums, hier sind dann Glaube und Humanismus wohl unvereinbar.
(Mir selbst stehen Cechov und Goethe bedeutend näher als ein Nietzsche oder Schopenhauer, zum Beispiel.)

Woran glaubt nun ein Humanist?
Das ist ein vielschichtiges Thema auf mehreren weltanschaulichen Ebenen und in vielen Facetten, um hier nur ein Beispiel zu nennen:

"Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne."
(Immanuel Kant, Kritik der praktischen Vernunft)

(Womit wie eigentlich bei der goldenen Regel angelangt wären, aber das ist schon wieder ein völlig anderes Thema.)

Die kantische Schrift ist zugleich der demonstrierbare und demonstrierte Versuch, in Fragen der Ethik über die Religion, bislang die Hüterin aller Moral und Ethik, hinauszugehen und einen Begründungszusammenhang allein aus den Möglichkeiten der menschlichen Vernunft zu entwickeln.
(Hier immer im Bewusstsein aller Rück und Fehlschläge dieser Weltanschauung. Auch im Wissen um den Menschen als immer gefährdetes und verletzliches Wesen, selbst im Wissen darum, das unsere Spezies sich eines Tages vielleicht selbst auslöschen wird.)

Hier kollidiert dann der Humanismus mit der Religion, und wenn ich auch hier, zum Beispiel, in diesem Forum lese, das die Erde rund 6000 Jahre alt ist.
"Errechnet" von einem irischen Bischof James Usher im 17.Jahrhundert, der Schätzungen des Alters von Abrahams Familie, die im Alten Testament aufgeführt sind, aufzählte und berechnete, dass die Schöpfung (nach dem julianischen Kalender) am Samstag, dem 22.Oktober 4004 v. Chr., um 6 Uhr Morgens begann.

[sic!]

Und wenn das dann Menschen nicht nur glauben, sondern auch noch diesen Glauben mit Zähnen und Klauen als unhinterfragbar verteidigen, dann ist das für mich nicht nur ein geistiger Notstand, sondern das, was immer mehr Menschen als Religiotie bezeichnen.

Abschließend:
Ich bin mir bewusst, das auch der Humanismus nur ein Weg von vielen sein kann, um sein Leben zu gestalten seinem Leben und einen Sinn zu geben, und dieser Sinn wäre dann der Mensch selbst, umfassend den Menschen als endlose Geschichte.

Also:

„Nichts wird den Menschen geschenkt, und das wenige, das sie erobern können, muss mit ungerechtem Sterben bezahlt werden. Aber nicht darin liegt die Größe des Menschen. Sondern in seinem Willen, stärker zu sein als die *Conditio humana. Und wenn die Conditio humana ungerecht ist, hat er nur eine Möglichkeit, sie zu überwinden: indem er selber gerecht ist.“
Albert Camus
(*Conditio humana - die Bedingung des Menschseins und die der Natur des Menschen)
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PastorPeitl
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von PastorPeitl »

Wie sollte die Lehre Jesu dem Humanismus entgegenstehen, wenn sie vor 1717 aus der Bibel abgeleitet wurde?
https://www.freimaurer-wiki.de/index.p ... eimaurerei
Mt 6,33 Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
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Paul
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Paul »

hatten wir schon mal das thema...der kategorische imperativ...liebe deinen nächsten
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

it's not easy be(e)in' green

es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

das huhn ist im auftrag des herren unterwegs 8-)
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Fr 8. Jul 2022, 16:49 Humanisten lehnen die absolute Priorität "heiliger Schriften" ab
Stimmt. -Trotzdem kann Humanismus das wollen, was die Schriften wollen. - Dazu gibt es in der Deutschen Klassik eine Diskussion, in dem die Begriffe "Autonomie" und "Heteronomie" vorkommen. - "Heteronomie" wäre, dass man etwas tut, weil es eine Autorität befiehlt ("heilige Schriften"). - "Autonomie" wäre das, was Kant "Aufklärung" nennt (" sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen bedienen").

"Klassisches" Denken versucht nun beides zu vereinen, indem es postuliert: Der Mensch ist von seinem Wesen so gebaut, dass er autonom das tun kann, was er heteronom müsste/sollte, wenn es Gott gäbe. - Genau das ist aus meiner Sicht die höchste Form der Aufklärung.
Sunbeam hat geschrieben: Fr 8. Jul 2022, 16:49 dass die Schöpfung (nach dem julianischen Kalender) am Samstag, dem 22.Oktober 4004 v. Chr., um 6 Uhr Morgens begann.
Der Vatikan hat Jahrhunderte vor Galilei gewusst, dass die Erde rund ist und um die Sonne kreist. Und er hat auch die Evolutionstheorie übernommen, nachdem sie da war. - Das Problem liegt woanders: Die Kirche hat naturwissenschaftlich verwertbare Bilder verwendet, um geistige Inhalte zu transportieren. Diese Bilder konnte man nicht von jetzt auf nachher austauschen.

Wenn man der Kirche eines vorwerfen kann: Sie hat die Menschen mit solchen Bildern genötigt und den Menschen nicht zugetraut, aufgeklärt zu denken. - Der Punkt dabei: Da verstehe ich die Kirche sehr gut, wenn ich sehe, welcher Irrsinn heute als "aufgeklärt" gilt. - Eigentlich wäre das beste gewesen, die Messe in lateinisch zu belassen und Diskussionen zugunsten einer mystischen Erfahrungsebene nach Möglichkeit zu vermeiden.
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Sunbeam
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Sunbeam »

PastorPeitl hat geschrieben: So 10. Jul 2022, 07:22 Wie sollte die Lehre Jesu dem Humanismus entgegenstehen, wenn sie vor 1717 aus der Bibel abgeleitet wurde?
https://www.freimaurer-wiki.de/index.p ... eimaurerei

Du lügst, einmal wieder, denn das, was wir hier als Humanismus diskutieren, das entstand aus dem Renaissance-Humanismus des 13. und frühen 14. Jahrhunderts.

https://de.wikipedia.org/wiki/Renaissan ... humanismus

Wenn deine religiösen Groschenromane auch nach diesem "Prinzip" der Halb und Unwahrheiten aufgebaut sind, dann nimmt es nicht Wunder, das sich diese verkaufen wie saures Bier.
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Sunbeam
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Di 12. Jul 2022, 21:34
Der Vatikan hat Jahrhunderte vor Galilei gewusst, dass die Erde rund ist und um die Sonne kreist. Und er hat auch die Evolutionstheorie übernommen, nachdem sie da war. - Das Problem liegt woanders: Die Kirche hat naturwissenschaftlich verwertbare Bilder verwendet, um geistige Inhalte zu transportieren. Diese Bilder konnte man nicht von jetzt auf nachher austauschen.

Wenn man der Kirche eines vorwerfen kann: Sie hat die Menschen mit solchen Bildern genötigt und den Menschen nicht zugetraut, aufgeklärt zu denken. - Der Punkt dabei: Da verstehe ich die Kirche sehr gut, wenn ich sehe, welcher Irrsinn heute als "aufgeklärt" gilt. - Eigentlich wäre das beste gewesen, die Messe in lateinisch zu belassen und Diskussionen zugunsten einer mystischen Erfahrungsebene nach Möglichkeit zu vermeiden.
Ich würde sagen, diese Thematik hat sich erschöpft, die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Humanismus und dem Glauben an Götter, die wurden hier unmissverständlich beantwortet, auch wenn eine gewisse christlich fundamentale Klientel hier weiterhin mit den Hufen scharrt.

Zumal Diskussionen in einem weltanschaulichen Forum sollten, meiner Meinung nach, wie eine fair ausgetragene Sportart sein, bei der es nicht darum geht, zu gewinnen, sondern auf höherer Ebene unentschieden zu spielen, denn einen wirklichen "Sieg" welcher Weltanschauung auch immer, wird dann oft nur ein geistlicher oder geistiger Phyrrhus-Sieg.

Egal ob dieses Spiel nun in einem katholischen Baumarkt statt findet oder einem atheistischen Swingerclub, oder während einer cholerisch evangelikalen Stampede in einer dieser schweißfeuchten Megachurches.

Und vielleicht ist dieser ganze Menschenliebe/Nächstenliebe-Schnickschnack am ende nur der Schmerz darüber, das man selbst nicht mehr lieben kann.und es vielleicht niemals wirklich konnte.
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Hiob »

Sunbeam hat geschrieben: Mi 13. Jul 2022, 14:22 die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Humanismus und dem Glauben an Götter, die wurden hier unmissverständlich beantwortet
Stimmt - und zwar gelegentlich fundamental unterschiedlich.
Sunbeam hat geschrieben: Mi 13. Jul 2022, 14:22 Zumal Diskussionen in einem weltanschaulichen Forum sollten, meiner Meinung nach, wie eine fair ausgetragene Sportart sein, bei der es nicht darum geht, zu gewinnen, sondern auf höherer Ebene unentschieden zu spielen
Das ist der Idealfall. Aber es sollte nicht so sein, wie neulich aus den USA gehört, dass man Mathematik als diskriminierende Disziplin betrachtet, weil sie auf die Frage "Was ist 2 + 2?" nur die Antwort "4" zulässt. Echt kein Witz.

Ansonsten stimme ich Dir zu: Ergebnisse sind in der Regel Folgen von Voraussetzungen (wobei wir wieder beim Wort "Hermeneutik" wären). Das heißt: Aus materialistischer Sicht ist "Aufklärung" etwas anderes als aus metaphysischer Sicht.
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Sunbeam
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Sunbeam »

Hiob hat geschrieben: Mi 13. Jul 2022, 15:19

Sunbeam hat geschrieben: Mi 13. Jul 2022, 14:22 Zumal Diskussionen in einem weltanschaulichen Forum sollten, meiner Meinung nach, wie eine fair ausgetragene Sportart sein, bei der es nicht darum geht, zu gewinnen, sondern auf höherer Ebene unentschieden zu spielen
Das ist der Idealfall. Aber es sollte nicht so sein, wie neulich aus den USA gehört, dass man Mathematik als diskriminierende Disziplin betrachtet, weil sie auf die Frage "Was ist 2 + 2?" nur die Antwort "4" zulässt. Echt kein Witz.
Ich weiß, ich habe die Artikel zu diesem Wahnwitz in den Medien sehr genau verfolgt.

Aber auch das wird nur eine Erscheinung einer völlig dekadenten und aus den moralischen Fugen geratenen Zeit sein.
Ich habe die fröhliche Geduld, der Schlange dabei zu zu schauen, wie diese sich vom Schwanz her selbst auffrisst.
Ansonsten stimme ich Dir zu: Ergebnisse sind in der Regel Folgen von Voraussetzungen (wobei wir wieder beim Wort "Hermeneutik" wären). Das heißt: Aus materialistischer Sicht ist "Aufklärung" etwas anderes als aus metaphysischer Sicht.
Wenn man die Aufklärung als Credo und Lebensstil einer adlig-bürgerlichen Elite sieht, die sich selbst zum Denken, Mitleiden und Verstehen ermächtigt hatte, oder das, was sich heute die so genannten intellektuellen Eliten darunter vorstellen und voll der Lügen und der Dummheit in die Welt blasen, dann war und ist Aufklärung
niemals etwas anderes, als eine Worthülse.

Eine der menschlichen Maximen lautet: Wer heilt, hat Recht!
Und der, der nur noch Angst und Panik kommuniziert, wird am Ende niemals im Recht sein.

Ich denke, das Projekt Mensch hat noch sehr viele Kapitel vor sich...
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Claymore »

Es sind gerade irgendwelche Voraussetzungen, die diskutiert werden sollten und müssten.

Die Masche, von vom Himmel-fallenden Voraussetzungen auszugehen, die als pure Setzungen fundamental nicht analysierbar und nicht kritisierbar sind - und umgekehrt auch niemals irgendwie gerechtfertigt werden könnten, macht jede Debatte nur zu einer Exposition des eigenen Dogmatismus.
Claymore
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Re: Die Lehre Gottes vs. Humanismus

Beitrag von Claymore »

Sunbeam hat geschrieben: Mi 13. Jul 2022, 16:11Ich weiß, ich habe die Artikel zu diesem Wahnwitz in den Medien sehr genau verfolgt.
Hiob hat geschrieben: Mi 13. Jul 2022, 15:19 Das ist der Idealfall. Aber es sollte nicht so sein, wie neulich aus den USA gehört, dass man Mathematik als diskriminierende Disziplin betrachtet, weil sie auf die Frage "Was ist 2 + 2?" nur die Antwort "4" zulässt. Echt kein Witz.
Belege? Die Artikel möchte ich sehen.
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