Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Die Rolle des “Ontischen” ist in deiner Philosophie halt so, dass es für uns keinen Unterschied macht, wie “das Ontische” beschaffen ist.
Materialistisch gesehen ist das richtig - aber halt geistlich nicht. Denn es ist ein Unterschied, ob man die Welt aus der Wahrnehmung heraus ontifiziert, also letztlich die Wahrnehmung zum Maßstab fürs Sein macht, oder eben nicht. - Christlich geht nur letzteres (philosophisch eigentlich auch, aber nur im traditionellen Verständnis des Wortes).
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Was könnte das sein? Da fällt mir nicht viel ein. Man sagt es üblicherweise von Gott.
Dann lies mal Frank Tipler, der es als Mathematiker und Physiker erklärt (und vorrechnet). Seine SChlussfolgerungen gefallen mir zwar nicht, aber ich finde es richtig gut, dass sogar die Wissenschaft zu diesem Ergebnis kommt (Omega-Punkt).
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Aber mit dem “Ich” das durch das Cogito bewiesen wurde hat diese Konzeption nichts zu tun.
Descartes ist EIN Hinweis.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Individualität benötigt nun mal Kontinuität in der Zeit. Also nicht “panta rhei”.
Individualität braucht letztlich nur Existenz. Die Zeit ist nichts anderes als ein Instrument, um diese Existenz entwicklungsfähig zu machen - das ist ja gerade der Gag der materiellen Existenz - siehe auch "Heilsgeschichte". - Heilsgeschichte ist nicht Teil der Geschichte, sondern Geschichte ist ein Teil der Heilsgeschichte.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Das Cogito-Ich ist mit dem buddhistischen Anatta (Nicht-Ich, Ich ist eine Illusion) kompatibel.
Zumindest kann man unter buddhistischen Vorgaben das Cogito-Ich so erklären. Wie immer: Welche Voraus-Setzungen von Denksystemen sind ontisch authentisch? Wir wissen es nicht.
Neulich hat in der ZEIT ein alter Nobelpreisträger sinngemäß gesagt, dass wir uns daran gewöhnen sollten, dass es Dinge gibt, für deren Verstehen unser irdisches Denken gar nicht ausgelegt ist (er ist Naturwissenschaftler).
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Gott lässt zu, dass wir irren. Und es gibt keinen Bereich in dem wir Unfehlbarkeit erreichen.
Richtig - genau deshalb gibt es doch "Glaube". - Oder um es (aus dem Gedächtnis) mit Kant zu halten: "Ich musste mein <systemisches> Wissen aufheben, um Platz für den Glauben zu haben". - Das ist nicht schwärmerisch gemeint, sondern ontologisch.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Diese Substanz des (historischen) Descartes ist: Eine Abwertung der Natur, eine Abwertung aller nicht-menschlichen Lebewesen, eine Abwertung des nicht-rationalen Geistigen.
- Sagt man das? Ist das eine heute gängige Sichtweise? --- Ich verstehe Descartes ziemlich umgekehrt.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Natürlich ist es kein Glaubenssatz für den echten Descartes. Darum geht es ihm doch: dass man eben nicht glauben muss.
Aber doch erst, nachdem man erkannt hat, dass systemisch Objektives nur dann Sinn macht, wenn man vorher erkennt und glaubt, dass die Objekte "echt" sind. - Descartes treibt die Wissenschaft voran, WEIL ihn sein Glaube dafür den Rücken freihält.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Gott wird über seinen Gottesbeweis klar und deutlich erkannt. Gott ist das höchste Wesen, also kein Lügner und Betrüger, ergo kann man sich auf die Sinne verlassen.
Genau das. - Nur dass es halt kein Beweis ist (selbst wenn Descartes das meint) - letztlich ist es Glaube. - Ich räume ein, dass Descartes vielleicht doch nicht so weit war wie Kant (siehe obiges Zitat), und das, was eigentlich Glaube ist, als Beweis bezeichnet.
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Warum nimmst du diese Unfehlbarkeit oder “praktische Unfehlbarkeit” bei Schlussfolgerungen innerhalb von Theorien an?
Weil eine Jacke, deren erster, verborgener Knopf falsch geknöpft ist, auf "unfehlbare" Weise problemlos und schlüssig weitergeknöpft werden kann. - Ob der erste Knopf falsch geknöpft war, stellt sich erst am Ende raus (zu dem man nie kommt).
Claymore hat geschrieben: ↑Mo 6. Dez 2021, 22:16
Aber woher kommt die Unfehlbarkeit der Menschen, wenn es um Wissenschaft geht?
Mit "Unfehlbarkeit" ist nicht gemeint, dass Menschen keine Fehler machen, sondern dass in einem selbst definierten System alle weiteren Schritte im Sinne dieses Systems objektivierbar sind - also letztlich eine Fleißarbeit auf hohem Niveau. --- Wissenschaft vergleicht Beobachtungen zur Wirklichkeit mit einem (selbstgemachten) Modell - das ist im Grunde alles (wie schwer es in der Praxis auch sein mag). - Das heißt: Interpretationen der Beobachtungen finden im geschlossenen Raum statt - deren Wände hat der Mensch selbst hingestellt. - Es ist geradezu die Aufgabe der Wissenschaft, hier "unfehlbar" zu sein - alles andere wäre schlampig.