PeB hat geschrieben: ↑Fr 7. Feb 2020, 19:04
Ich fahre stark alkoholisiert (2,6 Promille) mit 120 km/h durch eine 30ger Spielstraße - ohne dass irgendwer zu Schaden kommt. Aber ich werde von einer polizeilichen Verkehrskontrolle gestoppt.
Wir haben hier keinen Schadensfall mit Körperverletzung. Ich kann weder 2 Mose noch 3 Mose anwenden. Was soll ich gegenüber wen abgelten? Die Straße ist kein Mitmensch. Ich entziehe dir den Führerschein für 1 Jahr und lasse dich die vorgesehene Verwaltungsstrafe blechen. Wenn du nach einem Jahr den FS wieder beantragst verordne ich dir einen Kurs mit einer abschließenden Prüfung. Soweit der Fall.
PeB könnte es sein, dass du dich schon wieder verfranst? Für den Fall einer Köperverletzung hätte ich wie du 2 Mose zur Anwendung gebracht. Lass mich fragen: Wie kann man überhaupt ein Beispiel finden, in dem beide Worte zur Anwendung kommen?
Man regelt einen Schadensfall entweder nach 2 Mose in Form eines Tatausgleichs zugunsten der Person des Opfers oder nach 3 Mose in Form einer gleichwertigen Schadenshinzufügung an der Person des Täters. Es sind objektiv betracht zwei unterschiedliche Regelungen.
PeB, du hast mir schon einleuchtend vermittelt, dass du 3 Mose als Sanktion nicht anwenden willst. Du hättest es sonst zumindest theoretisch in Erwägung gezogen. Das verrät mir, was dein Herz davon hält. Und ich halte davon auch nichts. Nur lege ich anders aus.
Gehen wir zu meinem vorigen Beispiel zurück und nehmen wir an, die Ehefrau hätte einen Einspruch getan und die Abgeltung nach 3 Mose gefordert. Der Fall ginge zu einer höheren Instanz und landet bei einem Oberrichter, der das Verfahren prüft. Ich betätige mich nun als Richter (der Täter sei damit ein anderer). Ich hätte dann diese Entscheidung getroffen:
1) Der Forderung einer gleichwertigen Schadenshinzufügung (das Bein zu brechen) als Tatausgleich wird nicht stattgegeben. Begründung:
Schadensfälle mit Körperverletzung nicht zum Tode sind entweder nach 2 Mose oder 3 Mose zu regeln. Das Gericht entschied sich für eine Regelung im Sinne von 2 Mose, somit kann 3 Mose nicht gleichzeitg angewandt werden.
2) Für die Verhängung von Freiheitsstrafen exisitert keine gesetzliche Grundlage. Diese wird hiermit aufgehoben.
3) Die Geldforderung wird als gerechtfertigt angesehen. Die Höhe dieser teilt sich auf in eine Abgeltung der Verminderung der Erwerbstätigkeit und in eine Strafe für das Delikt.
Hättest du in 1. Instanz den Beinbruch angeordnet, hätte ich im Sinne des Gesetzes das anerkennen müssen, dafür jede weitere Geldentschädigung gestrichen, Denn wie gesagt, regle es entweder so oder so, aber nicht doppelt. Es gibt hier keine sog. Ergänzung bzw. zweifache Bestrafung für einen Schaden.
Mit anderen Worten: Entweder willst du Rache oder die gesunde Wiederherstellung des Opfers. Da hier auch mein Gewissen ins Spiel kommt, nutze ich die Entscheidung der erstinstanzlichen Regelung und entspreche dieser, und zwar ohne ein einziges Gesetz zu verletzen. Dafür wurde deine nicht gesetzeskonforme Regelung korrigiert.
Fazit: 3 Mose ist einfach eine andere Regelung als 2 Mose. Ein Vorschlag: Gehen wir nun zu 5 Mose und lesen dort die Regelung bzgl. der Talion:
5 Mose 19,18-19 hat geschrieben:
Und die Richter sollen es genau erforschen. Stellt es sich heraus, dass der Zeuge ein falscher Zeuge ist und gegen seinen Bruder ein falsches Zeugnis abgelegt hat, so sollt ihr ihm das antun, was er seinem Bruder antun wollte. So sollst du das Böse aus deiner Mitte ausrotten.
Wir lesen hier zunächst dieselbe Formulierung wie in 3 Mose "so sollt ihr ihm das antun, was er seinem Bruder antun wollte".
5 Mose 20-21 hat geschrieben:
Und die Übrigen sollen es hören und sich fürchten und nicht mehr solche bösen Taten in deiner Mitte verüben. Du sollst ihn nicht verschonen: Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß!
Die zuvor getätigte Regelung erläutert die nachfolgende Talion. Ich übergebe dir das Wort für eine weitere Analyse.