Hiob hat geschrieben: ↑Mi 22. Dez 2021, 10:49
Merkel selber war nie neoliberal.
Merkel war eigentlich gar nichts, wenn man ihr ein Bekenntnis abringen wollte. Allglatt wie ein Fisch. Aber neoliberale Politik machte sie. Kann man neoliberale Politik machen ohne Neoliberal zu sein ? Ich denke nicht.
Der Witz beim Neoliberalismus ist ja, dass dies immer eine Fremdzuschreibung ist. Kein als beoliberal Fremdbezeichneter hätte sich selber so bezeichnet, da der Begriff grundsätzlich belastet ist. Mit Recht, aber deswegen ist er nicht generell unangebracht.
In den letzten Monaten und Wochen wird ja versucht, Impfunwillige in die neoliberale Ecke zu stellen, weil Impfunwilligkeit ein egoistisches Verständnis von Freiheit sei.
Beispielsweise hier ein Artikel der das gezielt thematisiert :
https://taz.de/Motivation-von-Impfgegnern/!5817154/
Aber am Rande erwähnt wurde das in letzter Zeit in sehr vielen verstreuten Artikel, Audio- und Videomeldungen.
Dazu sage ich : Impfunwilligkeit hat etwas mit Selbstschutz zu tun. Es geht um die Angst um Leib, Leben und Gesundheit. Das als egoistisch zu bezeichnen ist Zynismus. Nein das ist sophistisch und grenzt an Rabulismus, also Rhetorik auf einem deutlich höheren polemisch manipulativen Niveau als blanker Zynismus, den man ja gar nicht ernst nehmen braucht oder sogar mit Humor sehen könnte. Man müsse solidarisch sein wird von den Impfbefürwortern behauptet, aber aus der Weltsicht von Impfverweigeren ist die Übersetzung dieses Solidaritätsbegriffes gleich der Forderung nach einem altruistischen Opfer in etwa vergleichbar der Organspendedebatte ; Zum Glück ist die Diskussion um eine Verpflichtung dazu im Sande verlaufen. Sowas kann und darf man niemals von anderen fordern, ja nicht mal dafür plädieren. Dafür könnte man nur selber ein Beispiel geben, aber so sieht das ja niemand der Impfbefürworter selber, denn für sie ist die Impfung ja nur ein kurzer Pieks. Das ist echt bemerkenswert, aber auf diesen Pieks komme ich gleich noch zurück.
Neoliberalismus ist mehr als Schutz des eigenen Lebens. Die Unantastbarkeitsgewissheit und Machbarkeitsfantasien sind die Grundlage neoliberalen Denkens. Denn : Freiheit heist im neoliberalen Verständnis schon die Gewährleistung von Sicherheit und Möglichkeit, auf deren Basis Kreativität und Handel ausgeübt werden. Die Neoliberalen sind meist gegen einen starken Staat, aber sie sind nur gegen einen starken Staat, der sie persönlich einschränkt. Dass der starke Staat ihre Sicherheit und ihr Vermögen garantiert und genau dadurch andere eingeschränkt und behindert werden, wollen sie nicht so gerne offen gesagt bekennen, da sie beides gern ihrem Fleiß und ihrer Leistung zuschreiben und sich natürlich nicht als Ausbeuter und Schmarotzer sehen wollen. Sie leben nicht einfach auf Kosten anderer, so wie Sozialleistungsempfänger auf Kosten anderer ihr bescheidenes Dasein fristen und somit der Schutz ihres Lebens gewährleistet wird, sondern durch die Armut anderer leben sie sehr fürstlich und schwelgen im ordinären Luxus. Wenn das Beispiel des Neoliberalismus auf die gesellschaftlich spaltende Situation der Pandemie angewendet werden kann, dann sind die Neoliberalen hier die Pharmakonzerne, die staatlich gefördert werden, aber Produkte dann patentieren lassen und finanzielle Gewinne privatisieren. Dass die Gewinne überteuerter Medikamente nicht wieder in die Forschung gehen, wie behauptet, da ja wie gesagt auf staatliche Forschung zurück gegriffen wird, wurde ja auf in dem Bericht von Arte gezeigt :
Big Pharma - Die Allmacht der Konzerne :
https://www.youtube.com/watch?v=aS1yl-dx1Gk
Aber dass der Vergleich mit dem Neoliberalismus viel besser auf die Pharmakonzerne passt, kommt ja nicht von ungefähr, denn es ist unabhängig von der Pandemie ein neoliberales System. Der Vergleich passt hier also nicht nur zufällig, sondern generell.
Zurück zu dem Pieks. Gerade weil der Pieks als harmlos empfunden wird, und ja scheinbar erst mal nichts passiert, taugt er dafür, als überstandene Mutprobe zu gelten. Die eigentlich wörtlich als harmlos bezeichnete Sache wird gleichzeitig maßlos überhöht als solidarischer Akt, heldenhafte Leistung und gesellschaftliches Opfer, für das man doch gerne sein altes Leben zurück haben will.
Es ist wie mit den Initiationsriten. Man gehört dazu, weil man etwas hinter sich gebracht hat. Man gilt jetzt dadurch was. Jeder der das durch seine Ablehnung in Frage stellt, stellt das System der Zugehörigkeit generell in Frage. Er stellt den Initiierten in Frage, nun etwas zu gelten.
Es ist wie bei der Musterung für den Wehrdienst : "Ach war doch gar nicht so schlimm, du Memme, da müssen wir alle durch." Es ist wie die Prügelstrafe durch die Eltern "Es hat mir schließlich nicht geschadet" (Doch hat es !). Es ist wie in der Berufsausbildung : "Lehrjahre sind keine Herrenjahre". Es ist für die meisten Menschen viel leichter diese misshandelnden und schikanierenden Situationen nachträglich zu glorifizieren, weil man sich damit selber eine große Leistung zuspricht, für die man Anerkennung verdient habe.