Abischai hat geschrieben: ↑So 4. Aug 2024, 13:26Die "Amis" waren genau solche Massenmörder wie alle anderen, oder was war der Genozid an den Indianern sonst? Gegen alle Absprachen vor allem. Also das Argument mit den Massenmördern sollte man, so schlimm das auch war und ist, dennoch ausklammern, denn da herrscht ohnehin nur Gleichgewicht.
Naja, es ging um die »der Imperialismus des Westens ist
an allem schuld«. Da sind die nicht-westlichen Massenmörder schon ein sehr starkes Gegenargument.
Warum kann man nicht beides verurteilen? Stattdessen müssen die westlichen Verbrechen immer zu Relativierung und Rechtfertigung der nicht-westlichen herhalten.
Ist das Oikophobie? Oder will man an eine einfache, monokausale Erklärung glauben, weil man dann auch an eine einfache Lösung glauben kann?
Bei der Ausdehnung des russischen Zarenreiches gab es genauso Genozide, wie der gegen die Tscherkessen 1863–1878. Millionen wurden massakriert oder vertrieben. Und unter russischer Herrschaft in Alaska erging es der amerikanischen indigenen Bevölkerung auch nicht besser als unter den USA.
Das weiß fast niemand. Und es wird auch gar nicht groß thematisiert, weil das alles durch die Verbrechen Stalins noch einmal so sehr übertroffen wird.
Nun ist das alles Vergangenheit. Das Problem beginnt
heute, wenn man das alles leugnet und schönredet. Und genau das passiert eben in Russland, jedoch nicht im Westen. Die Organisationen zur Aufarbeitung historischer Verbrechen wurden vom Kreml zu »ausländischen Agenten« deklariert und verboten. Es gibt lustige Gummiparagrafen-Straftatbestände wie »Verunglimpfung der russischen Armee«. Und so weiter.
Staatlich verordnet ist der Glaube an die strahlende russische Nation. Das multikulturelle Utopia, denen sich die ganzen Völker Sibiriens freiwillig angeschlossen haben – und hinter
jedem inneren Konflikt steckt der Westen (deswegen braucht es auch die »Filtrierungslager«!).
Lawrow: »Russland hat sich nicht befleckt mit den blutigen Verbrechen des Kolonialismus«.
Einfach und handlich verpackt zum mit-blöken für
.
Genauso redet Putin Väterchen Stalin schön, dass ihm in dieser schwierigen Situation nichts anderes übrig blieb.
Jeder moralische Fortschritt setzt voraus, dass die alten Schandtaten ungeschönt, unumwunden zugegeben werden.
Genau das passiert nicht in
, sondern genau das Gegenteil.
Die (vielleicht sogar korrekte) Vorstellung, dass für die Verantwortlichen in der Weltpolitik es gar nicht anders möglich ist als rein machiavellistisch zu agieren, entschuldigt diese Relativierung von Verbrechen nicht. Der Ansatz basiert auf dem »große Männer machen Geschichte«-Geschichtsbild. Und das ist eben falsch: Große Männer können nur in dem ihnen vorgegebenen Rahmen Geschichte machen, und es gab immer
erfolgreiche Versuche diesen Rahmen enger zu ziehen, sodass die »großen Männer« das Richtige tun.
Die menschliche Geschichte bleibt als rein machiavellistisches, profitorientiertes Agieren gedacht unverständlich. Diese erwachten, Egon-Bahr-zitierenden Hobby-Historiker deuten sogar die Abschaffung der Sklaverei als rein von unlauteren Motiven getrieben um. Obwohl doch extremer wirtschaftlicher Druck bestand, die Sklaverei als Institution weiter bestehen zu lassen, aber es gelang (mit vielen Rückschlägen zwischendurch) am Ende dennoch.
Ich erwarte von der Menschheit nicht sehr viel, aber eine vollkommen zynische Sichtweise ist nur destruktiv. Ihr Ziel ist allein zu lähmen und Bedingungen zu schaffen, in denen die Diktatoren dieser Welt ungestört weiter ihre Verbrechen begehen können.