PeB hat geschrieben: ↑Di 18. Mai 2021, 13:06
Na, darin scheinen wir uns dann wohl zu unterscheiden. Ich gehe am Ende des Tages (und nicht nur dann) durchaus selbstkritisch mit mir ins Gericht und überlege mir nicht bloß, wie es - quasi automatisch - dazu gekommen sein mag.
Ja, darin unterscheiden wir uns dann wohl. Ich bin da ein Praktiker und ein Realist. Ich will, dass sich was ändert. Dass es besser wird. Da suche ich nach Lösungen, Methoden, Ideen. Da ist es nicht so hilfreich, bei der Eigenschuld stehenzubleiben. Erst indem ich den Verführer am Wirken sehe und ihn durchschaue, kann ich ihn bewusst überwinden. Da ist jemand oder etwas, der oder das mir schaden will. Das ist eine Tatsache. Eigenschuld hin oder her. Daher kommt der Drang, der nicht unbedingt der eigene ist. Sich dem zu widersetzen, ist die Lösung. Ich jedenfalls käme sonst nicht weiter.
Am Ende zählt immer das Ergebnis.
Folgendes angenommen, ein Fantasiegeschichte:
Adam und Eva sitzen beisammen im Garten Eden und unterhalten sich.
Eva sagt: Adam, dieser Baum da, wo wir nicht von essen sollen. Das ist schon ein schöner Baum. Nicht wahr?
Adam: Ja, Eva, und wie. Und erst die Früchte.
Eva: Ja. Aber wir dürfen ja nicht davon essen.
Adam: Und wir wollen das auch nicht.
Eva: Wirklich nicht. (Die beiden meinen das völlig ernst.)
Adam: Ja aber warum sprichst Du das überhaupt an?
Eva: Naja, ich mache mir Sorgen. Seit einer Weile ist da so eine Schlange hinter mir her, die mich immer wieder anzischt. Ich glaube, sie will uns verführen, die Früchte zu essen. Meistens sieht man sie bei diesem Baum.
Adam: Das ist verdächtig. Sehr komisch.
Eva: Ich glaube, sie will uns dazu verführen, die Früchte zu essen.
Adam: Sicher? Im ernst?
Eva: Ja. Darüber wollte ich mit Dir reden. Ich bin nicht so stark wie Du. Ich habe Angst, dass man mich in einem schwachen Moment verführen könnte.
Adam: Ok. Wir werden etwas tun. Wir finden eine Lösung. Wir müssen uns schützen. Hast Du einen Vorschlag?
Eva: Wir könnten die Schlange fangen und aus unserem Land entfernen.
Adam: Besser wäre es aber, sie irgendwo einzusperren - tiergerecht.
Eva: Aber besser, wenn sie überhaupt nicht mehr da ist.
Adam: Ok. Verstehe. Aber umbringen werden wir sie nicht.
Eva: Nein, das geht nicht. Wir lieben sie ja als Geschöpf Gottes.
Adam: Und wenn wir uns mit ihr anfreunden und mal in Ruhe darüber reden?
Eva: Auf keinen Fall. Sie hat vielleicht eine Ausstrahlung, der wir uns nicht entziehen können. Vielleicht ist sie mächtiger als wir. Vielleicht hypnotisiert sie uns und bringt uns dann dazu, die Früchte gegen unseren Willen zu essen. Und hinterher sind wir dann die Schuldigen und werden bestraft.
Adam: Du hast vollkommen Recht, Eva. Absolut berechtigt. Aber wir müssen uns schützen.
Eva: Wir könnten eine Mauer um den Baum errichten, die so hoch ist, dass wir sie nicht überwinden können.
Adam: Oder noch besser: Wir fällen dem Baum einfach und lassen ihn verrotten. Problem gelöst.
Eva bekommt ein Leuchten in den Augen: Ja Adam! Gute Idee. Auf geht´s!!
Gesagt getan. Tage später liegt der Baum darnieder, die Früchte verrotten. Der Sündenfall fällt damit aus. Adam und Eva sind glücklich und zufrieden. Die Schlange schaut sich das Ganze missmutig an. Sie will etwas sagen, aber Adam und Eva sagen zu ihr: Sei still und zisch ab. Und so geschieht es.
Doch die Sache hat ein Nachspiel.
Gott erscheint und ist entsetzt:
Der schöne Baum. Die guten Früchte. Wieso habt ihr ihn gefällt und verrotten lassen? Hatte ich euch etwa erlaubt, das zu tun?
Adam: Um auszuschließen, dass wir Dein Gebot übertreten. Denn besser verrottet der Baum als dass wir uns vor Dir versündigen und sterben.
Sicher ist sicher. Und Du hattest uns das nicht verboten.
Gott schaut ernst, doch dann lächelt er und klopft den beiden auf die Schulter:
Gut gemacht! Ihr habt recht. Wen interessiert der Baum. Ihr habt die Prüfung bestanden. Da es nun unmöglich geworden ist, mein Gebot zu missachten, werdet ihr und die gesamte Menschheit in Glück und Frieden mit mir leben. Anstatt dem
Sündenfall ist dies der
Tugendfall, an den sich die Menschheit für alle Zeiten erinnern wird.
Und tausende Jahre später noch redet die Menschheit über den "Tugendfall", dem "
Fall des Baumes der Erkenntnis". Das wird dann der erste göttliche Feiertag, einmal im Jahr feiern ihn die Menschen alle zusammen: Den "Tag des Falles des Baumes der Erkenntnis". Das ist dann ein Feiern, ein Singen und Tanzen und Lachen, ein Fest größter Liebe und Freude. Und danken werden die Menschen es Adam und Eva, dass sie den Baum fällten und die Menschheit damit retteten und bewahrten vor dem Bösen.
PeB hat geschrieben: ↑Di 18. Mai 2021, 13:06
Aha. Und der Vorsatz weniger zu kaufen wird von dir eingehalten, während der Vorsatz, weniger zu essen, unmöglich von dir einzuhalten ist?
Was sagt das denn über dich aus?
Es sagt aus, dass ich stark genug bin, dem Drang im Supermarkt zu widerstehen, aber zu schwach, um ihm zu Hause zu widerstehen.
PeB hat geschrieben: ↑Di 18. Mai 2021, 13:06
Oder RICHTIG radikal: ich kaufe die doppelte Menge und stopfe die Schränke damit voll und entschließe mich dennoch, keinen Krümel davon zu essen.
Wenn Du das tust, hast Du es wohl nicht nötig oder Du bist vielleich ein wenig schräg im Denken, weil sich selbst bewusst einer Verführung auszusetzen, der man bislang nicht standhielt, halte ich nicht für sinnvoll oder besonders schlau.
PeB hat geschrieben: ↑Di 18. Mai 2021, 13:06
Vielmehr so:
Gott: Warum hast Du das getan?
Adam: Weil Eva mir die Frucht gab und meinte: Probier mal.
Gott: Du schiebst die Schuld also auf Eva?
Adam: Nein, natürlich nicht. Du wolltest wissen warum. Von allein wäre ich nicht auf die Idee gekommen. Das ist klar. Aber es ist ja offensichtlich, dass ich die Frucht gegessen habe. Leugnen ist zwecklos. Also: Ja, sicher bin ich Schuld. Aber wenn Eva mich nicht dazu aufgefordert hätte. Das ist doch auch wahr, oder nicht?
Gott: also Adam! Ich hatte auch dir zuvor ausdrücklich verboten von der Frucht zu essen. Du kannst dich jetzt nicht damit rausreden, dass Eva dir davon zu kosten gegeben hat. Du hättest meinen Willen kennen müssen...
Adam: Aber ich will mich doch nicht rausreden, Vater. Das ist ein Missverständnis. Sicher habe ich das getan. Ich war´s. Ich bin Schuld. Aber Du wolltest wissen, warum. Ich habe es so verstanden, dass Du wissen wolltest, wie es dazu kam. Also sagte ich es Dir. Bitte vergib mir!