Ja - auch bei den Protestanten und sogar bei Evangelikalen sowie sowieso bei Religions-Neutralen. Das hat damit zu tun, dass hier die Bekanntenkreise von mir und meiner Frau verschmolzen sind.
Missbrauchs-Skandal Köln
Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Du bist auf der falschen Spur. - Mir geht es im Grunde um die Medien und deren Verdummungs-Strategien. - Man hätte die Verfehlungen der Geistlichen und systemische Schwächen dazu in der Kirche (die es durchaus gibt) auch sachlich vermitteln können. - Oder anders gesagt: Man hat das Missbrauchs-Thema benutzt, um den übergeordneten Kulturkampf zwischen modern-säkularer Gesellschaft und traditioneller Geistlichkeit der christlichen Botschaft zu befeuern.
Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Anders gefragt: Wer war der Schuft der deine ehemalige Kirche so hart angepufft?Hiob hat geschrieben: ↑So 4. Apr 2021, 23:46Du bist auf der falschen Spur. - Mir geht es im Grunde um die Medien und deren Verdummungs-Strategien. - Man hätte die Verfehlungen der Geistlichen und systemische Schwächen dazu in der Kirche (die es durchaus gibt) auch sachlich vermitteln können. - Oder anders gesagt: Man hat das Missbrauchs-Thema benutzt........


Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Das ist kein Einzelner, sondern das sind gesellschaftliche Trends. - Wir leben heute in einer Zeit der Ent-Geistlichung, die traditionelle Kirchen zum Feindbild macht, soweit sie sich nicht selber säkularisieren, wie das sehr stark die EKD tut, weshalb sie medial generell stark geschont wird. - Auch im Katholizismus gibt es diese Säkularisierungs-Neigung, weshalb ja mit die größten Schürer bei dem Missbrauchs-Skandal inner-katholische Säkularisierer sind. Dies führt zu einer Situation, wie es vor einigen Jahren bei Christian Wulff war.
Mein persönliches Unbehagen liegt dabei in Mobilisierung der Massen durch mediale Verführung - was ja in unserer Geschichte schon zu ganz schlimmen Dingen geführt hat. Und was in Trump-Zeiten in den USA passiert ist, wissen wir ja alle. - Hier beim Missbrauchs-Skandal sehe ich in einem vergleichsweise kleinen Fall etwas Ähnliches. - Ich mache mir also keine Sorgen um die RKK, sondern um unsere gesellschaftliche Kultur. Wir brauchen kein zweites Trump-Szenario in Deutschland.
Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Gesellschaftliche Trends?


Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Hiob, ich fürchte, du vermischt da einfach zwei Dinge miteinander. Um den Mißbrauch und die dazugehörigen Vorgänge widerlich zu finden braucht es keine Presse, die natürlich durchaus ihr eigenes Süppchen kochen möchte. Auch wenn das eigene Empfinden der öffentlich gemachten Skandalisierung entspricht, braucht dies nicht die Quelle für eine Empförung zu sein, sondern lediglich eine übereinstimmende Sichtweise. Uns als erfolgreich manipulierte Medien-Esel hinzustellen ist daher unseriös, zumal du gar nicht wissen kannst wie der Gebrauch dieser Medien bei uns aussieht.
Und Differenzieren hat ohne Frage auch was mit Relativieren zu tun, wenn es darauf angelegt ist einen 'Verdünnungseffekt' zu erzielen. Das Rezept dazu lautet: Zerlege die Fälle so in Einzelteile, dass sie keinen erkennbaren Zusammenhang mehr haben und neu kategorisiert werden müssen. Wer Unmoral aufgesplittet sehen will, hat Absichten und einen Grund dies zu tun und der ist meiner Ansicht nach bei deiner Argumentation zu sehen.
Ich denke, deine Schilderung der damaligen gesellschaftlichen Vorstellungen stimmen mit den damaligen gesellschaftlichen Vorstellungen nicht überein. Du scheinst zwar Zeitzeuge zu sein, dennoch präsentierst du uns eine eigenwillige Sichtweise auf die Moralvorstellungen, die deinem Argumentationsversuch angepasst zu sein scheint.Das heißt: Bei Kindern über 7 hat man sich erst mal keine großen Gedanken gemacht, was ja weitgehend konform ging mit der Haltung der säkularen Gesellschaft ("Kinder stecken so was leicht weg" - zu ergänzen wäre: "Aber Pfarrer haben gefälligst nicht rumzufingern"). - Ich weiß nicht, wie alt Ihr beiden seid - aber sind Euch diese damaligen gesellschaftlichen Vorstellungen wirklich so fremd?
Was den Status Quo angeht, lieber Timmi, ist den Kirchen seit ca. 2015 insofern geholfen, als dass es seitdem einen kirchenrechtlich verbindlichen Verhaltenskodex gibt, wonach sich - und das ist jetzt kein Witz - Geistliche heute nicht mal mehr trauen, einem Kind die offenen Schnürsenkel zuzubinden. Sie dürfen auch eine suizid-gefährdete Frau nicht mehr in den Arm nehmen. - Manche tun es trotzdem, weil sie sagen: "Das mache ich mich mit Gott aus".
Eben: Manche tun es trotzdem, weil sie sagen: "Das mache ich mich mit Gott aus".
Wenn erst die Angst vor Sanktionierung und Bestrafung einen 'guten Priester' macht, dann stimmt doch etwas nicht. Dieses Klima des Mißtrauens ist einer Glaubensgemeinschaft nicht förderlich und aus Erfahrung ist bekannt, dass Gesetze, Verordnungen und Regeln einen Mißbrauch nicht verhindern - lediglich die Vorsicht und Heimlichkeit wird größer.
Wie käme ich dazu? - Es geht hier um eine historisch gestützte Erklärung. - Oder andersrum: Es kann doch nicht sein, dass man andere Zeiten mit unserem zeitgenössischen Maßstab misst (gilt übrigens auch für Nationalsozialismus).
Indem du die Kirche vor einer gefühlten Fehlbeurteilung retten möchtest.
Und natürlich kann man und sollte es, entgleiste Moralvorstellungen an einem höheren Ethik-und Moralmaßstab messen. Was denn sonst? Der biblische Maßstab sollte gerade in den Kirchen die einzige Richtschnur sein und damit das Maß für richtiges Handeln. Sexueller Mißbrauch von Kindern galt zu allen Zeiten als abscheuliche, verurteilenswerte Tat. Ich denke, du bist da mit diesem Argument auf einem Irrweg.
Ach, dich empört es nicht?Dito. --- Du scheinst auch nicht so ganz frei zu sein von den Wellen unserer Empörungs-Gesellschaft. - Das würde - vollkommen unabhängig vom Thema "Sexualdelikte" (!) - in die Frage führen, ob frühere Generationen schlicht härter im Nehmen waren, weil man in Not lebte, was bis in die 60er hinein der Normalfall war.
Du hälst es für übertrieben und aufgebauscht?
Was bitte hat die Not und die 'angebliche Härte' früherer Generationen damit zu tun, dass Teile der Kirche versagt haben und der Verdacht aufkeimt, dass die Institution an sich, einen Mißbrauch leicht gemacht hat?
Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Nicht doch, Hiob, das sieht mir nach einer gehörigen Schuldverschiebung deinerseits aus. Natürlich ist es skandalös, wie die Presse in einigen Fällen reagiert, die Menschen reagieren aber keineswegs immer medienkonform, sondern nur dort, wo die eigenen Maßstäbe den Schilderungen der Presse entsprechen.Hiob hat geschrieben: ↑Mo 5. Apr 2021, 00:44Das ist kein Einzelner, sondern das sind gesellschaftliche Trends. - Wir leben heute in einer Zeit der Ent-Geistlichung, die traditionelle Kirchen zum Feindbild macht, soweit sie sich nicht selber säkularisieren, wie das sehr stark die EKD tut, weshalb sie medial generell stark geschont wird. - Auch im Katholizismus gibt es diese Säkularisierungs-Neigung, weshalb ja mit die größten Schürer bei dem Missbrauchs-Skandal inner-katholische Säkularisierer sind. Dies führt zu einer Situation, wie es vor einigen Jahren bei Christian Wulff war.
Mein persönliches Unbehagen liegt dabei in Mobilisierung der Massen durch mediale Verführung - was ja in unserer Geschichte schon zu ganz schlimmen Dingen geführt hat. Und was in Trump-Zeiten in den USA passiert ist, wissen wir ja alle. - Hier beim Missbrauchs-Skandal sehe ich in einem vergleichsweise kleinen Fall etwas Ähnliches. - Ich mache mir also keine Sorgen um die RKK, sondern um unsere gesellschaftliche Kultur. Wir brauchen kein zweites Trump-Szenario in Deutschland.
Und wo bitte sind die Schilderungen der Medien falsch? Existiert womöglich gar kein Empörungs-Potential? Jedenfalls möchtest du uns dies anscheinend beibringen, in der Form, dass es sich lediglich um Medien-Kampagnen handelt. Sollte es jemals zu einer Pogrom-Stimmung gegenüber der Kirche kommen, dann doch, weil sie tatsächlich Schuld auf sich geladen hat.
Zuletzt geändert von Timmi am Mo 5. Apr 2021, 13:42, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Das war absehbar - insofern nein. Aber in der Sache war klar, dass dies zu einem langsamen Rückzug der Kirche führen würde. Trotzdem werden die Kirchen immer präsent sein, aber möglicherweise am Ende halt nicht für 80% der Bevölkerung, sondern für 8%. - Das hängt davon ab, wie sich die Weltlage entwickelt: Kommt Not, kommt Kirche.
Um Missbrauch ekelhaft zu finden, braucht es gar nichts - da gibt es in der Bevölkerung einen Konsens von 99,9% (hoffe ich zumindest). - Aber "dazugehörige Vorgänge" erfährt man halt erst über die Medien, und da gibt es halt ziemlich viel Verfälschung.
Das wäre die Vorgehensweise eines Verteidigers vor Gericht. - Hier hat "Differenzieren" etwas zu tun mit: "Wie war es, als es geschah?" (im Gegensatz zu: "Wie möchten wir es heute sehen?").
Gut - da kann man sich jetzt streiten und kommt zu nichts. - Das ist das alte Problem zwischen Zeitzeugen-Sicht und Retrospektive. - Die Retrospektive sagt "Wir sehen das abgeklärt", das Zeitzeugnis sagt "Ich war dabei". - Schwierig. - Übrigens ein großes Thema bei der Bewertung des Nationalsozialismus.
In diesem Fall ist der Grund eine Appeasement-Haltung der Kirchenführung: "Ja nicht der säkularen Übermacht eine Angriffsfläche bieten". Das hat nichts mit internem "Nicht-Stimmen" zu tun.
Natürlich nicht - aber dieses Misstrauen ist doch gerade das Ziel säkularer Kräfte (nicht aller).
Selbst das kann man letztlich nicht verhindern - richtig. - Es wird immer solche Fälle geben, wie die Pädophilie-Skandale im säkularen Bereich zur Zeit zeigen. --- Man kann ganz pragmatisch hinzufügen: Heute ist das allgemeine Sexualbewusstsein so hoch, dass das Umfeld schnell merkt, wenn irgendein Missbrauch gegen den Willen des/der Betroffenen stattfindet. Früher war das ein Taboo-Feld.
Kritisch sehe ich das heute übersteigerte Missbrauchs-Verständnis: Man braucht nur mal einer 8Jährigen an ihren Haarzöpfen zu ziehen und "Hü, hü" zu spielen und schon läuft man Gefahr, in der Tagesschau als neuer Missbrauchsfall gemeldet zu werden. Ich fürchte, dass diese von mir gesehene Gefahr KEINE Übertreibung ist.
Ja - aber das habe ich vor einigen Jahren auch bei Wulff gemacht. Ich hasse es, wenn Masse von oben aufgestachelt wird.
Da musste sich die säkulare Seite in den letzten 75 Jahren mehr entwickeln als die kirchliche. Auf kirchlicher Seite war schon immer die Ehe das einzige Feld, auf der man überhaupt in irgendeiner Form sexuell tätig sein durfte - deshalb die extrem strengen Regeln für Geistliche von je her. -
Das Problem war der mangelhafte Blick auf die Betroffenen. - Man ging bei Vergehen unterhalb von Penetrations-Vergehen säkular wie kirchlich davon aus, "dass Kinder 'so was' leicht wegstecken", "sie sich 'so was' für später aufheben sollten", etc. - Man hat aus Sicht der Kinder "Fingern", "Petting", "Dr-Spiele" nicht als Missbrauch der Kinder, sondern als Vergehen der Täter verstanden. Die Ansage war nicht "Du traumatisierst das Kind", sondern "Das tut man als Erwachsener nicht". - Diese Haltung hat sich erst ab ca. den 80ern gedreht.
Ein Redakteur, der Zugang auch zu anderen Quellen hat, schrieb mir vor einigen Tage: "Das Gutachten von Westpfahl, Spilker, Wastl weist darauf hin, dass in den achtziger Jahren eine Art Debatte über die Folgen von Missbrauch Minderjähriger begann. ... Das war mir neu." - Vorher gab es dazu weder im Säkularen noch im Kirchlichen eine spürbare Sensibilisierung. - Und: Die allermeisten (signifikanten) Fälle in Köln stammen aus dieser Zeit und früher.
Zu Deiner obigen Aussage: Die "Ethik- und Moral-Maßstäbe" waren und sind auch heute bei der Kirche extrem höher als im säkularen Bereich. Das Problem war die einseitige Fokussierung auf die Täter und das Nicht-Erkennen der Betroffenen als Opfer (aus oben genannten Gründen).
Zuletzt geändert von Hiob am Mo 5. Apr 2021, 12:06, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Missbrauchs-Skandal Köln
Das galt für das, was man damals als "Missbrauch" verstand, genauso - aber man hat damit eben nicht bereits "Verbale Grenzverletzungen" gemeint, sondern Penetration von Wehrlosen und in Teilbereichen das, was man heute "mittelschweren Missbrauch" (also manuelle sexuelle Handlungen) nennt. - Der Begriff "Missbrauch" wurde ganz anders kalibiriert als heute. - Insofern ist es unseriös, die heutige Bandbreite von "Missbrauch" auf eine Zeit zu übertragen, in der es diese Bandbreite nicht gab. - Nochmals: Die Kölner Akten gibt es nur deshalb, weil Geistliche NICHTs, aber auch gar nichts tun dürfen, was irgendwie sexuell ist - nicht wegen der Betroffenen, es sei denn, es waren schwerere Fälle.
Empörung ist heute eine Synonym für Egotrip.
Auf medialer Ebene auf jeden Fall - und "das Volk" hat halt nichts anderes. - Wenn ein Geistlicher seine Gemeinde verliert, weil er mal die Sakristeitür mit dem SChuh halber zugehalten hat und eine 10 oder 12Jährige "angefasst" hat (also nicht an Geschlechtsteilen berührt hat, sondern so, wie ich das wahrscheinlich bei Enkeln mache), und die Nation schreit heiser "Missbrauch", dann ist etwas übertrieben und aufgebauscht. - Umgekehrt sehe ich ein Problem: Durch die verrückte Ausweitung des Missbrauchs-Delikts auf "Verbale Grenzverletzung" o.ä. wird ECHTER Missbrauch gnadenlos verharmlost. Es wird so weit kommen, dass viele Menschen beim Wort "Missbrauch" abwinken, wenn dieser mediale Hype mal vorbei ist, weil sie sich denken "Das ist eh nur wieder so was Lächerliches". - Man bedenke immer das Zurückschlagen des Pendels.
Das hat insofern damit was zu tun, dass die gesamte Gesellschaft diesbezüglich - zu Recht oder zu Unrecht - weit robuster gedacht hat als heute. - Man hat zwar die Täter gesellschaftlich geächtet ("So was macht ein gesunder Erwachsener nicht") - man hat sie sogar mehr geächtet als heute, indem man sie kommentarlos in die Ecke geschoben hat, statt sie zu therapieren. Aber in Bezug auf die Betroffenen war die Toleranzschwelle weit höher als heute - und das war bei den Kirchen, deren Menschen ja ebenfalls aus dieser Gesellschaft kamen, nicht viel anders.
Insofern sind wir uns doch einig, dass sich hier einiges positiv entwickelt hat. Das Thema Sexualität wurde ent-tabooisiert, man hat öffentlich darüber gesprochen, etc. Wenn ich den Umgang der Generation meiner Kinder mit Sexualität anschaue (absolut frei, aber in der PRaxis trotzdem nicht hedonistisch) und dies mit "Dr. Kolle" in denh 60er Jahren vergleiche: Da liegen Welten dazwischen - man möchte meinen, dass es Jahrhunderte sind, aber es sind nur gut 50 jahre.
Das ist de facto ein Zirkelschluss, weil die "eigenen Maßstäbe" in der Regel medial entstehen. - Das, was wir heute als "politisch korrekt" bezeichnen, gäbe es nicht, wenn es nicht nachhaltig medial vermittelt werden würde.
Genau das ist NICHT der Grund für Pogrome. - Pogrome bedienen sich eines Nukleus, der hier in der Tat da ist (es gab Missbräuche), aber dieser Nukleus ist Anlass/Vorwand für ein Größeres.
Das Größere ist hier, dass unsere Gesellschaft sich seit ein paar Generationen ent-geistlicht, so dass überhaupt nicht mehr verstanden wird, was eine geistliche Institution eigentlich soll. Dazu kommen heftige säkulare und inner-kirchliche Bestrebungen, Kirche zu säkularisieren: "Du, Kirche, sollst Öl im säkularen Moral-System sein". Das ist ein echter Kulturkampf. - Der Missbrauchs-Skandal ist ein selbstverständlich aus sich selbst heraus bestehender Skandal, dessen Größenordnung im Gercke-Gutachten sachlich festgestellt wird - und durchaus nicht schonend. Aber er ist nicht das, was medial und somit gesellschaftlich daraus gemacht wird - da steht Größeres dahinter.