Logik und Erkenntnis

Philosophisches zum Nachdenken
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Oleander
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Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von Oleander »

SilverBullet hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 12:47 Problematisch wird es, wenn du für deine Fiktion den Anspruch erhebst, als hättest du hierbei festgestellt "was der Fall ist".
Du musst dich an dieser Stelle selbst am Kragen packen....
Muss das nicht jeder, der sein Vertrauen auf xxx setzt ?
Worauf vertraust du so und meinst, es wäre Tatsache, obwohl es nicht nachweisbar ist?
Vertraust du nicht auch ab und wann auf die Aussagen anderer? :)
Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben ...
Hiob
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Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von Hiob »

SilverBullet hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 12:47 Wenn wir meine Beispiele auf den Punkt bringen, stimmst du mir zu, dass es um Tatsachen geht.
Praktisch gesehen und in allgemeiner Redensart ja. Der Punkt bei Dir ist, dass Du dieses verabsolutierst, was ich aus kategorialen Gründen nicht gutheißen kann. Für Dich ist "Tatsache", dass Raps gelb ist - pragmatisch stimme ich Dir zu. Ontisch sage ich dagegen, dass Sonnenblumen so gemacht sind, dass sie unserem Auge als gelb erscheinen, was bei einem Frosch ganz anders sein kann. Die Lichtwellen der Sonnenblume sind zwar beim Menschen und beim Frosch gleich lang, aber auf Erscheinungs-Ebene können sie gelb oder vielleicht ultraviolett sein. Auf der "Erscheinungsebene beim durchschnittlichen Menschen" gebe ich Dir deshalb recht, aber ontisch ist die Aussage "Sonnenblumen 'sind' gelb" falsch, sondern müsste heißen "Sonnenblumen sind normalerweise im Auge des Menschen gelb". Wenn Du letzteres als "Tatsache" bezeichnest, kann man das tun - dies ist die pragmatische Ebene. Dies aber ist ganz und gar nicht absolut, was Du aber postulierst.
Traja

Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von Traja »

sagen wir mal so, prämissen, axiome, analogien etc. sind keine tatsachen, punkt...aber auch keine fiktionen :D

und für farbenblinde ist raps natürlich nicht gelb :mrgreen:
Hiob
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Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von Hiob »

Paul hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 22:43 für farbenblinde ist raps natürlich nicht gelb
Eben - trotzdem ist das Sein dessen, das den Nicht-Farbenblinden "gelb" sehen läßt und den Farbenblinden "weiß der Kuckuck was", dasselbe UND eine Tatsache.

Ontische Tatsachen haben es an sich, dass man sie in ihrem Wesen nicht erkennt, sondern nur deren Wirkung auf uns, egal ob man farbenblind ist oder nicht. Das ist genauso in der Theologie.
Traja

Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von Traja »

bei kant auch :D

ps

wollte man das ding an sich, was ja ein analogon für die vielzitierten tatsachen hier wär, mit tatsachen an sich gleichsetzen, handelt man sich ärger mit gödel ein :lol:
SilverBullet
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Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von SilverBullet »

Oleander hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 13:34Muss das nicht jeder, der sein Vertrauen auf xxx setzt ?
Ich möchte mich hier nur auf Weltbilder beschränken und dort sollte man schon so nach und nach sauber mit Tatsachen umgehen.
SilverBullet
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Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von SilverBullet »

Hiob hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 21:21Für Dich ist "Tatsache", dass Raps gelb ist
Nein, das ist für mich nicht Tatsache.

Dein Problem ist nach wie vor, dass du aus deiner Fiktion heraus, also aus deinen "Ebenen/Kategorien" heraus, urteilst.
Du versuchst dann meine Aussagen in deiner Fiktion zu deuten - was aber natürlich nicht funktioniert.

Aus meinen Beiträgen sollte dir deutlich geworden sein, dass ich noch nicht einmal den Objektstatus von Raps als Tatsache einstufe, sondern lediglich den Umstand, dass ein Mensch bei seiner Wahrnehmung die Effekte der Welt in "Objekte" gruppiert.
Wenn ich aber noch nicht einmal die Objekteinteilung als Existenz-Tatsache zulasse, werde ich wohl kaum zu "Raps ist gelb" kommen können.

Rund um die Wahrnehmungsszene "gelber Raps wird gesehen" ist nur die Überzeugung (Reaktion) vom Gelben-Raps-Sehen eine Tatsache, mehr nicht.
Dir ist bekannt, dass ich oft auf die "schrägen Linien" verweise und dort insbesondere darauf, dass es die "lange Schräge" nicht gibt.
Mit dem, was du mir bei "Raps ist gelb" unterstellst, passt das nicht zusammen.

Ich habe das (glaube ich) ziemlich am Anfang meiner Beiträge (hier im Thread) geschrieben, dass wir durch Introspektive, Tatsachen nur in Bezug zu unserer Reaktion feststellen können, nicht in Bezug auf die Inhalte.
D.h. meine Überzeugungen, dass ich die Welt in Objekte einteile, dass ich gelben Raps sehe, sind Tatsachen und es sind auch (wirkliche) Reaktionen in der Welt.
Die Inhalte jedoch, also die Existenz von einzelnen Objekten und die Existenz von "gelb" sind keine Tatsachen.
=> Du siehst, ich kann "Raps ist gelb" nicht als Existenz-Tatsache ansehen.
Hiob hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 21:21Die Lichtwellen der Sonnenblume sind zwar beim Menschen und beim Frosch gleich lang, aber auf Erscheinungs-Ebene können sie gelb oder vielleicht ultraviolett sein.
Nein, wir sehen keine Lichtstrahlen und Lichtstrahlen sind nicht "Farbe".

Beim Menschen kommt es an der Netzhaut zu Einwirkungen.
In seiner Wahrnehmung geht ein Mensch plausibel mit dieser Einwirkung um, wobei sozusagen vom System "Mensch" darauf geschlossen wird, was die Einwirkung auslösen könnte.
In der Gesamtkonstellation (und der Mensch ist dabei mit seinen eigenen Zusammenhängen auch enthalten) reagiert er mit der Überzeugung "eine konkret farbige Oberfläche zu sehen".
(Ist damit die "farbige Oberfläche" als "ganzes Ding" eine Tatsache? Nein)

Beim Schliessen auf den Auslöser kommt der Mensch nicht an die Lichtstrahlen heran, weil es mit Lichtstrahlen keine Interaktion gibt.
In der Folge wird "Sehen" als Fernwahrnehmung eingestuft, obwohl über die Lichtstrahlung durchaus ein unmittelbarer Kontakt vorliegt.

Entscheidend ist (und das ist dein Fehler), dass der Mensch bei diesem Schliessen, keine Unabhängigkeit zur Welt darstellt, sondern Teil der Welt ist.
In der Folge wählt der Mensch seine Reaktion nicht frei aus, sondern sie läuft in der Welt und durch die Welt ab.

Der Mensch ist somit durchaus in der Lage, Tatsachen in Bezug auf die Welt zu erkennen, denn es ist ja die Welt, die seine Reaktion stattfinden lässt.
Wichtig ist aber, dass man genau identifiziert, worin die Tatsache besteht.
Hiob hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 21:21Auf der "Erscheinungsebene beim durchschnittlichen Menschen" gebe ich Dir deshalb recht
Ich kann mit dieser Zustimmung nicht viel anfangen, denn "Erscheinungsebene" ist keine Tatsache und ich verwende solche Ebenen-Einteilungen nicht.

Das Wort "Erscheinung" ist doch im Grunde bereits der Entwurf, dass der Mensch separat zur Welt steht und die Welt präsentiert bekommt.
Das geht mir viel zu weit.
Hiob hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 21:21Dies aber ist ganz und gar nicht absolut, was Du aber postulierst.
Ist dir nun klar geworden, dass ich das nicht mache?
Hiob
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Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von Hiob »

SilverBullet hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 11:08 Nein, das ist für mich nicht Tatsache.
Halten wir fest: Es ist für Dich KEINE Tatsache, dass Raps gelb blüht. PRagmatisch würde ich hier in der Tat von "Tatsache" sprechen.
SilverBullet hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 11:08 Rund um die Wahrnehmungsszene "gelber Raps wird gesehen" ist nur die Überzeugung (Reaktion) vom Gelben-Raps-Sehen eine Tatsache
OK - das heißt jetzt aber schon, dass Du "Tatsache" komplett individualisierst.

SilverBullet hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 11:08 Nein, wir sehen keine Lichtstrahlen und Lichtstrahlen sind nicht "Farbe".
Meine Rede. Wieso sagst Du "nein"?
SilverBullet hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 11:08 dass du aus deiner Fiktion heraus
Du hast ein merkwürdiges Verständnis von "Fiktion". Ist Dir klar, dass Du eine semantisch exklusiv besetzte Sondersprache benutzt?
SilverBullet hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 11:08 Ich kann mit dieser Zustimmung nicht viel anfangen, denn "Erscheinungsebene" ist keine Tatsache
Dann wären auch Ergebnisse der Naturwissenschaften keine "Tatsachen" - meinst Du es so?
SilverBullet hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 11:08Ist dir nun klar geworden, dass ich das nicht mache?
Das, was Du in Deiner Sprache "Tatsache" nennst ist weder pragmatisch noch ontisch, sondern irgendwo dazwischen?
Traja

Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von Traja »

Hiob hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 23:18
Paul hat geschrieben: Di 30. Mai 2023, 22:43 für farbenblinde ist raps natürlich nicht gelb
Eben - trotzdem ist das Sein dessen, das den Nicht-Farbenblinden "gelb" sehen läßt und den Farbenblinden "weiß der Kuckuck was", dasselbe UND eine Tatsache.

Ontische Tatsachen haben es an sich, dass man sie in ihrem Wesen nicht erkennt, sondern nur deren Wirkung auf uns, egal ob man farbenblind ist oder nicht. Das ist genauso in der Theologie.
richtig, das instrumentarium, ontische tatsachen/das ding an sich zu erkennen ist uns einfach nicht gegeben...die verschiedenen sinne sind ein ergebniss der anpassung an die umwelt, in erster linie dienen sie dem überleben des organismus...

What Is It Like to Be a Bat?

natürlich ist der mensch in der welt...um voraussetzungsfrei tatsachen in der welt zu detektieren müsste er aber imho ausser der welt sein...oder um es mit gödel zu sagen, sogar hinreichend mächtige formale systeme sind unvollständig hinsichtlich des anspruchs, alle tatsachen innerhalb ihrer selbst festzustellen...das alte dilemma, wenn unser gehirn so einfach wäre, dass wir es verstehen könnten, dann wären wir so dumm, dass wir es doch nicht verstehen würden
SilverBullet
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Re: Logik und Erkenntnis

Beitrag von SilverBullet »

Hiob hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 16:15Halten wir fest: Es ist für Dich KEINE Tatsache, dass Raps gelb blüht.
Genau, denn ansonsten würde ich ja das Vorliegen einer Objekt-Existenz ("Raps") samt dem Vorliegen einer Farb-Existenz ("gelb") behaupten.
An dieses Vorliegen komme ich aber keinen Millimeter heran.
Hiob hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 16:15PRagmatisch würde ich hier in der Tat von "Tatsache" sprechen.
Da kommt jetzt der poetische Charakter von Sprache herein, denn mit "Raps ist gelb" kann ein Sprecher genauso auf den Aufbau der Überzeugung abzielen (Motto: "du siehst doch auch den Raps gelb").
Wenn zwei Menschen die Überzeugung von Gelben-Raps-Sehen durchlaufen, dann ist die Ähnlichkeit dieser Reaktionen wieder eine Tatsache.
Hiob hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 16:15OK - das heißt jetzt aber schon, dass Du "Tatsache" komplett individualisierst.
Nun, "individualisiert" nur dahingehend, dass über die Welt in jedem Menschen einzeln eine Reaktionseinschränkung (also eine Auswirkung von Umständen, die wir als Tatsache bezeichnen) vorkommt.
Sprich: wenn mir Umstände vorliegen, die mich einschränken, könnten diese Umstände dir gar nicht oder zu einem anderen Zeitpunkt vorliegen.
Genauso könnten wir z.B. beide gleichzeitig versuchen, durch einen Tisch durchzugehen, wobei wir beide scheitern und dieses Scheitern als Tatsache ansprechen.
Es ist aber nicht dasselbe Scheitern (insofern "individuell") - dennoch können wir auf das Prinzip dieses Scheiterns abstrahieren und dadurch eine Verwaltungs-Vereinheitlichung erreichen.
Wir stehen damit vor "derselben Tatsache".
Hiob hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 16:15Meine Rede. Wieso sagst Du "nein"?
Du hast es peotisch ausgedrückt über "Lichtwellen können gelb sein" (so formulieren übrigens Physiker auch gerne).
Lichtwellen sind zu keiner Zeit eine Farbe.
In unsreer Überzeugung ordnen wir Farbe der Oberfläche zu, nicht den Lichtstrahlen oder den Lichtwellen.
Wir sind ganz klar der Überzeugung, dass Farbe zum jeweiligen Objekt gehört und auch beim Objekt ist.
Hiob hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 16:15Dann wären auch Ergebnisse der Naturwissenschaften keine "Tatsachen" - meinst Du es so?
Nein, ich meine es so, dass der Mensch in der Welt ist und nicht ein unbekanntes Etwas, das einer Erscheinungsleinwand gegenübersteht.
(treibt man diese Erscheinungsidee zu weit, dann behaupten die Anhänger gerne mal drei Existenzebenen: "den Menschen", "die Erscheinung" und "die Welt ans sich")

Farben sind keine Erscheinung, sondern es funktioniert anders:
die Überzeugung "eine farbige Oberfläche zu sehen" ist in Bezug zu der Gesamtheit der vorliegenden Umstände (und da gehört der Mensch samt seiner Augen-, seiner Körperhaltung und seinem Fähigkeitsraum mit dazu) korrekt.
Wenn man nun die Umstände verringert, indem man den Fokus nur auf die jeweilige Oberfläche konzentriert (und über Messgeräte und Experimente analysiert), also den Menschen explizit herausnimmt, dann ist "Farbe" nirgendwo feststellbar.
Das ist dadurch erklärbar, dass es "Farbe" nicht gibt, sondern nur die Überzeugung vom "Farbe sehen" stattfindet.
Hiob hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 16:15Du hast ein merkwürdiges Verständnis von "Fiktion". Ist Dir klar, dass Du eine semantisch exklusiv besetzte Sondersprache benutzt?
Ich habe den Begriff ja bereits begründet und stelle die Gegenfrage:
wenn du eine Grundlagenerklärung zur Realität erfindest und keine Ahnung hast, ob diese zutrifft oder nicht, weshalb möchtest du dann eine höhere Qualitätsstufe als "Fiktion" vergeben, wenn es doch bei einem Scheitern kompletter Mist ist?
Hiob hat geschrieben: Mi 31. Mai 2023, 16:15Das, was Du in Deiner Sprache "Tatsache" nennst ist weder pragmatisch noch ontisch, sondern irgendwo dazwischen?
Du darfst nicht vergessen, dass du mir bei all meinen Tatsachen-Beispielen zustimmst.

Wie ich geschrieben habe: Tatsache ist das Vorliegen von Umständen, die meine Reaktion einschränken.
Zu einer Tatsache lässt sich keine andere Überzeugung aufbauen.
Versuch durch einen Tisch zu gehen und du hast die Tatsache, zu der du keine andere Überzeugung aufbauen kannst, direkt vor.

Mit diesem Eindeutigkeits-Charakter wenden wir uns auch anderen Menschen zu und demonstrieren regelrecht den Tatsachencharakter - alles nach dem Motto: "hier kann man nicht anders reagieren".
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