Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite I

Politik und Weltgeschehen
Spice
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Spice »

Johncom hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 17:06
Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 07:29 Putin hat alle staatsunabhängigen Sender und Presseorgane abgeschafft und seinen größten Herausforderer Nawalny erst vergiftet und jetzt in die Verbannung, weit weg von allen Menschen geschickt.
Über die Presse-Zensur in Russland weiß ich wenig,
Das ist wirklich schade. Denn darüber muss man bescheid wissen, um ein relativ zutreffendes Bild über das Russland unter Putin zu bekommen.
Nawalny ist in Russland nicht gerade populär. Seine Äußerungen in Russland wären hier in Deutschland Volksverhetzung.
Nicht populär? Er ist der populärste Opositionspolitiker und wurde deshalb von Putin kaltgestellt.
Nawalny vergiftet?
Ja, Johncom, wenn man das nicht einmal weiß, dann muss ja das Bild über Russland schief sein. Er wurde 2020 mit dem Nervenkampfstoff Novitchok vergiftet und durch das Bemühen seiner Familie in der Berliner Charite behandelt. Nach seiner Rückkehr nach Russland wurde er mit fadenscheiniger Begründung verhaftet und ist bis jetzt in Haft. Das gleich Gift verwendete der russische Geheimdienst ebenso zur Tötung übergelaufener Spione und des Georgiers Selimchan Changoschwili im Berliner Tiergarten.
Hiob
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 13:45 Das wird explizit erlaubt
Da steht was von "Deutschen Streitkräften" (also Bundeswehr), aber nichts von NATO. Meines Wissens dürfen auf ehemals DDR-Gebiet keine NATO-Aktivitäten stattfinden.
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 13:45 Aber ja, vielleicht haben sie in ihrer Hybris nicht geglaubt, dass die Sowjetunion so schnell zusammenbrechen könnte.
Gut möglich. Man hat etwas gesagt, was man nicht gemeint hat (manche sagen dazu "Lüge"), weil man gehofft hat, dass die Russland auf Dauer zu schwach bliebe, um etwas dagegen zu setzen.
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 13:45 Eurasianismus würde nur funktionieren mit Führern, die globaler denken, ja, und nicht kleinlich irgendwelchen revanchistischen Ideologien anhängen
Ich würde die (USA-)westliche Ideologie nicht unbedingt als revanchistisch bezeichnen, ihr aber unterstellen, dass sie in Sachen "Eurasianismus" überhaupt nicht global denken WILL - das ginge gegen die eigenen Interessen.
Spice
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 11:46
Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 11:34 Woher sollen also Russen ihre Infos beziehen?
Natürlich gibt es da Lücken. Andererseits: Meinst Du, dass der durchschnittliche Deutscher seine Meinung qualifizierter ermittelt als ein Russe?
Wer unsere Medien nutzt, ist in der Regel gut informiert. Diese Möglichkeit haben Russen generell nicht. Dass hie nun natürlich auch der größte Unsinn blüht, sieht man, wenn man sich die Verschwörungsleute anschaut oder diejenigen, die Russland als das demokratischere Land ansehen.
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Johncom
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Johncom »

Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 17:23 Ja, Johncom, wenn man das nicht einmal weiß, dann muss ja das Bild über Russland schief sein. Er wurde 2020 mit dem Nervenkampfstoff Novitchok vergiftet und durch das Bemühen seiner Familie in der Berliner Charite behandelt. Nach seiner Rückkehr nach Russland wurde er mit fadenscheiniger Begründung verhaftet und ist bis jetzt in Haft.
Er wusste, dass er rechtmäßig (oder nicht) verhaftet würde und flog nach Moskau zurück. Zuvor hatte er unerkannt bei mir um die Ecke in einem Filmstudio eine Doku produziert, die "Putins Reichtümer" beweisen sollte, das Geld kam aus den USA. Der Film floppte, der im Film präsentierte Palast war ein Hotel . innen noch alles Baustelle.
Ja, die Vergiftung wurde von einem " Speziallabor der Bundeswehr" bestätigt, alles klar.

Dann fragt man sich warum die Russen nicht mal eine tödliche Vergiftung schaffen, den Patienten nach Berlin fliegen lassen
.. also eine typisch Einheitsmedien-Darstellung, und das bringt zurück zu der Frage warum
unsere Presse so viel Glaubwürdigkeit verloren hat.

Aber sicher sind die Russen gegenüber ihren Medien genauso kritisch. Aber sie wissen mehr über den Westen als wir über sie. Ständig zitiert das Staatsfernsehen westliche Medien wörtlich. Und macht sie dann an den Faktencheck.
Für die deutschen Leser übersetzt Thomas Röper regelmässig:

:arrow: https://www.anti-spiegel.ru/2023/das-ru ... und-biden/
Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 18:21 Wer unsere Medien nutzt, ist in der Regel gut informiert.
Über Sachthemen durchaus, aber nicht über Themen weltanschaulicher Natur. Verursacht haben dies weitgehend die Medien selbst, die unter dem euphemisierenden Namen "Haltungsjournalismus" der Gesinnung ihrer Journalisten einen Freibrief ausgestellt haben. Das Problem: Diese ziemlich homogene Gesinnung deckt bei weitem nicht Meinungsspektrum und Lebenswirklichkeit der Bevölkerung ab und führt gelegentlich zu frontaler Desinformation.
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Johncom
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Johncom »

Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 18:21 Wer unsere Medien nutzt, ist in der Regel gut informiert. Diese Möglichkeit haben Russen generell nicht. Dass hie nun natürlich auch der größte Unsinn blüht, sieht man, wenn man sich die Verschwörungsleute anschaut oder diejenigen, die Russland als das demokratischere Land ansehen.
Ich kenne niemanden, der Russland als das demokratischere Land ansieht.

Aber für manche hier wäre es mal sinnvoll, sich auf die Couch zu legen und einem Experten zu erklären, was er unter Demokratie versteht. Wo er sie erlebt, wie er an ihr teilnimmt und wo er bestätigen kann, dass die Macht vom Volk ausgeht.
Die Menschen in Deutschland vertrauen der Demokratie einer Umfrage zufolge immer weniger. Das geht aus einer Befragung im Auftrag der Körber-Stiftung in Hamburg hervor. Demnach gaben in diesem Sommer mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) an, weniger großes oder geringes Vertrauen in die deutsche Demokratie zu haben. Im Herbst 2021 war es hingegen erst knapp ein Drittel.
https://www.zeit.de/politik/deutschland ... demokratie
Die Informierten lesen unsere Medien sowie ausländische und alternative Medien.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 17:53
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 13:45 Das wird explizit erlaubt
Da steht was von "Deutschen Streitkräften" (also Bundeswehr), aber nichts von NATO.
Ich hab den entscheidenden Part nochmal extra rot markiert für Dich:
Zwei-plus-Vier-Vertrag, Artikel 5 Absatz 3 hat geschrieben:Nach dem Abschluß des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins können in diesem Teil Deutschlands auch deutsche Streitkräfteverbände stationiert werden, die in gleicher Weise militärischen Bündnisstrukturen zugeordnet sind wie diejenigen auf dem übrigen deutschen Hoheitsgebiet, allerdings ohne Kernwaffenträger.
Die "militärischen Bündnisstrukturen" für den West-Teil ist NATO.
Hiob hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 17:53Meines Wissens dürfen auf ehemals DDR-Gebiet keine NATO-Aktivitäten stattfinden.
Solange keine ausländischen Truppen beteiligt sind, schon.
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 13:45 Eurasianismus würde nur funktionieren mit Führern, die globaler denken, ja, und nicht kleinlich irgendwelchen revanchistischen Ideologien anhängen
Ich würde die (USA-)westliche Ideologie nicht unbedingt als revanchistisch bezeichnen, ihr aber unterstellen, dass sie in Sachen "Eurasianismus" überhaupt nicht global denken WILL - das ginge gegen die eigenen Interessen.
Ich hab hier jemand anderen gemeint. :lol:
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 21:09 Die "militärischen Bündnisstrukturen" für den West-Teil ist NATO.
Das könnte ein weiterer Fall dafür sein, etwas so auszudrücken, dass beide Seiten, das hineinlesen können, was sie wollen. Was ist damit gemeint? (Ich weiß es nicht)

1) NATO-Streitkräfte dürfen stationiert werden?
2) Oder militärische Kräfte, die im Westen Deutschlands der NATO dienen, können im Osten Deutschlands eingesetzt werden, ohne dabei NATO-Aufgaben zu verrichten? (Claymore ist Soldat der Bundeswehr und darf im Westen eine NATO-Uniform anziehen, muss sie aber ausziehen, sobald er die Grenze zum Osten überschreitet).
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 21:09 Solange keine ausländischen Truppen beteiligt sind, schon.
Gibt es Fälle, dass Deutschland allein NATO-Aufgaben übernommen hat?

Wie passt das alles zusammen? Siehe auch das bereits zitierte Folgende:
Hiob hat geschrieben: Mo 25. Dez 2023, 19:42 "Am 2. Februar 1990 traten sie <Baker und Genscher> in Washington vor die Presse. Genscher sagte: “Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR […], sondern das gilt ganz generell.“ (The Years of Change 1989-1991, Bundeszentrale für Politische Bildung
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 21:09 Ich hab hier jemand anderen gemeint.
War mir schon klar. Aber kommt so viel anderes raus, wenn man es umdreht?
Claymore
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Claymore »

Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 18:21
Hiob hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 11:46
Spice hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 11:34 Woher sollen also Russen ihre Infos beziehen?
Natürlich gibt es da Lücken. Andererseits: Meinst Du, dass der durchschnittliche Deutscher seine Meinung qualifizierter ermittelt als ein Russe?
Wer unsere Medien nutzt, ist in der Regel gut informiert. Diese Möglichkeit haben Russen generell nicht. Dass hie nun natürlich auch der größte Unsinn blüht, sieht man, wenn man sich die Verschwörungsleute anschaut oder diejenigen, die Russland als das demokratischere Land ansehen.
So ziemlich alles ist besser als RT, das ist klar. RT und Konsorten (Sputnik, ...) sind einfach nicht ernst zu nehmen. Da kommt nichts weiter als ungefilterte pro-Kreml Falschmeldungen. Das Einzige, was ich RT glauben würde, wäre der Wetterbericht. Wobei, nein, noch nicht mal das. :lol:

Allerdings mutiert im Westen so langsam jede journalistische Darstellungsform jenseits des reinen Berichtes zu "Aktivismus". Dieser Artikel über den ehemaligen Leuchtturm, die New York Times, ist sehr empfehlenswert, leider in Englisch. "Ein Journalismus, der davon ausgeht, die Antworten zu kennen, kann weitaus weniger wertvoll für den Leser sein, als ein Journalismus, der mit dem demütigenden Bewusstsein beginnt, nichts zu wissen". Ist aufgrund der Länge was für einen regnerischen Sonntag.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 21:34
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 21:09 Die "militärischen Bündnisstrukturen" für den West-Teil ist NATO.
Das könnte ein weiterer Fall dafür sein, etwas so auszudrücken, dass beide Seiten, das hineinlesen können, was sie wollen. Was ist damit gemeint? (Ich weiß es nicht)

1) NATO-Streitkräfte dürfen stationiert werden?
2) Oder militärische Kräfte, die im Westen Deutschlands der NATO dienen, können im Osten Deutschlands eingesetzt werden, ohne dabei NATO-Aufgaben zu verrichten? (Claymore ist Soldat der Bundeswehr und darf im Westen eine NATO-Uniform anziehen, muss sie aber ausziehen, sobald er die Grenze zum Osten überschreitet).
Claymore hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 21:09 Solange keine ausländischen Truppen beteiligt sind, schon.
Gibt es Fälle, dass Deutschland allein NATO-Aufgaben übernommen hat?
NATO-Manöver wurden auch schon in Ostdeutschland abgehalten, das erste 1995 (als die Ostblock-Staaten noch lange nicht Mitglied der NATO waren), nur halt ohne ausländische Truppen. Oder für NATO-Manöver in der Ostsee laufen Schiffe aus den ostdeutschen Häfen aus etc.

Also wurde es wie 1) interpretiert. Und wenn's anders gemeint war, warum steht da explizit "in gleicher Weise militärischen Bündnisstrukturen zugeordnet", mmh?

Wenn diese drei Worte "in gleicher Weise" fehlen würden, wäre 2) vielleicht eine Option. Aber so nicht.
Hiob hat geschrieben: Di 26. Dez 2023, 21:34 Wie passt das alles zusammen? Siehe auch das bereits zitierte Folgende:
Hiob hat geschrieben: Mo 25. Dez 2023, 19:42 "Am 2. Februar 1990 traten sie <Baker und Genscher> in Washington vor die Presse. Genscher sagte: “Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR […], sondern das gilt ganz generell.“ (The Years of Change 1989-1991, Bundeszentrale für Politische Bildung
Also hat er das vor dem Abschluss des Vertrags gesagt, tja. Wäre sehr viel bedeutender, wenn er's danach gesagt hätte - dann wäre es nämlich wenigstens seine Interpretation des Vertrages gewesen. So war es nur seine persönliche Einstellung, was er persönlich für Kompromisse akzeptieren würde und wie er die Sache regeln wollte. Er hatte sie aber nicht allein zu entscheiden. Der Widerspruch ist also schnell aufgelöst.

Das Problem ist generell, dass damals sehr viel gesagt wurde, aber das allermeiste davon nie mehr war als nur persönliche Meinungen, Visionen, Ideen und Hoffnungen der beteiligten Politiker. Diese Zitate werden dann aus dem Kontext gerissen und suggeriert, es handle sich um ernsthafte, konkrete Vorschläge oder gar Zugeständnisse und Versprechen.

Das ist auch die Methode Drewermann, der behauptet, ein Vertrag über "eine demilitarisierte Zone vom Atlantik bis zum Ural" hätte schon auf dem Tisch gelegen und man hätte nur noch ja dazu sagen müssen.

Die gemeinsame Faktenbasis erodiert zunehmend, freundlich formuliert. Ich halte sie aber für extrem wichtig, denn sonst geht wirklich gar nichts mehr.
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