Paul hat geschrieben: ↑Mo 5. Apr 2021, 13:32
es stellt sich die frage, inwieweit die rkk dieses darstellen kann, wenn sie sich nicht auf ihre eigenen werte beruft
Das ist das eigentliche Problem - bzw.: Das wird zum Problem, wenn man "Bote" und "Botschaft" nicht kategorial trennt. - Ein humoriges Beispiel:
Stelle Dir einen Nobelpreisträger vor, der ganz neue und bahnbrechende Formeln gefunden hat, der aber auch ab und zu nachts ins Bordell geht. Jetzt kommt er um 3 Uhr aus dem Bordell raus und stellt fest: "Nanu, ich dachte, ich hätte nur 100 Euro ausgegeben, da fehlen ja 1.000 Euro in meinem Geldbeutel". - Unser "Zeitgeist" reagiert dann üblicherweise folgendermaßen: "Wenn der nicht mal seinen Geldbeutel im Griff hat, kann er kein guter Mathematiker sein. Seine Formeln sind also vermutlich Fake - wir bashen ihn jetzt so lange, bis er den Nobelpreis aberkannt bekommt".
Das heißt: Unsere Gesellschaft hat sich angewöhnt, mangels Beschäftigung in der Substanz ("Was sind das für Formeln?"/"Was sagt die Kirche eigentlich?") nach Unglaubwürdigkeiten auf ganz anderer Ebene zu suchen, um damit die Substanz ("Formel"/"christliche Botschaft") abzusägen. - Zu meiner Zeit war das wirklich anders: Da haben die Intellektuellen ihren Marx oder Hegel von A bis Z durchgeackert, um dann damit zu argumentieren (manchmal auch falsch zu argumentieren - aber man hat mit der Substanz gearbeitet) - so wie ich jetzt knapp 900 Seiten Gercke-Gutachten durchgeackert habe, weil ich es einfach kann, weil wir es gelernt haben. - Heute nennt man sich "Akademiker", wenn man das durchgeschrubbt hat, was wir früher "Grundstudium", also Vorbereitung auf ein "richtiges" Studium, genannt haben. So gesehen hätte ich heute 6 Bachelors und 2 Masters - die Bachelors nannten wir "Studium Generale", also in verschiedene Fakultäten mal reinschauen, was aber wahrhaft nicht hinreichend war, um von einem "Akademiker-Grad" zu sprechen.
Mit anderen Worten: Die Menschen incl. der meisten, die sich Akademiker oder Intellektuelle nennen, sind heute gar nicht mehr in der Lage, eine Sachlage primär zu überprüfen, sondern sind von den Medien und deren Framings abhängig:
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Framing ist ein Prozess einer Einbettung von Ereignissen und Themen in Deutungsraster. Komplexe Informationen werden dadurch selektiert und strukturiert aufbereitet, sodass eine bestimmte Problemdefinition, Ursachenzuschreibung, moralische Bewertung und/oder Handlungsempfehlung in der jeweiligen Thematik betont wird.
Das heißt: Das Urteil über eine Sache wird präjudiziert, wird also bereits festgelegt, BEVOR man sich die Sache selbst anguckt - weil man es meistens nicht mehr kann.
Zu Deiner Frage: Das betrifft auch die Kirche. - Wenn sie in Einzel-Bereichen zu Recht oder zu Unrecht unglaubwürdig wirkt, stellt man damit die Substanz ihrer eigentlichen Lehre in Frage (die man eh nicht versteht oder verstehen will).