Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite I

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Johncom
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Johncom »

oTp hat geschrieben: Fr 29. Dez 2023, 03:21 Für mich ist es auch eher lachhaft, RT mit der Deutschen Welle zu vergleichen.
Finde ich auch. Deutschen Welle ist völlig bedeutungslos.
RT ist schon Nr 1 in Latein-Amerika, erobert Afrika, die arabischen Länder und wird in Indien populär.

Anders als Deutsche Welle machen sie Programm in allen Ländern mit einheimischen Redaktionen.
oTp
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von oTp »

Johncom hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 00:46
oTp hat geschrieben: Fr 29. Dez 2023, 03:21 Für mich ist es auch eher lachhaft, RT mit der Deutschen Welle zu vergleichen.
Finde ich auch. Deutschen Welle ist völlig bedeutungslos.
RT ist schon Nr 1 in Latein-Amerika, erobert Afrika, die arabischen Länder und wird in Indien populär.

Anders als Deutsche Welle machen sie Programm in allen Ländern mit einheimischen Redaktionen.
Das ist nicht lustig. :sick:
Es ist eine Manipulationsmaschine.
Du darfst nicht alles glauben, was du denkst
Claymore
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 00:34
Claymore hat geschrieben: Fr 29. Dez 2023, 22:32 Aber das ist was anderes als Wortbruch und Betrug.
Formal richtig, aus Sicht der Betroffenen falsch. Ich erinnere:
Claymore hat geschrieben: Fr 29. Dez 2023, 22:32 Die "Laien-Interpretation" ist von diesem Gesichtspunkt die entscheidende
Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 00:34Da kann man natürlich sagen "Selber schuld", aber damit wird nicht folgender Satz ausgehebelt:
Claymore hat geschrieben: Fr 29. Dez 2023, 22:32 Die "Laien-Interpretation" ist von diesem Gesichtspunkt die entscheidende
Mach Passagen wie die mal raus. Vorher antworte ich auf den Beitrag nicht.

Ich lass’ Dir ja wirklich vieles durchgehen, aber wenn Du dermaßen dermaßen brutal meine Beiträge zerfledderst, ist die Grenze erreicht.

Das habe ich in einem völlig anderen Kontext gesagt:
Claymore hat geschrieben: Fr 29. Dez 2023, 22:32 Bei Fiducia Supplicans z. B. geht es mir auch darum, wie es die Betroffenen, also die Masse gewöhnlicher Katholiken interpretiert. Nicht was es spitzfindig formal-theologisch bedeutet. Die "Laien-Interpretation" ist von diesem Gesichtspunkt die entscheidende, weil man vom gewöhnlichen Katholiken eben keine tiefen theologischen Kenntnisse erwarten kann. Der Durchschnittsgläubige versteht den Unterschied zwischen "diese beiden Menschen werden gesegnet" und "die Beziehung wird gesegnet" nicht. Die Aufregung und Verunsicherung der afrikanischen Katholiken zeigt das sehr deutlich.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 10:04 Ich lass’ Dir ja wirklich vieles durchgehen, aber wenn Du dermaßen dermaßen brutal meine Beiträge zerfledderst, ist die Grenze erreicht.
Stop. Ich habe Deinen durchaus richtigen Gedanken aufgenommen und ihn übertragen auf andere Gebiete. Deine Aussage lautet beim Katholikenthema (wenn ich Dich richtig interpretiere):

"Entscheidend ist nicht, was in Rom an Spitzfindigkeiten beschlossen wird, sondern der Umstand, dass Homosexuelle aus der Kirche rausgehen und meinen 'Unsere homosexuelle Beziehung wurde soeben gesegnet' ".

Übertragen auf das Russland-Thema bedeutet dies:
"Entscheidend sind nicht die formalen Scharmützel nach 1990 in Bezug auf das Thema NATO und Russland, sondern der Umstand, dass die Russen nach Westen schauen und sehen: 'Die NATO ist 1000 km nähe an Moskau gerückt und soll per Ukraine jetzt noch mal 1.000 km näher an uns heranrücken' ".
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 10:04 Die "Laien-Interpretation" ist von diesem Gesichtspunkt die entscheidende
Richtig. Und Putin übernimmt diesen Standpunkt auch für sich. Du musst da überhaupt nicht echauffiert sein - Dein Ansatz war gut, aber er ist eben auch übertragbar.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Klee »

Immer dieser zwei Seiten statt eindeutig wahr und recht!
Sind zwei verschiedene Blöcke, gibt es Meinungen.
Beide haben ein Recht auf Anhörung.

Hetzerei ist grundverkehrt, Hass ebenso. Wozu also der „Schutz“ (Bevormundung), bitte den oder jenen verpetzen? Wie es hier und seit Jahrzehnten zwischen "Ost" und "West" sowie "Nord" und Süd" bis zum Gehtnichtmehr passiert.

Im Zusammenhang mit dem Zuzug von Ausländern habe ich bei Gesprächen erfahren, dass nicht wenige aus verschiedensten Ländern Ausbildung und Fachbücher erhielten durch Russland. Jeder sieht zu wo er bleibt und pfeift das Lied: Wes Brot ich eß, des Lied ich sing.

Anders lief in Deutschland die „Entwicklungshilfe“ in bescheidenem Rahmen, aber mit viel Geschrei in den Medien über die Schuldenberge in den 60ern. Auf welcher Seite waren die so eigentlich? Die Auskunft kam dann über die Rechnung „Bruttosozialprodukt“ immer deutlicher in den 90ern. Wo war es hoch, wo niedrig? Dann überlegt mal, mit welcher Reklame vorgegangen wurde, dass nun Bunthäutige in Deutschland sind. Die gehen nicht davon aus, wie unsere Vorfahren mit der Hände Arbeit schuftend einen Acker zur Ernährung der Familie zu bestellen und zu verteidigen.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Claymore »

Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 11:07wenn ich Dich richtig interpretiere
Natürlich nicht. Soll ich wirklich glauben, dass Du das, was ich so im Detail erklärt habe, "aus Versehen" falsch verstanden hast?

Der letzte klare Beitrag war der vor-vorletzte, als Du meintest, Du hättest die Argumente auf Deiner Seite. Man sieht: Es geht also. Du bist nicht immer verwirrt.

Jetzt sind wir wieder im üblichen modus operandi, der einfach eine Zeitverschwendung für mich darstellt.
Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 11:07"Entscheidend ist nicht, was in Rom an Spitzfindigkeiten beschlossen wird, sondern der Umstand, dass Homosexuelle aus der Kirche rausgehen und meinen 'Unsere homosexuelle Beziehung wurde soeben gesegnet' ".
Hiob hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 11:07 Übertragen auf das Russland-Thema bedeutet dies:
"Entscheidend sind nicht die formalen Scharmützel nach 1990 in Bezug auf das Thema NATO und Russland, sondern der Umstand, dass die Russen nach Westen schauen und sehen: 'Die NATO ist 1000 km nähe an Moskau gerückt und soll per Ukraine jetzt noch mal 1.000 km näher an uns heranrücken' ".
Der Ausdruck "formule Scharmützel" ist schon wieder sehr tendenziös.

Sachlicher ausgedrückt: Wichtig ist, was formal im Vertrag steht. Denn hier waren nicht irgendwelche Laien, sondern Profis am Werk. Das war ein epochaler Vertrag, wo hart verhandelt wurde.

Die Russen hätten auch nein sagen können, aber sie haben lieber das Geld kassiert und sich drauf eingelassen.

Daher ist das Laienverständnis dieses Vertrages NICHT entscheidend.

Das hab ich genauso geschrieben. Du zerfledderst meinen Beitrag auf hoch-manipulative Weise, indem Du mir das Zitat im gegenteiligen Kontext (wo ich doch explizit erklärt hatte, dass es hier nicht anwendbar ist) unter die Nase reibst.

Die Legende aufzubauen, die Russen wären mit irgendwelchen unvorhergesehenen Tricks überrumpelt worden und hätten gar nicht gewusst, worauf sie sich da einlassen ist reichlich absurd.

Und wenn es Dir schon so sehr um die "Substanz" geht, solltest Du bedenken, dass die Russland ein Kolonialreich war, was nie aus eigenem Antrieb eine Dekolonisierung durchgeführt hat. Und auch nicht aus dem kolonialistischen Mindset herausgekommen ist.

Es erhebt Ansprüche auf riesige Gebiete, die ethnisch und kulturell nichts mit dem Kernland zu tun haben, welche irgendwann ausgehend von Moskowien kolonisiert wurden. Die Bevölkerung dort waren bestenfalls Bürger zweiter Klasse, wurden aber zumeist unterdrückt, gipfelnd in den ethnischen Deportationen, dem Gulag-System und dem Holodomor.

Nach kurzen Versuchen der Rehabilitation und Entschädigung nach der Wende werden diese Verbrechen jetzt wieder geleugnet oder unter den Teppich gekehrt. Putin hat z. B. Memorial International verboten, eine Menschenrechtsorganisation, die sich der Dokumentation und Aufarbeitung stalinistischer Verbrechen und Gulags widmete.

Du gibst also das Kolonialdenken sehr schön wieder. Da hat Putin einen Ansatzpunkt, wenn er sich als Retter für im Ausland lebende ethnische Russen präsentiert. "Russland den Russen", und wer da sonst noch lebt, ist irrelevant?

Es stimmt, dass so ziemlich jeder in Russland gegen die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine war und ist. Das zeigt, wie tief verwurzelt diese Denke in der russischen Gesellschaft ist: Sie erheben diese Ansprüche gegenüber ihren "Kolonien".

Russland ist nicht in der Lage, diesen Ländern ein besseres Angebot zu machen, sodass sie sich freiwillig anschließen. Sondern bedroht diese, und greift sie an, mit dem Wunsch sie sich wieder einzuverleiben.

Siehe Kasachstan. Medwedew zwitscherte da auch lustig raus, dass Kasachstan ein künstlicher Staat sei und fantasierte vom Genozid an Russen in Kasachstan. Da haben sie langsam gemerkt, wie verlässlich ihr "Partner" ist.

Das war die Schockbehandlung, wo selbst Astana von diesem neo-imperialistischen Gehabe langsam genug hatte. Sie haben sich dann in Richtung China zugewendet. Hat China hier Russland betrogen? Sicher nicht. Nach Deiner Logik aber müsste man das nur umformulieren in "China hat Kasachstan herausgebrochen aus dem russischen Einflussbereich ..." und voilà der nächste große Betrug ist fertig.

Ja, die Russen sind gekränkt. Ja, sie hängen revanchistischen Vorstellungen an. Und natürlich hätte man zur Zeit der Wende noch mehr Rücksicht auf diese "Gefühle" nehmen können.

Aber ein Fehler dieser Art ist rein realpolitisch, während Du die große Moral-Veranstaltung draus machst: Es war falsch, es war unrecht. Das ist Unfug. Außerdem: ob's was gebracht hätte, sei mal dahingestellt. Ich denke, wir wären jetzt nur mit noch größerem Ärger konfrontiert.
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Natürlich nicht. Soll ich wirklich glauben, dass Du das, was ich so im Detail erklärt habe, "aus Versehen" falsch verstanden hast?
Ich habe verstanden, dass für Dich der Umstand, dass homosexuelle Paare in ihrer fundamental-theologischen Gering-Belastbarkeit nicht nur sich selbst, sondern ihre Verbindung als gesegnet verstehen, von großer Bedeutung ist. Das kann ich echt nachvollziehen. In diesem Kontext stimme ich (stellvertretend für Betroffene) Deinem Satz zu: "Die "Laien-Interpretation" ist von diesem Gesichtspunkt die entscheidende". Ich sehe nicht, warum Du Dich hier falsch verstanden fühlst.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Der Ausdruck "formule Scharmützel" ist schon wieder sehr tendenziös.
Ersetze es durch "juristische Entwicklungen". Die Substanz der Sache ändert sich dadurch nicht.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Daher ist das Laienverständnis dieses Vertrages NICHT entscheidend.
Ah - ok. - Formal ist dies ohnehin richtig, aber meinst Du wirklich, dass die Russen dies so sehen? Noch anders: Meinst Du, dass Russlandkenner jemals daran gezweifelt haben, dass die Russen so empfinden würden? Helmut Schmitt hat kurz vor seinem Tod gemeint (/kann man in youtube hören), dass auch er als Russe beunruhigt wäre, wenn nach und nach die NATO-Stellungen immer näher kämen. - Mit anderen Worten: Was bringt es, wenn man sich einredet, dies sei ein Vertragswerk gewesen, das in Ordnung sei, wenn man gleichzeitig 100tausende Tote an der ukrainisch-russischen Front hat, die Folge dessen sind, dass dieses Vertragswerk offenbar nicht auf eine win-win-orientierte europäische Sicherheitsarchitektur angelegt war?
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Das hab ich genauso geschrieben.
Auf die Idee, dass Du es so meinen könntest ("Hier ist das Laienverständnis NICHT entscheidend"), bin ich überhaupt nicht gekommen, weil dann das Argumentarium in Sachen Homosexuellen-Segnung ebenfalls darauf bestehen müsste, dass Gesegnete in ihrem Laienverständnis NICHT geschützt wären.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Die Legende aufzubauen, die Russen wären mit irgendwelchen unvorhergesehenen Tricks überrumpelt worden und hätten gar nicht gewusst, worauf sie sich da einlassen ist reichlich absurd.
Keine situativen Tricks, sondern ein Narrativ, demnach es keine paneurasische Freihandelszone und kein spannungsfreies Europa geben durfte. Umgekehrt: Hätten die USA einen nachhaltigen Frieden in Gesamt-Europa gewollt, der nicht nach den Maßstäben der USA ticken würde, hätten sie es vertraglich ermöglicht. Warum hat Bush Bakers Versprechen nicht umgesetzt? Dafür hatte er doch Gründe.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 solltest Du bedenken, dass die Russland ein Kolonialreich war, was nie aus eigenem Antrieb eine Dekolonisierung durchgeführt hat
Ich bin jetzt tatsächlich überfragt, wo Russland außerhalb seines eigentlichen Staatsgebiets Kolonien hatte. Meinst Du Kuba? - Oder meinst Du angrenzende Gebiete anderer Ethnien? Das gibt es in der Tat - man schaue nur nach China mit seinen Uiguren oder eben nach Russland mit seinen Usbekistans, etc oder nach Amerika, wo die USA den Norden Mexikos annektiert hat. Das kann man böse finden, aber es ist normal.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Es erhebt Ansprüche auf riesige Gebiete, die ethnisch und kulturell nichts mit dem Kernland zu tun haben
Das ist nicht russland-spezifisch. Die Hälfte der Menschen in New Mexico spricht spanisch, in Puerto Rico sogar über 90%. Der Nationalstaats-Gedanke ist nicht mehr erste Wahl. Allerdings waren manche Gebietsgewinne mit Gewalt verbunden - aber das ist so seit 10.000 Jahren.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 gipfelnd in den ethnischen Deportationen, dem Gulag-System und dem Holodomor.
Stimmt - dagegen ist Guantanamo ein Zwerg. In China wird es auch nicht besser sein. - Natürlich würde auch ich lieber in einem deutschen als in einem amerikanischen, russischen oder chinesischen Gefängnis sein. Und der Holodomor war selbstverständlich Völkermord, da von Stalin absichtlich inszeniert.

Aber all das ist doch kein Freibrief für westliche Politik ("Wir sind eh die Guten, also bestimmen wir, wo es lang geht und wo nicht").
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Siehe Kasachstan. Medwedew zwitscherte da auch lustig raus, dass Kasachstan ein künstlicher Staat sei und fantasierte vom Genozid an Russen in Kasachstan.
Da steckt noch das 1000jährige Reich der Sowjetunion in den Knochen. Natürlich ist das inakzeptabel.

Die deutsche Politik, über Handel Frieden zu wahren, war richtig. Ich wage zu behaupten, dass alles in Butter wäre, wenn die NATO eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO ausgeschlossen hätte und Nordstream 2 in Betrieb gegangen wäre. Der Kampf zwischen Ukraine und Russland hat was von Österreich gegen Deutschland. Beide Pärchen sind kulturell engstens verflochten, aber völkerrechtlich selbständig. Hätte der Westen keine strategischen Absichten gegen Russland, wäre ihnen die Ukraine scheißegal.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Putin hat z. B. Memorial International verboten, eine Menschenrechtsorganisation, die sich der Dokumentation und Aufarbeitung stalinistischer Verbrechen und Gulags widmete.
Ja, die Sowjetzeit wird mehr und mehr positiv gesehen - und war übrigens nie richtig tot. Ich erinnere mich daran, dass vor ca. 20 Jahren eine gute russische Bekannte von mir überraschend nicht zu einem Business Meeting kommen konnte, weil ihre Oma gestorben war, die die letzte Geliebte von Stalin gewesen sei, weshalb ein riesiges gesellschaftliches und politisches Brimborium gemacht wurde, bei dem sie als Enkelin anwesend sein musste. Das war um das Jahr 2003.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Das zeigt, wie tief verwurzelt diese Denke in der russischen Gesellschaft ist: Sie erheben diese Ansprüche gegenüber ihren "Kolonien".
Meinst Du, dass Russland Usbekistan, Tadschikistan & Co zurückholen will ins Reich? Im schlimmsten Fall ist dies möglich. Aber es wäre nie soweit gekommen, wenn es nicht 2007 die Rede von Putin bei der Sicherheitskonferenz in München gegeben hätte, wo er erstmals wieder aggressiv angemahnt hatte, dass der Westen seine Versprechungen umsetzt - dazu gehörte auch die Freihandelszone. Dazu ein Text aus "Eine Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok" von der Bertelsmannstiftung:
Sein <Putins> Ziel bestand im Abbau von Handelsschranken zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) und der EU. Der damalige Bundeskanzler Schröder bezeichnete eine Freihandelszone mit der EU und der EAWU als „die einzige Möglichkeit, in einer globalisierten Wirtschaft mit den USA und China zu konkurrieren“. Es kam allerdings zu keinen konkreten Schritten in diese Richtung, auch nicht nach der Aufnahme Russlands in die WTO im Jahr 2012. Ein Jahr später führten Spannungen darüber, über die Unterzeichnung eines Freihandelsabkommens der Ukraine mit der EU, zu Auseinandersetzungen und zu einer Verschlechterung der europäisch-russischen Beziehungen. Anstelle Freihandel anzustreben wurden die wirtschaftlichen Verbindungen zu Russland stark zurückgefahren
Man stelle sich aus Sicht Russlands vor: Russland will eine Freihandelszone, die trotz mannigfacher gegenseitiger Absichtserklärungen nicht angegangen wird (warum wohl?) - statttdessen gibt es ein Abkommen nur mit der Ukraine. Die Message dabei ist: "Wir, der Westen, wollen keine paneuropäische/paneurasische Sicherheitsarchitektur, sondern einen Bindung von möglichst vielen Staaten westlich von Russland an den Westen." Und da soll Russland nicht ausflippen?
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Ja, die Russen sind gekränkt. Ja, sie hängen revanchistischen Vorstellungen an.
Kann sein - aber solche Vorstellungen kriegt man nicht dadurch weg, dass man sie herausprovoziert.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Aber ein Fehler dieser Art ist rein realpolitisch, während Du die große Moral-Veranstaltung draus machst
"Moral" liegt mir nicht so, weil dieser Begriff von jedem anders besetzt wird. China findet es wahrscheinlich moralisch, Taiwan zu annektieren. Und die USA findet es wahrscheinlich moralisch, 15Jährige lebenslang einzusperren, weil sie einer Gang angehörten, aus der Menschen erschossen wurden. - Nein, ich verstehe meine Haltung tatsächlich als realpolitische, weil ich die eigentlichen Wirkmächte über Paragrafen stelle. Und diesbezüglich wirkt im Ukrainekrieg sicherlich nicht ein Vertragswerk, sondern das an Realität, die mit dem Vertragswerk gemieden wurde.
Claymore hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 13:31 Ich denke, wir wären jetzt nur mit noch größerem Ärger konfrontiert.
Würde mich wundern. Stelle Dir eine EU vor, die in engem Austausch mit Russland ist und somit Planungssicherheit und gute Preise bei Rohstoffen hat und umgekehrt Technologie-Transfer betreibt. Meinst Du, Russland würde damit ohne konkreten Grund Waffen bauen? Russland hat seine Waffenkammern erst wieder so richtig reaktiviert, als die westlichen Spannungen systemisch wurden.
oTp
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von oTp »

Claymore:
Und wenn es Dir schon so sehr um die "Substanz" geht, solltest Du bedenken, dass die Russland ein Kolonialreich war, was nie aus eigenem Antrieb eine Dekolonisierung durchgeführt hat. Und auch nicht aus dem kolonialistischen Mindset herausgekommen ist.
Genau, das muss man "mit einkalkulieren".
Und noch so Manches Andere.

Aber Russlandfreunde wollen solche Fakten gar nicht wahrnehmen.

Ich bin übrigens kein Russlandfeind.
Aber Putin ist mir zusammen mit seinem Außenminister nicht ganz geheuer. Eher ein Grusel- Kabinett.

Trau, schau wem.
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Hiob
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von Hiob »

oTp hat geschrieben: Sa 30. Dez 2023, 18:22 Russlandfreunde wollen solche Fakten gar nicht wahrnehmen.
Beim genauen Hinschauen werden die Unterschiede in puncto Machtpolitik zwischen Ost und West kleiner. DIe USA wird seinen Süden nicht an Mexico zurückgeben, China wird Uigurien als sein Land ansehen, Taiwan wird irgendwann in die eigene Einflusssphäre hineingenommen werden, so wie es bei den USA mit Puerto Rico ist. Man kann also, wenn man "moralisch" denkt, sagen, dass die Welt schlecht ist (das wäre sogar christlich).

Was mich stört, wenn auf Basis vorgegebener Narrative das Volk zur Reflexen verführt wird, statt zu differenziertem Nachdenken. Wir brauchen (und diesen Satz wirst Du noch oft von mir hören) eine Renaissance der Aufklärung (im Sinne der damaligen "Erfinder").
oTp
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Re: Warum ich nicht mehr für Mainstream-Medien arbeite

Beitrag von oTp »

Es ist alles relativ. Man muss auch noch dazu genügend Unpassendes einfach abhobeln und dann passt auch Putin gut zum Rest der Welt.

Ob man USA und Mexiko mit deinen russischen Beispielen gleichsetzen kann, muss ich auch untersuchen.
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