Hiob hat geschrieben: ↑Di 1. Jun 2021, 10:23 Unabhängig davon: Die entscheidende Frage ist, ob man mit "künstlich" meint
1) etwas Bestehendes manipulieren oä (dazu gehört bspw. Gentechnik, etc.)
2) oder "de homine" (statt "de Deo") etwas ganz Neues zu machen - bspw. KI.
Der Unterschied: Im Fall 1) brauchen wir nicht über den Ursprung nachzudenken, weil der schon da ist - per göttlicher Schöpfung (immer aus christlicher Sicht gedacht). - Im Fall 2) muss man erklären, wie man gegebenenfalls "Geist" (des Geschaffenen) definieren will.
Streng genommen nimmt der Mensch bei 2) auch immer etwas bestehendes, z. B.
bestehende Materie. Ganz neu ist es nie.
Bzgl. KI:
1) man baut einen künstlichen Seelenbehälter (Gehirn). Die Seele wäre “natürlichen Ursprungs” und wird von außen geliefert. Sollte man auch noch als KI durchgehen lassen. Ob das (metaphysisch) gesehen überhaupt möglich ist, hängt davon ab wie die Seele “funktioniert”. Die Seele müsste irgendeine Art von effizienter Kausalität auf Materie ausüben können, wie bei Descartes.
2) man konstruiert tatsächlich eine künstliche Seele. Nach Christentum wie gesagt nicht möglich, ja. Aber unabhängig davon stellt sich die Frage: aus “was”
besteht die Seele?
Das wirkt wie eine absurde Frage, wie “aus was bestehen elektromagnetische Schwingungen?”. Kann man sich überhaupt vorstellen, es gäbe unphysikalische / immaterielle Teile, in die die Seele zerteilt werden könnte (wie bei Epikurs Seelenatomen)?
Ist nicht die Seele un-zusammengesetzt? (wobei das streng genommen nicht einmal das gleiche ist... sie könnte zusammengesetzt sein, aber nicht wieder zerlegbar)
Eine gelungene Analogie für das Schaffen einer künstlichen Seele ist sicherlich nicht das gewöhnliche Zusammensetzen von Einzelteilen zu einem Ganzen – wie bei alltäglichen technischen Apparaten. Nicht einmal hochkomplexe Verfahren, wo eine mikroskopische Struktur “aus einem Guß” geschaffen wird (beispielsweise einem Prozessor). Sondern etwas weitaus extremeres, z. B. die künstliche Herstellung von Anti-Wasserstoff.
Hiob hat geschrieben: ↑Di 1. Jun 2021, 10:23Wahrnehmungs-mäßig stimme ich Dir da doch zu - aber halt nicht ontologisch. - Oder anders: Was kann das Sein dafür, dass wir nicht checken, was ist und was nicht ist?
Doch schon. Du tust ja so, als wäre “Das Sein” etwas gegebenes mit dem sich der Mensch auseinandersetzen muss – mehr oder weniger erfolgreich. Dabei ist erst mal ein Konzept, das von Menschen erfunden wurde.
Irgendwann in der Savanne ist einem Proto-Philosophen der Unterschied zwischen Träumen, Fantasien, Vorstellungen, Ideen, etc. auf der einen Seite und Wasserbüffeln, Bergen, Bäumen, Löwen, etc. auf der anderen Seite aufgefallen. Und so hat er die Unterscheidung zwischen “Nicht-Sein” und “Sein” eingeführt. Leider ohne dabei präzise zu werden. Und das wurde auch nie nachgeholt.
Von daher ist das Problem nicht die Frage “was gehört zum Sein?”. Sondern “was ist mit ‘Sein’ denn nun überhaupt gemeint”.
Wenn man da ganz hoch einsteigt, muss man da die Frage erörtern, wie es sein kann, dass in der QM Sein durch Wahrnehmung entsteht (da wäre jetzt Janina hilfreich). In diesem Sinne würde ich sagen, dass ontisches Sein das ist, welches ermöglicht, dass aus Wahrnehmung Sein werden kann. Dann wäre aber auch Physikalisches "nur" Wahrnehmung.
Ja, das spaltet das Sein schon mal in zwei Teile auf, das potentielle und aktualisierte Sein. Aber letzteres ist irgendwie “realer”.
Sagt man, die Wellenfunktion ist “real” (?), dann muss man folgern “dort ist ‘viel’ Elektron” und “dort ist ‘wenig’ Elektron”. Eigenartig, wo man sich das Elektron als Teilchen vorstellt, das entweder an dem einen oder anderen Ort ist. Ist die Wellenfunktion nicht real, dann ist das Elektron an gar keinem bestimmten Ort vor der Messung; es gibt nur Potentia -- Möglichkeiten. Aber auf welche Weise gehören “Möglichkeiten” zum Sein?
Aber so weit wollen wir gar nicht ins Detail gehen.
Was immer man für eine Situation beschreiben will, man kann es (rein sprachlich) eher in Richtung “Was ist?” oder “Wie ist es?” beschreiben:
Max beobachtet den Sonnenuntergang. (mehr in Richtung “Was ist?”)
Max beobachtet wie die Sonne untergeht. (mehr in Richtung “Wie ist es?”)
Natürlich ist es in den allermeisten Fällen nicht dermaßen offensichtlich.
Aber es reicht schon, sich über den “Seins-Status” von “Möglichkeiten” (im alltäglichen Sinn, nicht im QM-Sinn), “Löchern”, “qualitativen Eigenschaften”, etc. Gedanken zu machen. In einer grünen Tomate am Baum steckt die Möglichkeit zum Rot werden, wenn sie reift (sie wird von Natur aus aber nicht schwarz-weiß gestreift werden). Ist die Anlage zum Rot real? Existiert die
Schellenberger Eishöhle? Existiert Süße?
Das zeigt, dass wir keine Handhabe über diesen Begriff “sein”, “das Sein” haben.
Es ist nicht so, dass wir ein klares Verständnis davon hätten, was “Sein” bedeutet, aber nur nicht wissen, was zum “Sein” gehört. So wie man im Mittelalter zwar nicht wusste, was der höchste Berg der Erde ist – obschon das Konzept “der höchste Berg der Erde” für alle damals verständlich war.
Nein, “Sein” ist bereits konzeptionell unverständlicher Nebel -- konfus, unbegreiflich, undurchschaubar.
Und nochmal: das Problem ist
nicht, dass “das Sein” als etwas
intersubjektiv gegebenes für uns unverständlich ist. Nein – das Konzept “Sein” ist eine Erfindung der Menschen und
als solches unverständlich. Es scheint als ob mit dem Wort “Sein” überhaupt nichts vernünftiges ausgedrückt wird.
“X gibt es nicht” ist allzuoft nicht mehr als Ausdruck der eigenen Ablehnung. Eine Emotionsäußerung. Nichts, was wahr oder falsch sein
könnte. Es ist eine Art “versuchte Verbannung” aus der Welt – à la Margaret Thatchers
“Gesellschaft - das gibt es nicht. […] es gibt nur einzelne Männer und Frauen und ihre Familien.” Persönlich würde ich zwischen ontischem Sein und Wahrnehmungs-Sein unterscheiden, wobei Wahrnehmungs-Sein zu unter-zu-unterscheiden wäre in
1) falsifizierbares
2) ontisch wahres nicht-falsifizierbares Sein (bspw. Gott, - was wir ja nur glauben, aber nicht wissen)
3) ontisch unwahres nicht-falsifizierbares Sein - also vermeintliches Sein und somit Nicht-Sein (3-ohriger Frosch namens Claymore).
Das Problem: Kategorie 2 enthält die geistlich entscheidenden Seins-Größen, ist aber nicht falsifizierbar.
Ich denke, schon (1) ist ganz problematisch. Wir kennen das “falsifizierbar” ja nur im Zusammenhang mit naturwissenschaftlichen Theorien. Aber solch eine naturwissenschaftliche Theorie gibt uns nur mehr Auskunft über Relationen oder strukturelle Eigenschaften. So ist die Quantenmechanik sicherlich falsifizierbar – aber inwieweit diese “ein Sein” beschreibt ist mysteriös. Es gibt ja nicht umsonst dutzende verschiedene Interpretationen der Quantenmechanik.
Auf den Thread bezogen: Ist KI ein unwahres wahres geistliches Sein? Bei Definition "geistliches Sein kann nur von Gott kommen".
Ich weiß nicht, was “(un)wahres” bezogen auf “Sein” bedeuten soll.
Wie kann etwas “wahr” sein, was keine Überzeugung oder derartiges ist? Was soll damit ausgedrückt werden, wenn ein Ding oder eine Person “wahr” ist?
Man sagt “ein wahrer Krieger” und meint damit wohl, dass der betreffende Mensch dem Idealbild des Kriegers entspricht. Ergo, dass “Vorstellung im Geist” und “Realität” übereinstimmen. Aber was das Idealbild nun genau ist, hängt von Zeit und Kultur ab und damit ist diese Art von “wahr” sehr relativ.
Descartes ja letztlich ebenfalls nicht - seine Aussage ist ja eine andere. Er meint: WIR können nicht festlegen, ob die Res extensa eigenständig existieren, da die Res cogitans, mit der wir nun mal geistig wahrnehmen, aus logischen Gründen diese Frage nicht beantworten kann. ABER: Descartes GLAUBT, dass die Res extensa eigentständig existieren, weil er an einen Gott glaubt, der einen nicht veräppelt.
Nein, ich meinte damit, dass ich mit dem Gedankengang “res extensae existieren / existieren nicht” nichts anfangen kann – da Descartes ja zugibt, dass das ganze
grundsätzlich (!) nicht herauszufinden ist. Worin soll also in der “eigenständigen Existenz” oder “Nichtexistenz” der res extensae ein Unterschied liegen? Wie ließe sich dieser beschreiben?
Solange sich kein Unterschied konkret formulieren lässt, scheint mir das ganze bloß eine emotionale Angelegenheit zu sein. Man reitet da immer auf “Glaubst du etwa, dass der Mond nicht da ist, wenn niemand hinschaut?” herum. Eine Art philosophisches Mobbing.
Was wäre schon dabei, zu sagen “Ja, glaube ich. Der Mond ist nur da, wenn ihn jemand anschaut”. Was würde sich denn konkret ändern? Rein gar nichts. Überhaupt nichts. Du stellst das immer als die weltbewegende, alles entscheidende Frage hin und am Ende macht die Antwort auf die Frage keinerlei Unterschied.
Ergo, das ist alles schon zu viel der Ehre. Besser: “Die Frage ist mir egal”. Nein, auch noch zu respektvoll: Die ganze Frage ist inhärent unsinnig gestellt.
Der Mond ist nun mal im gewöhnlichen, praktischen Sinne da: Andere Menschen sehen ihn auch, oder man sieht ihn auch auf Überwachungsvideos. Ein “wirklich existieren” / “nicht wirklich existieren” in einem anderen, tieferen Sinn ist “ein Unterschied ohne Unterschied”.
Und jetzt kommt die QM und sagt plötzlich etwas, was stark an diesen Gedankengang erinnert - interessant, nicht wahr?
Allerdings zeichnet sich das “erst da, wenn beobachtet” der QM durch einen tatsächlichen Unterschied aus. Es kommt natürlich auf die Interpretation an, aber die Phänomene dahinter sind nicht bloß seltsame Gedankenkonstrukte. Sagen wir, das Doppelspalt-Experiment; die “Interferenz des Elektrons mit sich selbst wenn niemand hinschaut” ist ja nun mal beobachtbar.