Magdalena61 hat geschrieben: ↑Di 12. Feb 2019, 17:21Aber der Bruder ist ja auf den Handel eingegangen, anstatt die Versuchung zurück zu weisen
er hat es gar nicht als Versuchung verstanden - er hatte eigene Gründe ("Es ist für mich nicht wichtig, ich bin Gott anders nahe"- in meinen Worten).
Magdalena61 hat geschrieben: ↑Di 12. Feb 2019, 17:21Der Tenor liegt auf: "Esau verachtete sein Erstgeburtsrecht". - Wenn man Hieroglyphen lesen könnte, wäre man vielleicht schlauer
Können wir beide nicht. - Allerdings habe ich gelernt, hebräische Texte phänomenisch und nicht wertend zu lesen - also (in erklärenden umständlichen Worten) "Es ist für mich nicht wichtig, ich bin Gott anders nahe" und NICHT "Was fällt dem ein, Gott zu verachten". - Ich würde diese Stelle also kommentierend wiedergeben mit "Esau achtete nicht auf seine rituellen Rechte, weil er natürlich mit Gott verbunden war".
Magdalena61 hat geschrieben: ↑Di 12. Feb 2019, 17:21Eine Hilfe gibt es noch, mittels einer deutschen Übersetzung den Charakter Esaus etwas besser einschätzen zu können
Nein - das sind Reflexionen von jüdischen Glaubens-Traditionen, die damals verstanden wurden, egal ob sie richtig oder falsch sind. - Dasselbe gilt übrigens auch für Bileam und für die Huren-Verräterin, die im jüdischen Glauben gefeiert wird.
Ich halte es für richtiger, wenn man das AT aus sich selber raus versteht und nicht in späterer Manipulation - auch im NT stecken Nester des Irrtums. - Sobald der Mensch etwas in die Finger bekommt, ist es kontaminiert.
Magdalena61 hat geschrieben: ↑Di 12. Feb 2019, 17:21JHWH ist gnädig und barmherzig. Den glimmenden Docht wird Er nicht auslöschen (Jes. 42), ein Gott voll Liebe und Erbarmen (Ps. 86) und so weiter. Aber das Urteil JHWHs, z.B. in der Ansage des Propheten Obadja über Edom lassen vermuten, dass Esau es sich wirklich mit Gott versaut hatte.
Wenn es so gewollt ist, dann ist es so - aber das gilt für alles - will heißen: Würde Jahwe nicht so denken, hätten Abraham, Jakob und David bei ihren Charaktern keine Chance gehabt, die heilsgeschichtliche Rolle zu spielen, die sie gespielt haben.
Abraham, Jakob und David haben also nicht den besseren Charakter als Abilemech von Gerar, Esau und Saul (persönlich würde ich sagen: eher umgekehrt), sondern werden trotz ihrer deutlichen Mängel (Feigling, Lügner, linke Bazille) heilsgeschichtlich hervorgehoben. - Um es neutestamentarisch zu sagen: Wenn die 6 genannten Personen zu "richten" sind, kann es ganz anders aussehen, als das mancher denkt.
Wie wird die Schlange Rebecca vor Gericht dastehen? Nimm mal diesen Vers:
27,12f Dann könnte er <Isaak> meinen, ich hielt ihn zum besten <Schlachter: „ich <würde> … als ein Betrüger erscheinen“>, und ich brächte Fluch über mich <Jakob> statt Segen. Seine Mutter antwortete: Dein Fluch komme auf mich <Hoffnung für alle: „Dann soll der Fluch mich treffen“>
Die kriminelle Energie Rebekkas ist also noch höher als bei Jakob, der immerhin fürchtet, dass ihn ein „Fluch“ treffen könne, was ja ein göttlicher Fluch wäre, was aber von Rebekka damit weggewischt wird, dass sie diesen Fluch auf sich nehmen würde. Rebecca wird dadurch zur Schlange (vgl. zu 3,4f), die göttliche Gesetzgebung durch eigene Gesetzgebung (sie lenkt eben mal einen göttlichen Fluch locker auf sich) ersetzt. – Somit wird das göttlich eingesetzte Erstgeburtsrecht missbraucht – denn ein durch Betrug erschlichenes Erstgeburtsrecht ist gegen den Willen des Familienoberhauptes und somit gleichzeitig ein Betrug gegen diese von Gott eingesetzte Nachkommens-Ordnung. - Demnach wird die Auserwählung Isaaks durch Gott („Ich will mit Dir sein und Deinen Nachkommen gebe ich diese Länder“ (26,3)) einmal mehr kontaminiert.
Trotzdem schaut Jahwe schweigend zu - er weiß, warum er diese Kontaminierung zulässt.
Oder geh ein Stück weiter:
27,24 Bist Du mein Sohn Esau? Ja, entgegnete er <Jakob>
Bis zu dieser Frage Isaaks ist ein Feuerwerk an Täuschungen abgelaufen, die den Begriff der Familen-Bande zwischen Rebekka und Jakob in scheitanischer Sinnbrechung zu „Banden-Kriminalität“ werden lässt. Selbst die abschließende, letztabsichernde Frage Isaaks, ob sein Gegenüber Esau sei, wird von Jakob glatt lügend bejaht. – Vom Wesen her sind Isaak, Rebecca und Jacob mit Adam, Eva und Kain vergleichbar: Rebecca ist die der Schlange Ausgelieferte, der keine List zu schade ist, ihre Ziele zu erreichen – sogar den göttlichen Fluch ist sie bereit auf sich zu nehmen. Das „Weil Du das getan hast, bist Du verflucht“ (3,14), scheint sie nicht zu beunruhigen. – Jakob ist der Kain, der seinen Bruder Abel zwar nicht um sein Leben bringt, jedoch um sein Erstgeburtsrecht. – Isaak ist der Adam, der seine Nachfolge durch Nicht-Eingreifen kontaminiert. Zwar will er eingreifen, jedoch kann er nicht eingreifen, weil „seine Augen erloschen waren“ (27,1). Dies ist deutbar als ein geistiges Erlöschen als Folge der kontinuierlichen Selbst-Kontaminierung von Abraham an. In diesem Sinne kann Isaak die Nachfolge deshalb nicht in seinem Sinne regeln, weil seine kontinuierliche Daseins-Orientierung den „Blick nach oben“ hat erblinden lassen. Auch hier ist eine scheitanische Sinnbrechung insofern erkennbar, dass diese Blindheit ausgerechnet in einem Moment der größten Aufrichtigkeit wirksam wird – Isaak will in reinem Geist seine Nachfolge regeln und scheitert an einer Blindheit, mit der ihn Geschehnisse zuvor geschlagen haben.
Und dann kommt die Trauer bei Isaak und Esau, nachdem sich die Erbschleicher davon gemacht haben:
27,33 Da überkam Isaak ein heftiges Zittern.
27,36f Hast Du mir keinen Segen aufgehoben? … Was kann ich da noch für Dich tun, mein Sohn?
Als Isaak von der Täuschung erfährt, überkommt ihn aufrichtiges Entsetzen wegen der Täuschung gegen seine patriarchische, also gottgewollte Funktion. Vom Wesen her darf man dies als gott-orientierte Erschütterung interpretieren, die Folge der Ordnungsverletzung zwischen Gott und Mensch ist.
Isaak hält seinen Segen für Jakob nicht revidierbar, weil es ein Segen in göttlicher Vertretung ist. Und da er göttlich Geschehenes als verbindlich ansieht, kann Isaak nichts mehr für Esau tun. Dies ist nachvollziehbar in dem Sinne, dass Isaak auf die Fügungsgewalt im Göttlichen vertrauen muss, so er gott-orientiert ist – und das ist er hier. – Die scheitanische Sinnbrechung besteht darin, dass das Halten an göttlicher Fügung zu daseins-orientierter Verwerfung führt, die darin besteht, dass jetzt die „falsche Seite“ gewonnen hat – Betrug hat sich gelohnt, ist aus Daseins-Sicht gott-mäßig abgesichert und nicht nur nicht ahndbar, sondern sogar Grundlage einer anerkannten Machtposition Jakobs im Dasein. – Dadurch steigt die Kontaminierung der Erwähltheit weiter an. Man glaubt sogar eher als Regel als als Ausnahme festzustellen, dass die Nicht-Erwählten diejenigen sind, die öfter seins-orientiert sind als die Erwählten. Dies ist deutbar als eine wesenmäßige Verbindung zwischen Erwähltheit und Kontaminierung, also Kainsmal. Man gewinnt intuitiv den Eindruck, dass gott-orientierte Figuren wie Abel erst gar nicht erwählt werden, weil Gott sich mit seiner Erwählung den schwereren Fällen zuwenden will.
Jetzt ist erst mal Schluss
- dazu gibt es aber noch viel Munition.
- Aber ich will Dich jetzt nicht total überrennen.