Wann ist Bibelkritik?

Hiob
Beiträge: 7477
Registriert: Di 1. Jan 2019, 00:21

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

Rembremerding hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 13:07 Aussagen wie: "Gott ist jenseits von gut und böse" entwerten die Liebe, das Gute an sich.
Aus biblischer Offenbarungs-Sicht stimme ich Dir zu. - Meine Aussage ist: Sobald es nicht mehr Minus gibt, gibt es kein Plus mehr, sondern nur noch das Sein an sich. - Aber vielleicht verwirre ich mit solchen Feststellungen.
Rembremerding hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 13:07 Doch dürfen wir uns fragen, woher wir eine Ahnung und eine Sehnsucht haben, für das Gute. Allein evolutionäre Gründe können es nicht sein.
Es sind ganz sicher KEINE evolutionären Gründe, sondern geistliche Gründe. - Diese Gründe bestehen darin, dass Ebenbildichkeit ja geradezu dadurch definiert ist, dass das Ebenbildliche einen Bezug zu dem hat, von dem es Ebenbild ist - und sei es nur potentielle, also (noch) nicht aktiviert. - Ein Känguruh hat diese "Ahnung und Sehnsucht" NICHT.
Spice
Beiträge: 11818
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 12:57
Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 10:08 Man geht also nach dem Tod nicht ins Himmelreich ein, sondern nur ins Jenseits, dessen Beschaffenheit der jeweiligen Natur des Individuums entspricht.
Insofern ja, als dass jedes Individuum in seiner Unverwechselbarkeit "ankommt" und dort "gerichtet" wird (wobei ich "richten" verstehe als "etwas Schräges ins Grade richten" (so wie ein Chirurg Knochen "richtet") - oder eben "Bewahrheitung", wie Buber an entsprechender Stelle übersetzt.
"Gericht" ist ja schon, dass er da mit sich selbst konfrontiert wird, also mit dem, was er aus seinem Leben gemacht hat. Aber er wird durch den Tod nicht ein anderer Mensch. Er wird dadurch nicht in das Bild Christi gestaltet.
Ein weiteres Richten, kann nur darin bestehen, dass er das Bild Christi sieht und damit feststellt, was ihm alles noch fehlt, um genauso auszusehen. Und um das zu werden, muss der Unvollkommene eben wieder auf die Erde, um es hier, durch die Liebe zur Wahrheit, zu werden.
Im Übrigen ist ja der physische Tod immer noch eine Folge des Sündenfalls und damit ein Übel.
Deshalb heißt es ja, ""der letzte Feind, der aufgehoben wird, ist der Tod" (1. Kor. 15,26) - Aber Tod gibt es eben nur auf Erden. Es liegt also noch allerhand vor uns!
Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 10:08 Sonst könnten ja die Menschen nicht erkennen und damit ihre Bestimmung niemals erreichen!
Von sich aus schaffen sie es nicht - da braucht es Gnade.
Was soll denn Gnade jetzt bedeuten? Es ist ein Füllwort.
Der Begriff "Gnade" richtig angewendet, bedeutet, jedem Menschen wird die Möglichkeit geschenkt, durch Erneuerung seines Wesens (und nicht als Frucht der Fortführung des bestehenden "alten Adam" )den Weg ins Himmelreich durch die völlige Heiligung zu beschreiten (Hebr. 12,14) Dieses Sehen ist mit "jada" vergleichbar.
Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 10:08 Also die Initiative kann nur vom Menschen ausgehen
Eben NICHT. - Wie soll vom Menschen die Initiative ausgehen, Interesse an "lkjhertüpoifdböklö" zu haben, das einem nichts sagt?
Doch, die Initiative kann nur vom Menschen ausgehen, anders wird ihm etwas aufgezwungen, was er nicht haben will. Alle Menschen haben die Sehnsucht nach einem glückseligen Leben. Sie wissen nur noch nicht, dass diese Sehnsucht durch nichts anderes gestillt werden kann, als dadurch, dass man seine Erfüllung einzig in der Identifikation mit dem Ewigen findet, und es damit keine Abhängigkeiten mehr gibt.
Hiob
Beiträge: 7477
Registriert: Di 1. Jan 2019, 00:21

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 13:49 "Gericht" ist ja schon, dass er da mit sich selbst konfrontiert wird, also mit dem, was er aus seinem Leben gemacht hat. Aber er wird durch den Tod nicht ein anderer Mensch. Er wird dadurch nicht in das Bild Christi gestaltet.
Durch das "Richten" schon - denn nachher ist er ja "bewahrheitet" (wobei hier immer wieder betont werden muss, dass unter den Menschen die drakonische Interpretation von "richten" mehr "in" ist).
Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 13:49 kann nur darin bestehen, dass er das Bild Christi sieht und damit feststellt, was ihm alles noch fehlt, um genauso auszusehen. Und um das zu werden, muss der Unvollkommene eben wieder auf die Erde, um es hier, durch die Liebe zur Wahrheit, zu werden.
Das klingt wieder sehr nach "Leistungs-Religion". - Dies scheint mir eher ein Abklatsch säkularer Denkweisen zu sein als dem Denken Gottes zu entsprechen. - Göttlich erscheint mir eher, dass der Mensch durch das "Sehen (= Erkennen) des Bildes Christi" zum wahren Ebenbild wird. - Also statt "Leistung" bei Dir "Gnade" bei mir.

Einfaches Beispiel: Wenn Du mich kennenlernst und siehst, dass ich zwei Beine, zwei Arme, eine Nase und zwei Ohren habe, wirst Du auf Basis dieser Erkenntnis keine "Leistung" erbringen müssen, um mich nicht weiterhin als Vogelspinne anzusehen - die Klarheit selbst führt Dich zur Wahrheit.
Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 13:49 Der Begriff "Gnade" richtig angewendet, bedeutet, jedem Menschen wird die Möglichkeit geschenkt, durch Erneuerung seines Wesens (und nicht als Frucht der Fortführung des bestehenden "alten Adam" )den Weg ins Himmelreich durch die völlige Heiligung zu beschreiten (Hebr. 12,14) Dieses Sehen ist mit "jada" vergleichbar.
Der Spur nach ja - aber Gnade kann auch "gezogen werden" bedeuten. -- ISt Dir aufgefalen, dass Deine Formulierung dies offenlässt? "Durch Erneuerung seines Wesens" lässt offen, ob der Mensch erneuert oder durch Gott erneuert wird. - Insofern kann man es so sagen (aber Du meinst wahrscheinlich "durch den Menschen", nicht wahr?).
Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 13:49 Doch, die Initiative kann nur vom Menschen ausgehen, anders wird ihm etwas aufgezwungen, was er nicht haben will.
Ist es "aufgezwungen", wenn Dir etwas gegeben wird? --- Wenn Dir Deine Traumfrau über den Weg läuft, sagst Du dann: "Nee - nehme ich nicht. Sie hat sich aufgezwungen, weil ich gerade nicht danach gesucht habe" ---???

Dieser Dämon, wonach der Mensch "selbst-verantwortlich" und "per eigener Entscheidung" seine weitere Entwicklung kontrollieren müsse, ist aus meiner Sicht zutiefst unchristlich.
Spice
Beiträge: 11818
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 14:12
Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 13:49 Dieser Dämon, wonach der Mensch "selbst-verantwortlich" und "per eigener Entscheidung" seine weitere Entwicklung kontrollieren müsse, ist aus meiner Sicht zutiefst unchristlich.
Wenn es wirklich so wäre, wie Du annimmst, dass man einfach ohne Beteiligung des Menschen die ewige Seligkeit bekommt, dann ist das, wie wenn jemand sagt, in 100 Jahren fällt ein großer Meteorit auf Deutschland. Dann sagt man "aha", und gibt sich wieder den alltäglichen Beschäftigungen hin.
Wenn es aber ganz auf mein Beteiligtsein ankommt, dann kann ich nicht mehr mich mit den alltäglichen Dingen befassen.
Also, wenn es so wäre, wie Du meinst, hätte ich mich nie solange mit dem Glauben abgegeben und dann wäre jetzt auch Schluss. Dann ist das nur Zeitverschwendung...
Spice
Beiträge: 11818
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Spice »

Hiob hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 14:12 Dieser Dämon, wonach der Mensch "selbst-verantwortlich" und "per eigener Entscheidung" seine weitere Entwicklung kontrollieren müsse, ist aus meiner Sicht zutiefst unchristlich.
Wenn es wirklich so wäre, wie Du annimmst, dass man einfach ohne Beteiligung des Menschen die ewige Seligkeit bekommt, dann ist das, wie wenn jemand sagt, in 100 Jahren fällt ein großer Meteorit auf Deutschland. Dann sagt man "aha", und gibt sich wieder den alltäglichen Beschäftigungen hin.
Wenn es aber ganz auf mein Beteiligtsein ankommt, dann kann ich nicht mehr mich mit den alltäglichen Dingen befassen.
Also, wenn es so wäre, wie Du meinst, hätte ich mich nie solange mit dem Glauben abgegeben und dann wäre jetzt auch Schluss. Dann ist das nur Zeitverschwendung...
Otto
Beiträge: 943
Registriert: Do 15. Feb 2018, 22:24

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Otto »

PeB hat geschrieben:Nein.
Es ist ein Prozess, eine Entwicklung. Erkenntnis entwickelt sich und ist nicht ad hoc bei jedem Neugetauften vorhanden.
Geduld!
"Bei jedem Neugetauften vorhanden", habe ich nicht gesagt, das wäre auch Unsinn. Aber, die Entwicklung findet in einem Kollektiv statt und darf sich nicht widersprechen.
Otto hat geschrieben:Und, „Erkenntnisprozess“ unter einer Denomination ja, unter einzelnen Individuen nein, sonst hätten wir nur eigenbrötler…
LGrüße von Otto
Hiob
Beiträge: 7477
Registriert: Di 1. Jan 2019, 00:21

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 16:38 Also, wenn es so wäre, wie Du meinst, hätte ich mich nie solange mit dem Glauben abgegeben und dann wäre jetzt auch Schluss. Dann ist das nur Zeitverschwendung...
Da ist ein Denkfehler. Denn wenn der Mensch per Gnade in geistliches Erkennen hineingeführt wird, ist er fortan höchst "beteiligt".

Es gibt kein unbeteiligtes Christsein, wenn es echt sein soll. - Die Frage hier ist, ob dieses Beteiligtsein vom Menschen zu generieren ist ("Ich weiß zwar nicht, worum es geht, aber es sieht so aus, als wäre es das Gescheiteste, sich hier zu entscheiden/engagieren") oder ob es geistlich begnadet ist ("Jetzt weiß ich, worum es geistlich geht, und deshalb zieht/beteiligt es mich ab sofort").
Spice hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 16:38 Wenn es wirklich so wäre, wie Du annimmst, dass man einfach ohne Beteiligung des Menschen die ewige Seligkeit bekommt, dann ist das, wie wenn jemand sagt, in 100 Jahren fällt ein großer Meteorit auf Deutschland. Dann sagt man "aha", und gibt sich wieder den alltäglichen Beschäftigungen hin.
Manche gehen noch weiter und sagen: "Wenn das so ist, kann ich jetzt problemlos Leute umbringen und Banken ausrauben". - Das ist sehr menschlich, funktioniert aber nicht.

Es funktioniert deshalb nicht, weil JEDER Mensch am Ende vor sich selber gestellt wird und seine Taten und Untaten nachträglich erkennt und somit im Bedarfsfall auch erleidet. - Mit anderen Worten: Niemand ist unbeteiligt. ---- Die "ewige Seligkeit" wäre dementsprechend der Zustand danach - also nach dem "Gerichtet-Werden" und dem Leid, das damit verbunden sein kann.

Christsein bedeutet in diesem Kontext, dass es der Mensch leichter hat und freier ist. - Vergleiche nur mal einen Säkularen, der seine "Selbst-Verwirklichung"/Erfüllung im Diesseits hinkriegen muss - wie unfrei. Da würde ich wahrscheinlich die Panik bekommen.
Otto
Beiträge: 943
Registriert: Do 15. Feb 2018, 22:24

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Otto »

Spice hat geschrieben:Der einzige Unterschied zwischen den Zeugen Jehovas und allen anderen Denominationen ist, das bei den Zeugen allen anderen von wenigen Menschen vorgeschrieben wird, wie sie über etwas zu denken haben. Damit machen sich die Anhänger zu gedankenlosen Sklaven und erfüllen gerade nicht ihre göttliche Bestimmung.
Na wenn das nur der einzige Unterschied ist...Ich dachte es wären viele mehr. Übrigens, du hast mich falsch zitiert (@PeB&@Otto vermischt)
LGrüße von Otto
Hiob
Beiträge: 7477
Registriert: Di 1. Jan 2019, 00:21

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Hiob »

Otto hat geschrieben: Mi 7. Okt 2020, 20:20 Und, „Erkenntnisprozess“ unter einer Denomination ja, unter einzelnen Individuen nein, sonst hätten wir nur eigenbrötler…
Da muss ich Dir leider widersprechen. Nach meiner Ansicht sind Erkenntnisprozesse immer individuell. Gruppen (hier: Denominationen) können dabei einen Halt geben (sie können auch zu Irrtümer verführen).
Otto
Beiträge: 943
Registriert: Do 15. Feb 2018, 22:24

Re: Wann ist Bibelkritik?

Beitrag von Otto »

Hiob hat geschrieben:Da muss ich Dir leider widersprechen. Nach meiner Ansicht sind Erkenntnisprozesse immer individuell. Gruppen (hier: Denominationen) können dabei einen Halt geben (sie können auch zu Irrtümer verführen).
Ist ja nicht schlimm. Natürlich erkennt jeder für sich. Da deine Fragestellung eben Denominationen betraf legte ich den Schwerpunkt auf sie…
Hiob hat geschrieben:Womit ich hadere, ist folgendes: Es gibt wirklich sehr viele Denominationen, die in wichtigen Dingen die Bibel unterschiedlich auslegen. - Woher kommt das?
LGrüße von Otto
Antworten