Definitionssache und dunkle Omen
Verfasst: Di 13. Jul 2021, 11:46
Hallo,
Ich denke es ist uns allen bewusst, dass wir eine fortschreitende Politisierung eigentlich aller Bereiche und eine zunehmende Polarisierung erleben.
Wir scheinen unfähig einen Dialog zu führen, sehen uns gegenseitig nur noch als Karikaturen, als Stereotypen, die uns gleichzeitig formen und zunehmend die Sicht versperren. Auf der Suche nach Rechtfertigung begeben wir uns immer weiter in den Kaninchenbau, oder Suchen Halt beim großen Bruder.
Mir geht das regelmäßig mit meiner Schwägerin so. Wir verstehen uns gut, wir mögen uns. Aber wenn wir gelegentlich diskutieren (alles ganz gesittet), hapert es schon daran, dass wir uns auf eine Realität einigen können. Haben Frauen einen Penis? Was ist Inflation? Wie schlimm ist der Klimawandel?
Sind daran die Fake News schuld, denen ich aufsitze? Oder ist es meine Schwägerin, die völlig unreflektiert alles glaubt was in der Zeitung steht?
Worauf können wir uns überhaupt noch einigen?
Die beispielhafte Frage, ob Frauen einen Penis haben können, entscheidet sich offensichtlich an der Definition von Frau. Die Frage, ob ein "Impfstoff" ein Impfstoff ist, daran, wie man Impfung definiert. Ob etwas Rassistisch ist.. ich denke ihr versteht worauf ich hinaus will.
Seit wann sind unsere Definitionen so labil, so flüchtig? Wie kann es sein, dass sich von heut auf morgen unsere Realität (im Grunde ja nur die Definition) ändert? Es ist richtig, Definitionen ändern sich. Aber der Takt in dem das passiert ist so noch nicht dokumentiert worden. Wie war das für frühere Generationen?
Babyboomer wuchsen mit einem ziemlich stabilen Wertesystem auf (sind selbst aber schon Nachkommen einer transformativen Generation gewesen). Man nennt sie manchmal auch die "Me-Generation". Millenials wuchsen in dieser Babyboomer-Welt in dem Bewusstsein auf, dass nichts "in Stein gemeißelt" ist. Man kennst sie auch als Snowflakes, die Safe-Spaces benötigen und überdurchschnittlich oft an psychischen Erkrankungen leiden. Während die Babyboomer noch die Generation-Z unterrichtete, verdrängen die Snowflakes zunehmend die in Rente gehenden Boomer.
(Diese Beschreibungen gelten hauptsächlich für die USA. Aus Deutschland, der intellektuellen Einöde, kennen ich etwas vergleichbares nicht. Ich denke aber, dass das mit einer kleinen Zeitverzögerung auch für Deutschland Geltung hat.)
Link zur Generationentabelle
Ich weiß nicht wie es euch dabei geht, aber ich glaube wir sollten mal innehalten, und aufhören, ständig alles ändern zu wollen. Ich arbeite in der IT, und mich nervt es ungemein, dass sich ständig alles ändert. Die ständigen Updates machen einem das Leben schwer. Jedes Update ist potentiell Systemgefährdend. Immer auf der Suche nach einem Abhängigkeitspfad der funktioniert. Es hieß mal "Never touch a running System!". Natürlich längst überholt. Aber wenn wir uns nicht an unsere Umgebung gewöhnen können, etwas gebautes keinen Bestand mehr hat, wo ist dann Sinn überhaupt noch Sesshaft zu werden? Dann hätte die Menschheit auch gleich in der Wildnis bleiben können.
Sagt euch der Begriff the fourth Turning etwas? Ich glaube das war ein Buchtitel. Jedenfalls wird damit ein Generationen-Prozess beschrieben, den man in Kürze so formulieren könnte:
Schwere Zeiten produzieren starke Menschen.
Starke Menschen produzieren Gute Zeiten.
Gute Zeiten produzieren schwache Menschen.
Schwache Menschen produzieren schwere Zeiten.
Ich weiß nicht wie es euch geht.. aber mir erscheint das alles wie dunkle Omen. Die Spekulationen über Endzeit nehmen zu (auch in der Popkultur). Etwas fatalistisches hängt in der Luft. Eine Jugend, die glaubt Schule lohne nicht mehr, und man könnte sich von Mann zu Frau bekehren... Ich begreife nicht, dass wir nicht schon längst die Notbremse gezogen haben.
MfG
Ich denke es ist uns allen bewusst, dass wir eine fortschreitende Politisierung eigentlich aller Bereiche und eine zunehmende Polarisierung erleben.
Wir scheinen unfähig einen Dialog zu führen, sehen uns gegenseitig nur noch als Karikaturen, als Stereotypen, die uns gleichzeitig formen und zunehmend die Sicht versperren. Auf der Suche nach Rechtfertigung begeben wir uns immer weiter in den Kaninchenbau, oder Suchen Halt beim großen Bruder.
Mir geht das regelmäßig mit meiner Schwägerin so. Wir verstehen uns gut, wir mögen uns. Aber wenn wir gelegentlich diskutieren (alles ganz gesittet), hapert es schon daran, dass wir uns auf eine Realität einigen können. Haben Frauen einen Penis? Was ist Inflation? Wie schlimm ist der Klimawandel?
Sind daran die Fake News schuld, denen ich aufsitze? Oder ist es meine Schwägerin, die völlig unreflektiert alles glaubt was in der Zeitung steht?
Worauf können wir uns überhaupt noch einigen?
Die beispielhafte Frage, ob Frauen einen Penis haben können, entscheidet sich offensichtlich an der Definition von Frau. Die Frage, ob ein "Impfstoff" ein Impfstoff ist, daran, wie man Impfung definiert. Ob etwas Rassistisch ist.. ich denke ihr versteht worauf ich hinaus will.
Seit wann sind unsere Definitionen so labil, so flüchtig? Wie kann es sein, dass sich von heut auf morgen unsere Realität (im Grunde ja nur die Definition) ändert? Es ist richtig, Definitionen ändern sich. Aber der Takt in dem das passiert ist so noch nicht dokumentiert worden. Wie war das für frühere Generationen?
Babyboomer wuchsen mit einem ziemlich stabilen Wertesystem auf (sind selbst aber schon Nachkommen einer transformativen Generation gewesen). Man nennt sie manchmal auch die "Me-Generation". Millenials wuchsen in dieser Babyboomer-Welt in dem Bewusstsein auf, dass nichts "in Stein gemeißelt" ist. Man kennst sie auch als Snowflakes, die Safe-Spaces benötigen und überdurchschnittlich oft an psychischen Erkrankungen leiden. Während die Babyboomer noch die Generation-Z unterrichtete, verdrängen die Snowflakes zunehmend die in Rente gehenden Boomer.
(Diese Beschreibungen gelten hauptsächlich für die USA. Aus Deutschland, der intellektuellen Einöde, kennen ich etwas vergleichbares nicht. Ich denke aber, dass das mit einer kleinen Zeitverzögerung auch für Deutschland Geltung hat.)
Link zur Generationentabelle
Ich weiß nicht wie es euch dabei geht, aber ich glaube wir sollten mal innehalten, und aufhören, ständig alles ändern zu wollen. Ich arbeite in der IT, und mich nervt es ungemein, dass sich ständig alles ändert. Die ständigen Updates machen einem das Leben schwer. Jedes Update ist potentiell Systemgefährdend. Immer auf der Suche nach einem Abhängigkeitspfad der funktioniert. Es hieß mal "Never touch a running System!". Natürlich längst überholt. Aber wenn wir uns nicht an unsere Umgebung gewöhnen können, etwas gebautes keinen Bestand mehr hat, wo ist dann Sinn überhaupt noch Sesshaft zu werden? Dann hätte die Menschheit auch gleich in der Wildnis bleiben können.
Sagt euch der Begriff the fourth Turning etwas? Ich glaube das war ein Buchtitel. Jedenfalls wird damit ein Generationen-Prozess beschrieben, den man in Kürze so formulieren könnte:
Schwere Zeiten produzieren starke Menschen.
Starke Menschen produzieren Gute Zeiten.
Gute Zeiten produzieren schwache Menschen.
Schwache Menschen produzieren schwere Zeiten.
Ich weiß nicht wie es euch geht.. aber mir erscheint das alles wie dunkle Omen. Die Spekulationen über Endzeit nehmen zu (auch in der Popkultur). Etwas fatalistisches hängt in der Luft. Eine Jugend, die glaubt Schule lohne nicht mehr, und man könnte sich von Mann zu Frau bekehren... Ich begreife nicht, dass wir nicht schon längst die Notbremse gezogen haben.
MfG