In der Tradition gibt es in der Auslegung der Bibel den Gebrauch des vierfachen Schriftsinnes:Markus 4
35 Am Abend dieses Tages sagte Jesus: »Lasst uns zum anderen Ufer hinüberfahren!« 36 So schickten sie die Menschenmenge nach Hause und nahmen Jesus mit in ihr Boot. Es waren auch noch andere Boote dabei. 37 Da erhob sich ein gewaltiger Wirbelwind. Die Wellen schlugen gegen das Boot, sodass es unterzugehen drohte. 38 Jesus hatte sich im Heck des Bootes auf einem Kissen zum Schlafen niedergelegt. Da weckten seine Schüler ihn auf und sagten: »Lehrer, ist es dir ganz gleichgültig, dass wir untergehen?« 39 Da stand er auf und wies den Wind in seine Schranken. Und zum See sagte er: »Sei still!« Der Wind legte sich und eine große Stille breitete sich aus. 40 Dann sagte er zu seinen Schülern: »Wie ängstlich ihr doch seid! Habt ihr immer noch kein Vertrauen?« 41 Doch sie fürchteten sich nur noch mehr und sagten zueinander: »Wer ist nur dieser Mensch? Selbst der Wind und der See tun, was er befiehlt!«
+ Literalsinn = wörtliche, geschichtliche Auslegung
+ Typologischer Sinn -Interpretation „im Glauben“ = dogmatisch-theologische Auslegung
+ Tropologischer Sinn - Interpretation „in Liebe“ = moralische Sinnebene, gegenwärtige Wirklichkeit einer Einzelseele
+ Anagogischer Sinn - Interpretation „in Hoffnung“ = endzeitlich-eschatologische Auslegung
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Im folgenden meine Auslegung im Tropologischen Sinn.
Wenn man sich mit der Geisteswelt der damaligen Griechen, der jüdisch-griechischen Philosophie eines Philo oder der frühen christlichen Auslegung eines Kirchenlehrers wir Origines beschäftigt, dann bekommen die Bilder der Evangelien Zuordnungen, die damals geläufig waren und von den damaligen Lesern auch so verstanden wurden:
Alles was mit Luft und Wind in Beziehung steht, wurde als Audruck des „Geistes“ (pneuma und Wind ist das gleiche Wort) verstanden, der „weht wo er will“, dessen Ursprung nicht sichtbar ist und dennoch alles bewegt.
Das Wasser wurde in Beziehung mit den Fühlen, den Emotionen, also der Seele gesetzt, die Erde mit dem Leib und allem Festen und das Feuer mit Willen Gottes, mit Gott selbst (siehe den brennenden Dornbusch)
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Auslegung:
Der Mensch (die Jünger) fährt in seinem Boot (dem Leib = also "abgesondert" vom Himmelsreich, in seinem Einzel-Bewusstsein) durch seine Emotionen, seine Liebe, seine Ängste, die er oft nicht begreifen kann. Stimmungen die einfach auftauchen, Ängste die beengen, Freude die erfüllt.
Einem Christen dürfte das nicht ängstigen – aber Christus schläft. Haben wir ihn schlafen lassen, war ER erschöpft? Wie auch immer Christus schläft und in unserer Seele wirbeln die Gedanken (Wirbelwinde = Geist = Gedanken) alles auf, die umgebenden Sorgen, das Elend, die Ängste machen uns handlungsunfähig (das Boot läuft voll). Hoher Blutdruck, rasendes Herz, Unruhe, beklemmende Brustschmerzen, oder Museklverspannungen (vor allem im Rücken, weil so viel „ertragen“, „getragen“ werden muss) = und Christus schläft
Ja – dann wecken wir ihn doch mal auf:
Und der erwachende „Christus in uns“ gebietet unserem Wirbelwind (Gedankenkarusell), unsere Ängste und Sorgen (das Wasser) und er fragt:
„Habt ihr kein Vertrauen?“
Meine Gedanken bei dieser Textstelle ist: wenn wir wissen, dass Christus (durch seine Geistkraft) in uns ist – dann ist es doch egal ob er wach oder schlafend ist. ER ist DA in all unseren Ängsten und Sorgen, wir haben ihn in unserem „Boot“ auf unserem „Wasser“ (Seele) immer bei uns, denn wir sind seine Jünger.
Und wir sollten uns nicht fragen: „Wer ist dieser?“ (ein böser Geist, ein Dämon, ein falscher Gott?) - nein, wir wissen dass wir Christus nachfolgen, dass seine Geistkraft in uns wirkt und auch wenn er für unser Bewusstsein schläft = er ist immer DA.
Psalm 25 15 - 21
Stets auf den Ewgen schauen meine Augen denn er zieht meine Füße aus dem Netz. Wend dich zu mir, begnade mich denn einsam bin ich und erniedrigt! Die Engen meines Herzens werden weit aus meinen Nöten führe mich heraus! Sieh an mein Elend und mein Leid vergib all meine Sünden! Sieh meine Feinde, wie sie viel und mich mit Haß der Raubgier hassen! Bewahr mein Leben, rette mich! Ich komme nicht in Schanden weil ich bei dir geborgen. Die Schlichtheit und Geradheit hüten mich weil ich dein harre.
Tur-Sinai