Was bin ich?

Judentum, Islam, Hinduismus, Brahmanismus, Buddhismus,
west-östliche Weisheitslehre
Jakobgutbewohner
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Was bin ich?

Beitrag von Jakobgutbewohner »

In hinduistischer Meditation wird z.B. dieser Ansatz verfolgt:
"Ich bin DAS." soll ausdrücken, ich bin nicht das, was beschrieben werden kann. „Ich bin DAS.“ kann mehr in der Negierung beschrieben werden: „Neti Neti“. Wenn Du fragst: „Wer bin ich?“ dann kannst du erst sagen: „Wer bin ich nicht?“. Ich bin nicht der Körper, ich bin nicht die Psyche, ich bin nicht der Beruf, ich bin nicht die Nationalität, ich bin nicht die Hautfarbe, ich bin nicht die Haarfarbe, ich bin nicht die Größe meiner Augen. „Neti Neti“ – Nicht dies, Nicht das. Wer bin ich? Ich bin „DAS“. Ich bin das, was all das beobachtet. Wer bin ich? Ich bin „DAS“, das, was alles andere beobachtet, aber nicht beobachtet werden kann. „Neti Neti“ – ich bin nicht klug, nicht dumm, ich bin nicht introvertiert, nicht extrovertiert, ich bin nicht verträglich oder unverträglich, ich bin weder spontan, noch gewissenhaft. Ich bin das, was jenseits von Allem ist.
https://wiki.yoga-vidya.de/Ich_bin_das

Wo kommt man auf diese Weise hin? Wieso wäre Beobachtung nach diesem Ansatz so ausschlaggebend?
oTp
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Re: Was bin ich?

Beitrag von oTp »

Geht es nicht darum, womit ich mich identifiziere ? Man will ja das eigene Ich auslöschen.
Das universale, göttliche Bewusstsein erlangen.
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SilverBullet
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Re: Was bin ich?

Beitrag von SilverBullet »

Jakobgutbewohner hat geschrieben: Do 27. Jun 2024, 18:43Wo kommt man auf diese Weise hin? Wieso wäre Beobachtung nach diesem Ansatz so ausschlaggebend?
Letztlich geht es um "citta vritti nirodha", also das Zur-Ruhe-Kommen von jeglichem inneren Antrieb/Aktivität.
Die Idee ist, in einen Fluss absichtslosen Beobachtens einzutauchen und letztlich noch nicht einmal mehr an diesem Beobachten, Interesse zu haben.

Es geht hier um Yoga und das, was du beschreibst, ist "Jnana Yoga", also quasi der "denkende Weg", bei dem du deine Aktivitäten verstehst und davon loslässt, weil du sie als nicht zielführend einordnest.

Das grundlegende Konzept ist relativ einfach:
jeder Mensch kann an sich selbst erkennen, dass er unterschiedliche Grade der Hartnäckigkeit im Verfolgen von Zielen durchläuft.
Auf der einen Seite der Erfahrung steht dabei "maximale Verbissenheit" und auf der anderen "totale Neutralität/Gleichgültigkeit".

Jetzt kann man das interpolieren und zu einem Weltbild formen - Idee:
der Mensch ist etwas, das zu Allem neutral/gleichgültig eingestellt sein kann.

Dieses Weltbild kann man mit der asiatischen Vorstellung eines Austretens aus dem "Rad der Wiedergeburt" verbinden und schlussfolgern:
"wenn ein Mensch allen Umständen neutral/gleichgültig gegenübersteht, dann klingt das Rad ab und er überwindet letztlich den ständigen Lebenskreislauf".

Das ist natürlich ein einfaches Weltbild, in dem nirgendwo enthalten ist, wie ein Mensch funktioniert - das ist das Problem.

Wie weit kann man damit kommen?
=> Im günstigen Fall zu einem Auflösen ungesunder Verbissenheit.
=> Im ungünstigen Fall zu einem total falschen Abbiegen (weil die eigene Funktionsgrundlage ja unbekannt ist) und dem Anhängen/Verfolgen von unerreichbaren Zielen -> Illusion.

Insgesamt muss man sagen, dass auch dieses Weltbild ein Ziel darstellt, das man absolut verfolgt, indem man alles andere loslässt. Die Legende lautet dann halt: am Ende gibt man auch dieses letzte Ziel auf.

Die grosse Gefahr ist, dass man sich in ein Maximum der Nutzlosigkeit hineinfallen lässt, denn selbst wenn man diese "totale Neutralität" erreichen kann, bedeutet das nicht, dass man in Bezug auf die Funktionsweise des Menschen irgendetwas Sinnvolles erreicht hat.
oTp
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Re: Was bin ich?

Beitrag von oTp »

Ja, es soll sicher dazu dienen, aus dem Rad des Karma "auszusteigen". Man soll an nichts mehr hängen, nicht mehr sein Ego befriedigen, kein Wünschen und Wollen mehr. Dabei ist auch Ziel, das ständige Denken zu beenden weil man dann ein universalen Bewusstsein erlangen könne.
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Johncom
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Re: Was bin ich?

Beitrag von Johncom »

Jakobgutbewohner hat geschrieben: Do 27. Jun 2024, 18:43
Wo kommt man auf diese Weise hin?
Das Häkchen setze ich bei dem Wort "man". Der, der ich jetzt bin, das persönliche Ego, das in der Welt denkende, fühlende und aktive wird erkannt - und gelassen. Was dann noch ist, ist DAS. Das, was jenseits der Dinge ist, und das was auch immer da ist oder war.
Wieso wäre Beobachtung nach diesem Ansatz so ausschlaggebend?
"Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen."

Der traditionelle Yoga bietet den Suchenden je nach ihrem Temperament, ihrer Neigung 3 Hauptwege. Der eine ist dieser Weg der Selbst-Erkenntnis, der andere nennt sich Bhakti-Yoga: Gebet, Hingabe ... der weitere heißt Karma-Yoga: Gute Werke tun, dienen, helfen. In jedem sollte die persönliche Ich-Haftung überwunden werden. Was im Westen gerne missverstanden wird, es wird keine Selbsterlösung gelehrt. Ob Fortschritt oder Erleuchtung, immer wird absolute Demut angemahnt, nur Gottes Gnade wirkt.
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Johncom
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Re: Was bin ich?

Beitrag von Johncom »

SilverBullet hat geschrieben: Do 27. Jun 2024, 20:26 Das grundlegende Konzept ist relativ einfach:
jeder Mensch kann an sich selbst erkennen, dass er unterschiedliche Grade der Hartnäckigkeit im Verfolgen von Zielen durchläuft.
Auf der einen Seite der Erfahrung steht dabei "maximale Verbissenheit" und auf der anderen "totale Neutralität/Gleichgültigkeit".

Jetzt kann man das interpolieren und zu einem Weltbild formen - Idee:
der Mensch ist etwas, das zu Allem neutral/gleichgültig eingestellt sein kann.
Oder der Mensch kann zu allem ein gleichmütiges Verständnis entwickeln. Weisheit .. Erkennen der Natur? Der Geist, der zur Ruhe kommt, beginnt zu "sehen". Und zunächst mal sich selber erkennen: Wer (was) bin ich.

Ein anderer Punkt, auf den die Yogis immer hinweisen: Wir alle gehen in die seelige Ruhe jeden Tag, das sind die etwa 2 Stunden des traumlosen Tiefschlafs. Ohne diese absolute Vergessenheit, kann kein Mensch gesund funktionieren.
Wie weit kann man damit kommen?
=> Im günstigen Fall zu einem Auflösen ungesunder Verbissenheit.
=> Im ungünstigen Fall zu einem total falschen Abbiegen (weil die eigene Funktionsgrundlage ja unbekannt ist) und dem Anhängen/Verfolgen von unerreichbaren Zielen -> Illusion.
Gefahren kommen immer, wenn man übertreibt. Wenn man zB vor der Welt weg läuft, wenn man sich von Sekten und Versprechungen fangen lässt usw .. Gesund ist prüfen, abwägen: was will ich, was erhoffe ich. Eine gewisse Reife, auch Welterfahrung, wäre angebracht.
oTp
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Re: Was bin ich?

Beitrag von oTp »

Was bin ich ?
Das zieht jedenfalls im Yoga schon mal darauf, das menschliche irdische Bewusstsein auszulöschen und zu verschmelzen mit dem Sein, Bewusstsein Gottes. Endgültig frei ist man aber erst, wenn man sein gesamtes Karma ausgelöscht hat.

Was ist der Mensch ?
Nach Yoga und Buddhismus ewiger Geist, der verdeckt wird vom irdischen Bewusstsein mit seiner individuellen Prägung. In der Gedankenleere der Meditation kann die Verschmlzung mit dem göttlichen Bewusstsein geschehen.
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Jakobgutbewohner
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Re: Was bin ich?

Beitrag von Jakobgutbewohner »

SilverBullet hat geschrieben: Do 27. Jun 2024, 20:26Letztlich geht es um "citta vritti nirodha", also das Zur-Ruhe-Kommen von jeglichem inneren Antrieb/Aktivität.
Die Idee ist, in einen Fluss absichtslosen Beobachtens einzutauchen und letztlich noch nicht einmal mehr an diesem Beobachten, Interesse zu haben.
Wie es sich mir darstellt, ist da etwas anderes gemeint. Interesse an Beobachten sagt nichts darüber aus, ob etwas an sich beobachtbar ist.

Körper lassen sich beobachten, auch meiner. Man beobachtet also den Körper und fühlt sich dabei nicht als dieser Körper, sondern was anderes? Das mag nach meinem Verständnis die eigene Seele sein. Auch die eigene Seele kann beobachtet werden. Was hätte es dann damit auf sich? Wieso sollte man nicht sein, was man beobachten kann? Kann Brahman nicht beobachtet werden? Doch wohl schon?
Johncom hat geschrieben: Fr 28. Jun 2024, 00:33
Jakobgutbewohner hat geschrieben: Do 27. Jun 2024, 18:43Wo kommt man auf diese Weise hin?
Das Häkchen setze ich bei dem Wort "man". Der, der ich jetzt bin, das persönliche Ego, das in der Welt denkende, fühlende und aktive wird erkannt - und gelassen.
In Ordnung. Zumindest wird festgestellt: Das kann ich beobachten.
Was dann noch ist, ist DAS. Das, was jenseits der Dinge ist, und das was auch immer da ist oder war.
Und das beobachtet? Aber du (oder DAS, eben das was ist und hier wohl Beobachter sein würde) weißt es nicht zu beobachten? Wie fühlt sich DAS so für dich an?
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Johncom
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Re: Was bin ich?

Beitrag von Johncom »

Jakobgutbewohner hat geschrieben: Fr 28. Jun 2024, 13:49 Zumindest wird festgestellt: Das kann ich beobachten.
Nicht vom Ich. Das Ich erinnert sich beim Zurückkommen.
Und das beobachtet? Aber du (oder DAS, eben das was ist und hier wohl Beobachter sein würde) weißt es nicht zu beobachten? Wie fühlt sich DAS so für dich an?
Weiß ich nicht wenn "ich" nicht da war. Nachher vielleicht ein Staunen, Tränen laufen, Dankbarkeit.

Man kann es ganz einfach machen, es ist nichts Fremdes: Man steht morgens auf und weiß noch, etwa 22:00 bin ich zu Bett gegangen. Wer hat diese 8 Stunden beobachtet?
Ein geistiges Erwachen kann man auch sehr einfach beschreiben: erkennen, das Ich ist immer und bedingungslos. Also außerhalb von Raum und Zeit. Dieses Erkennen ist wie ein Schock, wie eine Über-Wachheit. Das Erkannte läuft dann mit im normalen Alltag.
oTp
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Re: Was bin ich?

Beitrag von oTp »

Ein geistiges Erwachen kann man auch sehr einfach beschreiben: erkennen, das Ich ist immer und bedingungslos. Also außerhalb von Raum und Zeit. Dieses Erkennen ist wie ein Schock, wie eine Über-Wachheit. Das Erkannte läuft dann mit im normalen Alltag.
Und duhast das selber so erlebt, johncom ?

Leute wie Meister Eckhardt haben ja ähnlich wahrgenommen, aber klar und dauerhaft.
Könnte matürlich auch eine psychische Abnormalität sein. Schon weil im Drogenrausch wohl solcherart psychischer Zustände auch möglich sind.
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