Esperanzia hat geschrieben: ↑So 5. Mai 2019, 17:57In bin katholisch in katholischer Umgebung aufgewachsen und habe niemals gehört, dass man gegen die Protestanten gehetzt hätte. Das unbestimmte Gefühl war in etwa so: "Protestanten sind auch gute Christen. Sie sind vielleicht da und dort im Irrtum, aber es sind dennoch gute Christen!"
Auch ich bin mit katholischer Muttermilch groß geworden. Und ich habe das Verhältnis "katholisch- evangelisch" anders erlebt als du.
Gehetzt wurde nicht. Jedenfalls nicht so, wie viele Kritiker der RKK das heute tun.
Aber es bestand eine große Unsicherheit unter den Gläubigen.
Beispiel: Ein katholischer Christ sollte im Idealfall nur einen Partner heiraten, der ebenfalls katholisch war.
Direkt verboten war es nicht, glaube ich, eine Mischehe anzustreben. Aber der evangelische Partner musste zustimmen, die gemeinsamen Kinder im katholischen Glauben zu erziehen. Meines Wissens ist das heute noch so. Und das ist verständlich.
Denn die Kirche
glaubt ja, was sie lehrt.
Konkrete Beispiele: Meine Mutter hatte sich als Teenie zuerst in einen evangelischen Mann verliebt und geriet dadurch in Konflikte mit ihrem Glauben und mit ihrer Familie.
Sie gab die Beziehung auf. Später lernte sie meinen Vater kennen. Er war katholisch.
Nach ihrem Tod mit nur 43 Jahren machte er sich viele Gedanken. Er fragte sich und mich, ob sie wohl mit dem anderen Mann glücklicher geworden und nicht so früh verstorben wäre.
Einer meiner Verwandten hatte zuerst auch eine evangelische Frau im Auge gehabt. Geheiratet hat er dann eine katholische Frau. Sie sah seiner ersten Liebe
sehr ähnlich... (ich habe mal ein Foto gesehen).
Wie viele Opfer hat es junge Katholiken gekostet, ihrem Glauben- und vor allem: Ihrer Kirche- treu zu bleiben? frage ich mich.
Nicht die Kirche machte den Druck. Es waren die Erwartungen der Familie. Aus Überzeugung. Es war
gut gemeint.
Man muß dazu sagen: Die Gegend war überwiegend katholisch. Von den Evangelischen wußte man nicht viel. Katholiken und Protestanten gingen sozusagen aneinander vorbei.
Ein anderer Verwandter ließ sich seine evangelische Frau
nicht ausreden.
Unsere Familie war zur Hochzeit eingeladen. Ich war noch ein Kind im Grundschulalter.
Als die kirchliche Trauung vorüber war, musste die Hochzeitsgesellschaft eine Strecke laufen. Wahrscheinlich zur Lokalität, in welcher gefeiert werden sollte; das habe ich nicht mehr in Erinnerung.
Die Mutter des Verwandten, eine grundanständige Katholikin, war sehr betrübt über diese Eheschließung. Und weil seine Mutter so sterbenstraurig war, dass ihr die Tränen kamen, musste auch der Bräutigam weinen.
Gerade erst getraut, es sollte ein Tag der Freude sein, und dann bittere Tränen...
Meine Mutter tröstete ihn und sprach ihm Mut zu. So viel weiß ich noch.
Es tat mir so leid. Es tut mir heute noch leid.
Denn mittlerweile haben sich die Landeskirchen einander angenähert und respektieren sich gegenseitig als Teil der Gemeinde Jesu.
Die Ehe hält übrigens bis heute. Die Eheleute müssen in den 80ern sein.
LG