Exkurs zum Sabbat
Der Sabbat war der siebte Tag der Woche (Samstag), und er wird es auch immer bleiben. Gott ruhte am siebten Tag, nachdem er die Erde in sechs Tagen geschaffen hatte (1. Mose 2,2). Er befahl das Halten des Sabbats zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Vielleicht war es seine Absicht, dass man an einem der sieben Wochentage ruhen sollte.
Dem Volk Israel war befohlen worden, den Sabbat zu halten, als ihm die Zehn Gebote gegeben wurden (2. Mose 20,8-11). Das Gesetz des Sabbats war anders als die anderen neun Gebote, es war ein Zeremonialgesetz, während die anderen Gebote ethische Gesetze waren. Der einzige Grund, warum es falsch war, am Sabbat zu arbeiten, bestand darin, dass Gott es gesagt hatte. Die anderen Gebote hatten es mit Handlungen zu tun, die an sich schlecht waren.
Das Verbot der Sabbatarbeit sollte sich nach Gottes Absicht nie beziehen auf:
1. den Dienst für Gott (Matth 12,5),
2. notwendiges Handeln (Matth 12,3.4)
oder
3. barmherzige Taten (Matth 12,11.12).
Neun der Zehn Gebote werden im NT wiederholt, nicht als Gesetz, sondern als Anweisungen für Christen, die unter der Gnade leben. Das einzige Gebot, das nirgends wiederholt wird, ist das Sabbatgebot. Stattdessen lehrt Paulus, dass ein Christ nicht verurteilt werden kann, wenn er ihn nicht hält (Kol 2,16).
Der wichtigere Tag für die Christen ist der erste Tag der Woche. Der Herr Jesus stand an diesem Tag aus den Toten (Joh 20,1) auf, ein Beweis dafür, dass sein Erlösungswerk vollendet und göttlich anerkannt war. An den nächsten zwei »Tagen des Herrn« traf er sich mit den Jüngern (Joh 20,19.26). Auch der Heilige Geist wurde an einem solchen Tag ausgegossen (Apg 2,1; vgl. 3. Mose 23,15. 16). Die ersten Jünger trafen sich an diesem Tag, um das Brot zu brechen und damit den Tod des Herrn zu verkündigen (Apg 20,7). Der erste Tag (Sonntag) ist der Tag, den Gott dazu bestimmte, dass Christen an ihm Geld für das Werk des Herrn sammeln sollen (1. Kor 16,1.2).
Der Sabbat oder der siebte Tag war das Ende einer arbeitsreichen Woche; mit dem Tag des Herrn oder dem Sonntag beginnt die Woche mit dem Ruhe spendenden Bewusstsein, dass das Werk der Erlösung vollendet ist. Der Sabbat erinnerte an die erste Schöpfung, der Tag des Herrn ist dagegen mit der neuen Schöpfung verbunden. Der Sabbat war der Tag der Verantwortung, der Sonntag ist ein Tag des Vorrechtes.
Christen »halten« den Tag des Herrn nicht, um sich die Errettung zu verdienen oder »heiliger« zu werden, auch fürchten sie sich nicht vor Bestrafung. Sie sondern diesen Tag aus liebevoller Hingabe an den Einen aus, der sich selbst für sie hingegeben hat. Weil sie von den routinemäßigen, weltlichen Dingen des Lebens an diesem Tag befreit sind, können sie ihn auf besondere Weise zur Anbetung und zum Dienst für Christus nutzen.
Es ist nicht richtig zu behaupten, dass der Sabbat zum Tag des Herrn geworden ist. Der Sabbat ist der Samstag, der Tag des Herrn dagegen ist der Sonntag. Der Sabbat war nur ein Schatten, Christus dagegen ist der Körper selbst (Kol 2,16.17). Die Auferstehung Jesu kennzeichnete einen Neuanfang, und der Tag des Herrn ist ein Bild für diesen Anfang.
Als gläubiger Jude, der unter dem Gesetz lebte, hielt Jesus den Sabbat (trotz der Anklagen der Pharisäer, die das Gegenteil behaupteten). Als Herr des Sabbats befreite er ihn von falschen Regeln und Vorschriften, die sich immer mehr verfestigt hatten.
Quelle: William MacDonald - Kommentar zum Neuen Testament, Seite 80
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