PeB hat geschrieben: ↑Fr 10. Sep 2021, 11:34
Behandle sie also auch als Diener und nicht als Herrschende. Durch dein Vokabular sprichst du ihnen eine Macht zu, die sie nicht haben sollen und es wird ein Kontrast zwischen "Herrschenden" und "Beherrschten" postuliert, den es in einer Demokratie nicht geben sollte.
Worte sind geeignet, Strukturen zu verändern. Deshalb rate ich einfach dazu, sie nicht leichtfertig zu gebrauchen.
Das, was Du da sagst, ist idealistisch. So sollte es sein, so ist es gedacht. Das ist es der Definition nach. Diener des Volkes. Aber in der Praxis sieht es eben anders aus. Das wissen wir alle.
Ein System, bei dem eine Amtsperiode 4 Jahre dauert, ist allein deshalb kein System, das ich als "demokratisch" bezeichnen würde. Früher einmal, wo die Welt sich noch gemächlicher entwickelte und die Menschen noch wussten, was gut und ist und was nicht, was Moral, Anstand, Sitte sind und was ein rechter Glaube ist, wo man noch an einen Gott glaubte, da sah es anders aus. Heute jedoch ist alles extrem schnellebig geworden und 4 Jahre sind nichteinmal mehr annähernd angemessen, sie werden dem hohen Entwicklungs- und Veränderungstempo längst nicht mehr gerecht.
Ich habe mir mal Gedanken darüber gemacht, wie eine Demokratie in unserer modernen Gegenwart aussehen müsste, damit sie diesen Namen auch verdient. Ich kam zu dem Ergebnis, dass "Amtsperioden" da überhaupt nicht mehr exisisteren dürften. Kein Politiker dürfte sich auch nur einen einzigen Tag sicher fühlen in seinem Amt. Er müsste permanent durch das Volk kontrolliert und unter Druck gesetzt werden, Tag um Tag, Stunde um Stunde. Alles, was er macht, müsste für jeden einzelnen Bürger transparent sein - Tag und Nacht. Es müsste eine totale Überwachung und Kontrolle der Politiker durch das Volk vorhanden sein.
Die Tendenz ist aber umgekehrt: Politiker streben ihrerseits eine totale Überwachung und Kontrolle der Bevölkerung an, um ihre Standpunkte durchzusetzen, was sie für gut und richtig halten oder auch nur das, was sie eben wollen. In unserer Zeit kann jeder Mensch sich in kürzester Zeit komplett wandeln. Man sieht ja, was man auf "das Wort eines Politikers" heute noch geben kann. Sicher: Es gibt solche und solche. Aber wie oft sehen wir heute, wie Politiker das Gegenteil von dem tun, was sie gerade erst noch ausgeschlossen haben, wie sie ihre Versprechen brechen.
Ich will mich nicht über Politiker - Menschen - auslassen. So bin ich nicht. Jeder kann sich ja selbst informieren über die Menschlichkeit und kann gut sehen, wie bemerkenswert wandelbar und flexibel manche Politiker unserer Zeit sind. Was ein Politiker zur Amtseinführung vorgab zu sein, hat mit dem, was er am Ende seines Amtes ist, oftmals nicht mehr so viel zu tun. Und dass Politiker im Wahlkampf Versprechen geben, die dann nicht eingehalten werden - brauchen wir darüber zu reden? Und es ist auch gut sichtbar: Je höher die Position, je höher das Gehalt, die Macht, das Ansehen, desto mehr Wandlung und Flexibilität werden - tendentiell - sichtbar.
Ich bin sicher, dass Du als Regional- Kommunalpolitiker und dazu gläubiger Christ zu Deinem Wort stehst und absolut vertrauenswürdig bist. Aber darum geht es ja nicht. Es geht um die an der Spitze des Systems.
Zurück zum Wort: "Herrschende". Stell Dir mal vor, man würde anstatt des Wortes "Herrschende" zB "Diener des Volkes" sagen. Da würde man sich doch lächerlich machen, mehr noch, man müsste mit Aggressionen und Anfeindungen rechnen. Man würde nicht mehr ernst genommen werden. Und zu sagen, hochrangige Politiker hätten eigentlich keine Macht und die Ausübung ihrer Macht wäre eigentlich das, was das Volk macht.... Ist das nicht reichlich naiv? Warum die Dinge nicht beim Namen nennen?