oTp hat geschrieben: ↑Fr 17. Sep 2021, 11:20
Würde Satan sich also "materialisieren", könnte er sich in einer beliebigen Gestalt zeigen, auch in beliebiger menschlicher Gestalt.
Deshalb kann man nicht grundsätzlich sagen: Unmöglich, dass Satan sich Jesus in der Wüste sichtbar zeigte. Oder Pater Pio oder Sundar Singh.
Ob das möglich ist oder nicht, das ist keine Frage die der Text zwingend aufwirft. Der Satan nimmt Jesus einmal mit auf einen hohen Berg und einmal stellt er ihn auf die Zinnen des Tempels. Wie soll man sich das vorstellen ? Griff er Jesus beim Schopf und zog ihn durch die Gegend, sind sie auf irgendeine Weise geflogen oder haben sich teleportiert ? Ging Jesus etwa freiwillig mit dieser dubiosen Gestalt mit ? Folgte er ihm ? Das ist doch schon völlig hirnrissig, wenn man darüber nachdenkt. Das kann so gar nicht gewesen sein. Nicht, weil das technisch unmöglich wäre, sondern weil solche Szenen völlig absurd sind in ihrer Kohärenz.
Nein, es kann nur sein, und es reicht dazu auch völlig aus, dass der Teufel in der Versuchungspassage die innere Stimme Jesu war, das allen Menschen inneliegende Verlangen, sich Gott zu widersetzen. Es geht dabei nicht um das Absolut Böse Prinzip, das ich hier auf Seite 13 aus einem Buch zitierte, sondern um eine Kapitulation vor dem Leid in der Welt, für das wir diese oder jene verantwortlich machen wollen, worauf hin wir uns sehnlichst wünschen, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen, um mal ordentlich subversiv einzugreifen. Das ist es doch, was uns ständig verführt, und nicht der konkrete Wunsch uns auf die Dunkle Seite der Macht zu schlagen. Der zelotische Eifer des Petrus, in welchem er von Jesus auch Satan genannt wird, bestätigt das.
Anthros hat geschrieben: ↑Fr 17. Sep 2021, 14:21
Einfach ist's, wenn alles an Lüge einem Wesen übertragen wird, das von manchen "Satan" genannt wird. Damit lenkt man von seiner eigenen Verantwortung ab besonders dann, wenn man sich "Christ" nennt und meint, damit im Besitz der Wahrheit zu sein.
Ganz genau. Sind wir uns auch mal einig
Der Satan wird da quasi per Verballhornung zum Sündenbock gemacht. Eine Position, die eigentlich (definitiv) nur Jesus zusteht. Man kann also dieses Narrativ vom Satan, auch wenn es schon uralt ist und aus frühkirchlicher Zeit stammt, als eine antichristliche Ideologie sehen. Vielleicht ist damit auch das Auftreten des Antichristen schlechthin gemeint, denn es hat ja eine ungeheure verführerische und irreführende Kraft, die zu einem falschen Menschenbild führt, als würde das Böse (böse, schädliche Denkweisen) nicht aus dem Menschen kommen, sondern von außen in ihn hinein.