Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Philosophisches zum Nachdenken
Hiob
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Falls du ein Argument kennst, dass es diesen gemeinsamen Nenner jedoch gibt – dann bitte teile es doch mit.
Das ist das, aus dem "verschiedenen Seinsformen (physikalische Größen wie Energie, Felder; abstrakte Objekte, Zahlen, “geistiges Eigentum”; pure Möglichkeiten, Wahrscheinlichkeiten; Löcher, Schatten; …)" möglich sind.

Nimm mal das Beispiel "Farbe rot". - Wir beide wissen, dass "rot" von einem anderen Lebewesen andersfarbig gesehen werden könnte. Die Quelle der Erscheinung "rot" ist also nicht "das Rote", sondern Wellen, die als solche keine Farbe haben. - "Rot" kommt also aus Wellen. - Umgekehrt: Aus Wellen kann zwar rot, grüne, ultra, infra kommen, aber kein Wurstsalat. - Das heißt: Es gibt einen Bezug zwischen einer konkreten Erscheinung zu einer konkreten Grundlage dazu - letztere ist (mutmaßlich) "Sein". - Möglicherweise gibt es dahinter noch etwas ganz anderes, was die Grundlage dessen ist, was ich hier "Sein" nenne - wir wissen es nicht.

Außerdem machst Du schon wieder denselben Fehler, wenn Du aus der methodischen Nicht-Auflösbarkeit des Seins Rückschlüsse aufs Sein schließt - als wäre relevant, was wir auflösen können und nicht.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Du setzt halt die ganze Zeit voraus, dass “das Sein” konkret gegeben ist. Zuallererst ist es aber bloß ein Menschenkonstrukt, eine Menschenidee.
Alternative wäre "nichts". - Erkläre die Welt als "nichts".
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Natur ist rein mechanistisch für Descartes, da sie unbeseelt und von Geist befreit ist.
Christlich wäre, dass sie beseelt ist, aber keinen ebenbildlichen Geist hat. - Ob er das gewusst hat, weiß ich nicht - eigentlich denke ich schon.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 falsch, da ist nichts sicher, siehe Anatta.
Das wäre ein theologischer Streit. Augustinus würde vermutlich sagen: "Wenn der Mensch kommt, dass Anatta wahr ist, beweist er damit, dass es falsch ist, weil sein Ich dasjenige ist, was feststellt, dass Anatta wahr ist". --- Wir können Descartes' Aussage auch reduzieren: "Ich bin" ist die einzige Aussage, bei der Subjekt und Objekt zusammenfallen".
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 res extensae sind wieder ein künstliches Konstrukt, das zum absoluten erhoben wird.
"Res extensae" sind Folge einer logischen Betrachtung, die alternativlos ist. Genauso wie die Aussage "Man kann sich nicht selber an Haaren aus dem Sumpf ziehen" alternativlos ist.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Und das nebenbei für die Wissenschaft auch komplett irrelevant ist.
Richtig - die Wissenschaft fängt in einer viel späteren Phase des Denkens an. Aber erkenntnis-theoretisch ist es schon wichtig.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Lass mal das “geistlich” weg – warum hat ein Tier kein Ich?
Definiere "Ich". - Christlich ist "Ich" geistlich definiert - heute neigt man dazu, auch KI als "Ich" zu definieren. Es kann gut sein, dass in 50 Jahren ein interaktiver Kühlschrank oder Sexpuppen Persönlichkeitsrechte erhalten.

Nun sind wir uns einig, dass bspw. Hunde sehr "menschlich" sein können. - Anhänglichkeit, Treue, Trauer, etc. - Und man kann "Ich" so definieren, dass Hunde ein Ich haben. - Insofern war meine Aussage beschränkt auf "christlich definiertes Ich". --- Unabhängig davon frage ich mich schon, wie man Anhänglichkeit, Treue, Trauer eines Hundes qualifizieren soll. - Damit ist die Frage verbunden: Was ist ein Lebewesen, das nicht geistlich ist, also nicht selbst-reflexions-fähig ist, UND trotzdem alle Zeichen hat für Anhänglichkeit, Treue, Trauer, SChmerz, etc. - Ich bin da selber noch nicht durch.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Zusammengefasst bleibt:
Descartes degradiert all dieses nicht-rational Geistige.
Descartes degradiert alle nicht-menschlichen Lebewesen.
Descartes degradiert die Natur zu einem Uhrwerk, die der Mensch als “Mechaniker” beherrschen kann.
Warum "degradiert"? "De-gradieren" impliziert, dass etwas höher "gradiert" "ist" - aber genau das ist doch die Frage.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Manche Menschen sind von Wahnsinn geschlagen – du glaubst, dass Gott dich persönlich davor bewahrt.
Warum? - Wenn es für Gott Gründe gibt, dies mir zuzu"fügen", werde ich NICHT davor bewahrt werden.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Aber du glaubst, er bewahrt dich vor “zu heftigem” Irrtum.
Nein. - Der Mensch kann auch dann irren, wenn die Extensae Entitäten sind (was ja Descartes aus vielfach erläuterten Gründen glaubt).
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Ab wann nun Irrtum “zu heftig” ist um mit dem Wohlwollen Gottes kompatibel zu sein, hast du auch herausgefunden!
Ebenfalls nein. - Alle Deine Argumente sind anthropozentrisch angelegt.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 In der Wissenschaft sind die Schlussfolgerungen merklich komplexer als 14 × 100 = 1400.
Klar. - Mir geht es erstmal darum, an einfachen Beispielen Dinge zu verdeutlichen.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Du misst mit zweierlei Maß wenn du die Möglichkeit solcher Fehler als irrelevant beiseite schiebst
Schon wieder: anthropozentrisch. - Die Tatsache, dass die mathematische Logik zwingend ist, bedeutet doch nicht, dass man sich als Mensch nicht verrechnen kann.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:09 Aber warum eigentlich? Warum geht unsere Schlussfolgerung “im Gleichschritt” mit physischen Objekten?
Sehr gute Frage. - Ich erweitere: Wie ist es möglich, dass die Schlussfolgerungen der Geisteswissenschaft Mathematik auf Wissenschaft zutreffen? Induktiv und deduktiv greifen ineinander. Interessant, nicht wahr?

Christlich bzw. geistlich gesehen ist dies ein Hinweis, dass es geistige Gesetze gibt, nach denen die Natur funktioniert. Der weitere Schluss (aus christlicher Sicht): Materie/Natur ist eine Ableitung von Geist. Und damit wären wir bei der EINEN Frage, auf die eigentlich alle Einzelfragen hinauslaufen:
1) Ist Geist ein Produkt/eine Ableitung der Natur?
2) Oder ist Natur ein Produkt/eine Ableitung von Geist?

Auch hier gilt: Reine Glaubenssache, da wissenschaftlich, also im falsifizierbaren Raum, nicht klärbar.
Hiob
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Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 gibst du nun vor gegen den Anthropozentrismus der Moderne anzukämpfen.
Richtig
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 Aber schwuppdiwupp, eh man es sich versieht, sind wir mitten drin im extremsten Anthropozentrismus wonach Tiere kein Ich haben, Menschen zu unfehlbaren Schlussfolgerungen fähig sind
Ersteres ist ein ernstes Thema und hängt davon ab, wie man "Ich" definiert. - Zweiteres gilt natürlich auch wieder nur, wenn man einen wohlwollenden Gott annimmt. - Insofern heißt "unfehlbar" immer, "unfehlbar bspw. im Sinne der Logik oder der Mathematik, etc.".

Anthropozentrismus der Neuzeit ist nicht Ausdruck einer Scheu vor Objektivierung (ganz im Gegenteil), sondern der Verweigerung der Einsicht, dass Ergebnisse solcher Objektivierung "ontisch wahr" genannt werden dürften statt (richtigerweise) "systemisch schlüssig" oder "systemisch unfalsifiziert alias nachgewiesen". - Man verlädt also die sui generis metaphysische Ontologie in ein System, das man beherrscht, und macht somit Ontologie zur Magd der Wissenschaft. Das ist Anthropozentrismus 2.0
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 Du gerierst dich als Verfechter der “Aufklärung”. Aber über eine radikale Um-Interpretation von Descartes und schwuppdiwupp landen wir stattdessen bei extremstem Fideismus: Glauben ist die Erkenntnisgrundlage**!
Das IST doch gerade die Aufklärung - die Abkehr vom Anthropozentrismus 2.0 - Mit anderen Worten: Es ist gerade NICHT Fideismus, weil sich im Fideismus Glaube und Vernunft AUSSCHLIESSEN. - Hier ist die Vernunft Transportmittel, um zum Glauben zu kommen. - Eigentlich dürfte dies nicht neu sein - schon Kant war auf ähnlichen Spuren unterwegs, als er postulierte, dass Vernunft in sich innetragen müsse, ihre eigenen Grenzen zu erkennen.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 Du kämpfst vorgeblich dagegen an, gerierst dich als Kämpfer für die Rückbesinnung auf die Realität (“das Ontische”) – das kommt gut an in Zeiten wo jeder im öffentlich-rechtlichen Rundfunk über die Gefahr von Fake-News und Post-Truth-Politik belehrt wird!
Richtig - da sollte man gegenhalten. --- Es wäre sicherlich ein guter Ansatz, wenn die Gesellschaft etwas bescheidener wäre, wenn es um die Frage geht, was wahr ist und was nicht. Das gilt für die Trumpisten genauso wie für System-Wichser.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 Wenn du Anthropozentrismus, Relativismus und Fideismus verteidigen willst, dann sag’s doch einfach.
Es ist interessant, dass Du meinen Standpunkt um EXAKT 180° verdrehst. - Daraus schließe ich, dass Du nicht verstehst, dass ich exakt gegen Anthropozentrismus, Relativismus und Fideismus bin. --- Wirklich interessant, dass exakt das Gegenteil von dem rauskommen kann, was man sagt.

Dies schiebe ich nicht auf Ausdrucksschwächen meinerseits oder Unaufmerksamkeiten Deinerseits, sondern auf grundlegend unterschiedliche Begriffsdefinitionen. - Parteiisch zu meine Gunsten würde ich sagen: Ich bewege mich in der Geisteswelt von Platon bis Goethe, Du bewegst Dich in der Geisteswelt seit der Romantik bis zur heutigen orwellschen Neusprech_ära.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 Sehe ich nicht so.
Alternative?
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 Wenigstens nennst du es mal beim Namen: du behauptest, dass es diese Blackbox gibt.
Natürlich - weil ich nicht Gott bin, sondern lediglich wahrnehmender Mensch.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 Wieso meinst du, dass du dieses Konzept über den Bereich hinaus, aus dem es entnommen wurde, anwenden kannst?
Ich habe den Gedanken aus dem Geistlichen entnommen. Dass das Wort "Blackbox" moderner Natur ist, sollte davon nicht ablenken.
Claymore hat geschrieben: Sa 8. Jan 2022, 19:30 Naturalismus bedeutet, dass es nur die Natur gibt. Das glaube ich nicht
Was ist aus Deiner Sicht das, was es sonst noch gibt?
Jack Sparrow
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Jack Sparrow »

Hiob hat geschrieben: Fr 7. Jan 2022, 23:18 Du fragtest nach dem definitorischen Unterschied zwischen Person und Nicht-Person. - Die Antwort darauf ist unabhängig davon, ob sie falsifizierbar ist, sondern hat grundlegenden Charakter.
Wenn ein Unterschied zwischen Person und Nichtperson außerhalb deiner Gedankenwelt nicht feststellbar ist, bleibt eben auch der grundlegende Charakter auf deine Gedankenwelt beschränkt

Es handelt sich um ein Dogma - nicht falsifizierbar, unanfechtbar und auf die gleiche Ebene anzusiedeln wie der definitorische Unterschied zwischen Zeus und Jehova oder der definitorische Unterschied zwischen echter Welt und unechter Welt.

Würdest du mich fragen, ob ich geistlich bewusst zu mir "Ich" sagen kann, könnte ich jedenfalls nur mit den Schultern zucken.
Allein, dass Du diese Frage verstehen würdest, erfüllt den Tatbestand "Person".[/quote]
Ich weiß nicht ob die Frage verstehe. Wenn du behauptest, ich könne "geistlich bewusst zu mir Ich sagen", dann ich das glauben oder auch nicht. Aber feststellen könnte ich es auf keine Weise.
Alter Denkfehler, an dem schon Hegel bei seinen Studenten in Jena verzweifelt ist.
Das beruhte sicher auf Gegenseitigkeit.
Denn das Cogito spürt doch dasselbe, ob das Objekt eine vorgestellte oder eine Entitäts-Wand ist. - Möglicherweise hast Du schon mal während Deiner Träume Panik verspürt - und das, obwohl der Traum keine Entität war.
Wenn du anerkennst, dass ein Traum "keine Entität" ist, dann musst du ja offenbar zu dem Schluss gelangt sein, dass es sich bei der Welt außerhalb des Traums um solche handelt, womit du wiederum deine eigene These in Frage stellst, man könne zwischen echter und unechter Welt nicht unterscheiden.
Aber Descartes will doch die Sinnhaftigkeit von Wissenschaft, also den Umgang mit "echten" Objekten philosophisch sauber rechtfertigen. Und da kommt er eben zum Schluss, dass sie bei Setzung eines wohlwollenden Gottes (= einer, der einen nicht verarscht) "echt" sind, also wissenschafts-untersuchungswürdig sind.
Die unechten Objekte und der verarschende Gott würden sich wiederum nur auf die Gedankenwelt einiger Menschen beschränken, während außerhalb dieser Gedankenwelten die Sinnhaftigkeit der Wissenschaft dieselbe bliebe wie immer.
Aber was will man tun? Bleibt man in dem, was Du "Pragmatik und Stringenz" nennst, kommt man nicht zu Antworten auf grundlegende Fragen.
Braucht man die für irgendwas?
Kümmert man sich um diese Fragen, verlässt man den falsifizierbaren Raum.
Eben. Man erschafft nur neue Dogmen, deren einziger Nutzen darin besteht, den Lebensunterhalt ihrer Erfinder zu sichern.
Hiob
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Jack Sparrow hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 20:47 Wenn ein Unterschied zwischen Person und Nichtperson außerhalb deiner Gedankenwelt nicht feststellbar ist, bleibt eben auch der grundlegende Charakter auf deine Gedankenwelt beschränkt
Feststellbar ist dieser Unterschied gelegentlich subjektiv. So empfinden viele Menschen, dass zwar Jack, aber nicht sein Gummibaum eine Person ist. Aber falsifizierbar ist das nicht. - Und nein: Ob das, was bspw. das Christentum unter "Person" versteht, wirklich "ist", hängt nicht davon ab, ob es für uns feststellbar ist.
Jack Sparrow hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 20:47 Wenn du behauptest, ich könne "geistlich bewusst zu mir Ich sagen", dann ich das glauben oder auch nicht. Aber feststellen könnte ich es auf keine Weise.
Das ist eher eine Schulungssache. - Eine kognitiv wenig belastbare Person wird dies nicht reflektieren und somit auch nichts feststellen. Der interessierte Laie wird reflektieren können, was es bedeutet, wenn er bewusst zu sich "Ich" sagt.
Jack Sparrow hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 20:47 Wenn du anerkennst, dass ein Traum "keine Entität" ist, dann musst du ja offenbar zu dem Schluss gelangt sein, dass es sich bei der Welt außerhalb des Traums um solche handelt, womit du wiederum deine eigene These in Frage stellst, man könne zwischen echter und unechter Welt nicht unterscheiden.
Praktisch tut man so was. - Selbstverständlich lebe ich so, als seien meine Frau und Kinder echt und meine Träume etwas kategorial Anderes. Das hat Descartes nicht anders gemacht. Er wollte doch nur zeigen, dass man es GLAUBEN muss, weil man es nicht ontisch nachweisen kann.

Nochmal meine Frage: "das Cogito spürt doch dasselbe, ob das Objekt eine vorgestellte oder eine Entitäts-Wand ist. - Möglicherweise hast Du schon mal während Deiner Träume Panik verspürt - und das, obwohl der Traum keine Entität war".
Jack Sparrow hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 20:47 Die unechten Objekte und der verarschende Gott würden sich wiederum nur auf die Gedankenwelt einiger Menschen beschränken, während außerhalb dieser Gedankenwelten die Sinnhaftigkeit der Wissenschaft dieselbe bliebe wie immer.
Das ist der Fluch der Erkennenden. Wenn es so ist, wie wir incl. Descartes alle glauben (nämlich dass die Welt "echt" ist), wird keiner etwas merken, der sich darüber keine Gedanken macht. - Deshalb immer wieder: Descartes war in der Sache mitnichten skeptizistisch, sondern es geht hier rein um eine erkenntnis-theoretische Erkenntnis, nämlich dass das ontische Sein der Welt nicht falsifizierbar ist.
Jack Sparrow hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 20:47 Braucht man die für irgendwas?
Ja - bspw. als Instrument gegen das heute grassierende anthropozentrische Weltbild, wonach Sein definiert sei durch Falsifizierbarkeit. Dieser heutige Defekt bricht durch bis in den Alltag.
Jack Sparrow hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 20:47 Eben. Man erschafft nur neue Dogmen, deren einziger Nutzen darin besteht, den Lebensunterhalt ihrer Erfinder zu sichern.
Du erinnerst mich an den Heideggersatz "Wissenschaft denkt nicht". - Und Du machst indirekt genau den Fehler, den ich eben angesprochen habe: Du scheinst zu meinen, dass das Verlassen des falsifizierbaren Raumes gleichzusetzen sei mit geistlichem Wolkenkuckuckheim. Deshalb:
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Oleander »

Hiob hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 22:00 So empfinden viele Menschen, dass zwar Jack, aber nicht sein Gummibaum eine Person ist.
Ich platze da jetzt mal mit einem kurzen OT rein, weil mich grade etwas bewegt.
Ich dachte grade so bei mir, wie user Hiob ausgerechnet auf einen Gummibaum kommt und nicht Kaktus oder Efeu.
Was hat dich dazu bewegt? Kam dir das spontan in den Sinn oder wie verhielt es sich?
Es muss ja auch einen Grund geben, warum ich wiederum auf Kaktus oder Efeu komme! Woher kommt das, ich dachte nicht darüber nach, was ich da schreibe, es kam wie ein Blitz vom Himmel, woher kommt das?
Kann man das auch philosophisch erklären?
Oder müssen wir uns da dafür auf das Gebiet der Gehirnforschung/Psychologie begeben?
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Oleander »

Hiob hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 22:00 Das ist der Fluch der Erkennenden.
Man lebte einfach von einem Tag zum nächsten, tat, was man halt so tun muss, genoß seine Freizeiten und erfreute sich an diesem und jenem, mal war man glücklich, mal betrübt, was halt so zum Leben dazu gehört, es lief...
Bis eines Tages ein "Philosoph" des Weges kam und meinte: "Hast du schon mal darüber nachgedacht, woher du kommst und wohin du gehen wirst?
Dieses ganze irdische Leben kann doch nicht alles sein..."
Und schon ist es passiert ;)
Bis dahin war alles so einfach 8-)
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Oleander hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 22:13 Ich dachte grade so bei mir, wie user Hiob ausgerechnet auf einen Gummibaum kommt und nicht Kaktus oder Efeu.
Ganz einfach: Als ich in England wohnte, hatte ich einen Kumpel, der seinen Gummibaum "Shulz" nannte. Er hat ihm also einen menschlichen Namen gegeben - das fand ich sehr lustig. - NB: Er hat NICHT geglaubt, dass Gummibäume Personen sind.
Oleander hat geschrieben: Mi 12. Jan 2022, 22:42 Man lebte einfach von einem Tag zum nächsten, tat, was man halt so tun muss, genoß seine Freizeiten und erfreute sich an diesem und jenem, mal war man glücklich, mal betrübt, was halt so zum Leben dazu gehört, es lief...
Bis eines Tages ein "Philosoph" des Weges kam und meinte: "Hast du schon mal darüber nachgedacht, woher du kommst und wohin du gehen wirst?
Dieses ganze irdische Leben kann doch nicht alles sein..."
Und schon ist es passiert
Bis dahin war alles so einfach
Genau so - dieses "schon ist es passiert" nennt man "Ebenbildlichkeit". - Schiller sagt dazu irgendwo, dass der Mensch, der mit dem Philosophieren noch nicht begonnen habe, weiter sei als der, der die Philosophie noch nicht geendigt habe. - Somit ist der einfache Mensch weiter als jeder Philosoph.

Allerdings kann man Philosophie auch in Weisheit transponieren. Ein ziemlich schlauer Mensch hat mal gemeint, man solle lernen, das Große und das Wunder im Einfachen zu finden. --- Nun bin ich ja nicht gerade bekannt dafür, verbal einfach aufzutreten. Aber ich weiß, dass die Lösung im Einfachen liegt. -- Insofern ist Philosophieren im besten Sinne, wenn man diverse Philosophien entlarvt, um diesen einfachen Weg freizumachen (deshalb komme ich immer wieder mit "Mystik", die eigentlich ein Weg zum einfachen Wahren ist, das gleichzeitig groß). - Philosophie, die groß ist, führt meines Erachtens immer zur Ent-Ich-ung und damit zum einfachen, großen Wahren.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Oleander »

Hiob hat geschrieben: Do 13. Jan 2022, 00:54 Als ich in England wohnte, hatte ich einen Kumpel, der seinen Gummibaum "Shulz" nannte.
Hat er ihn einfach nur einen Namen verpasst oder hatte er auch irgendwie eine "Beziehung" zu dem Gummibaum? Solls ja geben...
Ich hatte nicht nur ein Auto (Nutzfahrzeug)sondern baute über Jahre eine "Beziehung" zu diesem auf, wir erlebten viele Abenteuer miteinander, gingen durch gute Zeiten und schlechte Zeiten, und wurde auch von mir liebevoll gepflegt (natürlich auch aus Eigennnutz)
Es war zwar keine Person, aber für mich von besonderem Wert und vor allem meckert es nie rum, war sehr geduldig....und dann kam der Tag der Trennung und Loslassprozess..
Was meinst du zu der der Theorie: Je mehr man loslässt, um so freier ist man..
Wäre es für dich sehr schwer, Philosphie loszulassen? Also nicht mehr darüber austauschen? :)
Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung.
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Re: Descartes, OT von Kommt die (digitale) Technik vom Teufel?

Beitrag von Hiob »

Oleander hat geschrieben: Do 13. Jan 2022, 01:12 Hat er ihn einfach nur einen Namen verpasst oder hatte er auch irgendwie eine "Beziehung" zu dem Gummibaum?
Das war eher ein Jux. Er hätte seine Kaffeetasse auch "Eberhard" nennen können.
Oleander hat geschrieben: Do 13. Jan 2022, 01:12 Was meinst du zu der der Theorie: Je mehr man loslässt, um so freier ist man..
So wird es wohl am Ende sein - man merkt dies bei Sterbenden.
Oleander hat geschrieben: Do 13. Jan 2022, 01:12 Wäre es für dich sehr schwer, Philosphie loszulassen? Also nicht mehr darüber austauschen?
Ja - in einem geistlich unbedrohten Gelände. Solange man aber inmitten der Irrtums-Welt lebt, steht man vor der Frage:
1) Lasse ich los und lass die Welt Welt sein?
2) Leiste ich meinen Beitrag, dass der Irrtum ein kleines bißchen weniger wird?

Ich will jetzt gar nicht urteilen, welcher Weg der bessere ist. - Ich kennen gute Christen, die entweder 1) oder 2) vertreten.
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