Hiob hat geschrieben: ↑Di 15. Feb 2022, 23:17Claymore hat geschrieben: ↑Di 15. Feb 2022, 22:54
Natürlich unterscheidet sich der Cartesianismus hier nicht im Geringsten vom Materialismus.
Inzwischen habe ich halbwegs begriffen, wie Du Descartes siehst. Meine Gegenposition ist: Descartes kann sich frei mit Materie beschäftigen, weil er sich vorher geistlich abgesichert hat.
Verstehst Du den Gottglauben von Descartes als rudimentäres Überbleibsel, was man halt nicht so schnell loswerden konnte? Eigentlich eine doofe Frage, wenn er gleichzeitig Gottes"beweise" macht. - Ich meine nach wie vor, dass Dein Descartes-Bild im Großen irgendwo gegen die Wand läuft, kenne aber Descartes nicht gut genug, um es Dir nachweisen zu können.
Der Fokus ist ein ganz anderer. Bedeutung Gottes nach Descartes: epistemologisch (Garant für die Wahrheit), deistisch; vormodern: der Allerhalter.
Vormodern wurde dem Atheisten nie abgesprochen, erkennen zu können – aufs 21. Jh. übertragen: weite Teile der Weltbevölkerung sind atheistisch. Über Erkenntnisfähigkeit verfügen sie dennoch.
Ich sehe den cartesischen Ansatz als Irrweg an.
Wie geschaffen für die, die immer Recht behalten wollen, aber kein Interesse daran haben, jemanden von der Wahrheit zu überzeugen.
Friedrich Nietzsche: “Menschliches, Allzumenschliches” hat geschrieben:Metaphysische Welt. – Es ist wahr, es könnte eine metaphysische Welt geben; die absolute Möglichkeit davon ist kaum zu bekämpfen. Wir sehen alle Dinge durch den Menschenkopf an und können diesen Kopf nicht abschneiden; während doch die Frage übrigbleibt, was von der Welt noch da wäre, wenn man ihn doch abgeschnitten hätte. Dies ist ein rein wissenschaftliches Problem und nicht sehr geeignet, den Menschen Sorge zu machen; aber alles, was ihnen bisher metaphysische Annahmen wertvoll, schreckenvoll, lustvoll gemacht, was sie erzeugt hat, ist Leidenschaft, Irrtum und Selbstbetrug; die allerschlechtesten Methoden der Erkenntnis, nicht die allerbesten, haben daran glauben lehren. Wenn man diese Methoden als das Fundament aller vorhandenen Religionen und Metaphysiken aufgedeckt hat, hat man sie widerlegt! Dann bleibt immer noch jene Möglichkeit übrig; aber mit ihr kann man gar nichts anfangen, geschweige denn, daß man Glück, Heil und Leben von den Spinnenfäden einer solchen Möglichkeit abhängen lassen dürfte. – Denn man könnte von der metaphysischen Welt gar nichts aussagen als ein Anderssein, ein uns unzugängliches, unbegreifliches Anderssein; es wäre ein Ding mit negativen Eigenschaften. – Wäre die Existenz einer solchen Welt noch so gut bewiesen, so stünde doch fest, daß die gleichgültigste aller Erkenntnisse eben ihre Erkenntnis wäre: noch gleichgültiger als dem Schiffer in Sturmesgefahr die Erkenntnis von der chemischen Analysis des Wassers sein muß.