Larson hat geschrieben: ↑Mi 10. Apr 2024, 08:24Warum sollte Jesus kein echter Mensch gewesen sein? Halb Mensch halb Gott, so wie die Halbgötter der Heiden?
Nein, "kein echter Mensch" soll nicht bedeuten "etwas anderes", sondern: Jesus gab es nicht.
Die Jesus-Geschichte stellt keine Vergangenheit dar, sondern es ist ein Glaubensinhalt mit Vergangenheitsandeutungen.
Die Jesus-Geschichte ist die Aufarbeitung der tatsächlichen Messias-Vorgänge, die allesamt im ersten/zweiten Jahrhundert gescheitert sind.
Die Erzählung enthält die Stimmungen und zum Teil auch Andeutungen von Umständen, die damals entscheidend waren.
Selbst das "Gott hat uns verlassen"-Thema kommt vor.
Die Jesus-Legende gibt dem dramatischen Untergang des Messias-Themas letztlich den Charakter eines Plans und geht damit über in eine Zukunft des Glaubens.
Du gehst ja auch davon aus, dass es einen ideologischen Kunstgriff gegeben hat.
In deiner Vorstellung gab es einen einfachen Jesus, der nach seiner Zeit überhöht wurde.
Hierzu fehlt aber komplett die Motivationsgrundlage.
Der einfache Jesus wäre zwischen den anderen Messias-Kandidaten und Messias-Vorgängen untergegangen und danach aber über alle anderen gestellt worden, und zwar so, dass niemand die anderen mehr ansprechen wollte.
Dass die "anderen Messias-Vorgänge" unter den Tisch fallen, ist der entscheidende Punkt.
Hier stellt sich die simple Frage nach der Gleichzeitigkeit.
Ich sage: die Jesus-Geschichte ist nach den historischen Vorgängen entstanden, und zwar als Aufarbeitung und als Rettung des Glaubens.
Nach dem apokalyptischen Untergang der gewalttätigen Messias-Anhänger (einschliesslich Verlust von Tempel, heiligem Land und Unterstützung Gottes), eine Korrektur einzuleiten, ist eine sehr starke Motivationsgrundlage.
Wäre es dann um einen echten Menschen gegangen, den man überhöht, dann hätte nichts dagegen gesprochen, dass er den anderen Messias-Bewegungen begegnet und sich mit ihnen auseinandersetzt.
Nimm "Simon der Zelot". Das soll einer der Jünger gewesen sein. Es kommt aber keine einzige Aussage darin vor, wie Jesus auf die Zeloten reagierte.
Zu "Simon der Zelot" steht nichts weiter drin. "Simon der Zelot" kommt wie ein Symbol vor - es ist nur eine Andeutung.
Einer der höchsten Zeloten-Anführer hatte den Namen "Simon". Hier würde "Simon der Zelot" tatsächlich Sinn ergeben, aber das Auftauchen als Jünger in der Jesus-Legende ist dann reine Symbolik.
Jesus geht in die Wüste. In der Wüste waren die Zeloten und hatten dort ihre Stützpunkte.
Jesus und das Zahlen von Steuern. Hier wird im Grunde das ureigene Thema der Zeloten angesprochen, aber es fehlt jegliche Auseinandersetzung mit ihrem Weg.
Jesus zeigt Widerstand im Tempel. Die Zeloten waren den Vorgängen im Tempel feindlich gesinnt.
Jesus wurde gefoltert und gekreuzigt. Das war die römische Praxis gegenüber den Zeloten, und zwar vielfach. In der Jesus-Geschichte kommt kein Hinweis darauf vor.
Jesus wird mit zwei "Räubern" gekreuzigt. "Räuber" ist ein Begriff für die Zeloten.
"Jesus" ist zwar ein Name, den auch ein echter Mensch hätte haben können, aber die angedeuteten Geschehnisse sind nicht in echter Weise in der Vergangenheit verankert.
Man bekommt ein Bild gezeigt, bei dem das, was man hätte sehen müssen, nicht enthalten ist.
Der "gewaltlose Jesus" ist der vollständige Gegenentwurf zu den damaligen Messias-Vorstellungen.
Das kann man nicht begründen mit einem echten Menschen, der ein einfacher Wanderprediger gewesen sein soll.
Die Begründung nimmt aber an Kraft zu, wenn man Jesus als die Idee einer Korrektur nach dem Scheitern der gewalttätigen Messias-Vorgänge ansieht. Genau dann kommt die Frage ins Spiel: woher kommt die Idee? Gläubige greifen hier auf den „Heiligen Geist“ zurück, wodurch die Jesus-Geschichte zu einer „Reaktion Gottes“ wird – Gläubige stufen dies wie eine "Offenbarung" ein und beten diese dann an -> Trinität.