Magdalena61 hat geschrieben: ↑Fr 12. Jul 2024, 01:31
Übrigens: Ich habe den Kreis meiner Gurus erweitert.
Leider erklärt der Herr nicht, was in dem Graph an dem er sich abarbeitet eigentlich dargestellt wird. Der Praxisindex zeigt eine Abweichung zum Normalnivaeu an (wird später noch einmal wichtig). Beim
RKI heißt es dazu:
Der Praxisindex stellt die über alle Praxen gemittelte relative Abweichung der beobachteten akuten respiratorischen Erkrankungen (ARE) gegenüber einem für jede Praxis ermittelten "Normalniveau" dar. Unterschiede, die durch Praxisspezialisierung (Pädiater, Internisten, Allgemeinärzte), Praxisgröße, etc. verursacht sind, werden dadurch reduziert und räumliche Vergleiche unterstützt. Eine normale ARE-Aktivität (Hintergrund) wird beim Praxisindex bis zu Werten von 115 angenommen. Um Weihnachten und den Jahreswechsel herum können die regionsspezifischen Kurven etwas überzeichnet sein, da der Praxisindex in diesem Zeitraum auch ohne Veränderung der Morbidität etwas ansteigt.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum es Hessen in dieser Hinsicht im Sommer 22 stärker erwischt hat, als Thüringen.
Was auffällt, auch wenn der gute Herr es nicht erwähnt, ist, dass beide Graphen unterschiedlich skaliert sind. Während für Hessen Werte bis 250 angezeigt werden, werden für Thüringen Werte bis 350 angezeigt. Warum? Weil die Abweichung nach oben in Thüringen in den Märzwochen so hoch war, dass sie bei einer Skala bis 250 nicht mehr draufgepasst hätten. Zwischen KW 8 und 15 kommt Hessen in KW12 auf einen Höchstwert von 211 und Thüringen kommt in KW11 auf einen Höchstwert von 303.
Da der gute Mann einen Verweis zur Impfquote bringt, kann man sich ja noch ein paar mehr Bundesländer und deren Höchstwerte ansehen.
Sachsen, 242 in KW11. Sachsen-Anhalt, 275 in KW11. Bayern, 256 in KW11. Mecklenburg-Vorpommern, 304 in KW11. Baden-Württemberg, 227 in KW12. Hessen selbst hatte in der Zeit übrigens eine für Deutschland leicht unterdurchschnittliche Impfquote.
Im Vergleich dazu: Hamburg & Schleswig-Holstein, 196 in KW14. Niedersachen & Bremen, 197 in KW11. NRW, 233 in KW11. Rheinland-Pfalz & Saarland, 209 in KW12.
Okay, warum interessieren uns die Märzwochen überhaupt? Es ging doch um den Sommer.
Im März 2022 gab es in der gesamten Pandemie in Deutschland die höchsten täglichen Neuinfektionszahlen. In diesen Wochen war die relative Abweichung der beobachteten akuten respiratorischen Erkrankungen (ARE) gegenüber dem jeweiligen Normalniveau in den Bundesländern mit unterdurchschnittlicher Impfquote deutlich größer, als in den den Bundesländern mit überdurchschnittlicher Impfquote. Sprich, die Bundesländer mit überdurchschnittlicher Impfquote sind in diesem Vergleich besser durch diese Wochen gekommen, als der Rest.
Kurz darauf, im Juni/Juli 2022 gab es die nächste Welle, mit den insgesamt dritthöchsten täglichen Neuinfektionszahlen (bzw. zweithöchsten, wenn man Januar bis März 22 als einen Zeitraum betrachtet).
Jetzt die große Frage:
Ist es wirklich so überraschend, dass sich in Bundesländern, die's im März bereits stärker erwischt hat, in der nächsten Welle nur drei Monate später vergleichsweise weniger Leute anstecken?
Für den guten Mann sind die Covid-Wellen (oder auch die Effekte einer Infektion) hingegen gar kein nennenswerter Faktor.
Nein, es war natürlich "die Impfung, die dann zu diesem Ergebnis geführt hat".
Aber er war sicher noch ganz durcheinander, weil ganz arg "Erschreckendes" passiert ist.
Sein Video ist also die "einzige Möglichkeit", diese Daten noch einmal zu zeigen? Totaler Unsinn. Die
Wochenberichte, die diese Zahlen z.T. enthalten, sind alle noch verfügbar und man kann die Diagramme (sogar vollständiger als bei ihm) auch noch in diversen
wbm-snapshots finden.
Jetzt sagt er, die Grafik ist verschwunden. Jo, ist sie. Das ist auch nicht überraschend, da die Saison 2021/22 mit KW39 zu Ende gegangen ist. Wie der Snapshot zeigt, wurde sie am 26.9.22, also am Montag der letzten Saisonwoche noch angezeigt.
KW40 war dann die erste Woche der Saison 22/23, aber (wohl) ohne Grafik. Wieso? Weil ab dieser Saison kein Praxisindex mehr berechnet wurde. Wieso? Weil man für eine "Abweichung vom Normalniveau" eine entsprechende baseline der Vorjahre braucht und die hat es durch die Pandemie zerschossen. Das wurde auch im
ARE-Wochenbericht für KW40 erklärt.
Erschreckend, ich weiß.
Was weiterhin erhoben wurde, ist die ARE-Konsultationsinzidenz, also die "berechnete wöchentliche Anzahl von ARE-Ersterkrankungen, die bei einem Arzt zur Vorstellung kommen, bezogen auf die Bevölkerung". Ab KW40 2022 gibt's die
Daten auch für die einzelnen Bundesländer.
Da kann man Hessen und Thüringen ja mal vergleichen und das sieht dann so aus:
Ob sich Thüringen verglichen mit Hessen nun "bester Gesundheit" erfreut, weiß ich nicht, für mich sieht das eher ziemlich ähnlich aus. Durchschnitt ist für Hessen 1421.77, für Thüringen 1444.58.
Aber pfeif auf all das, wir halten fest, die Impfung ist schuld, Covid spielt keine Rolle und das RKI verschleiert.
Auf der Checkliste "Wie baue ich mir ein lässiges Nebeneinkommen auf" ist da schon ein bisschen was abgehakt. Verzehnfachte Abozahlen und mehr als 40x so viele Klicks wie der Rest des Channels zeigen zumindest schon mal in eine gute Richtung.