ProfDrVonUndZu hat geschrieben: ↑Sa 14. Dez 2024, 21:48
Offener Streit über Bibelstellen ist ja nicht erwünscht, da das die verlangte Einigkeit in Frage stellt. Man darf zwar unterschiedlicher Meinung sein, aber bitte nur privat und zu Hause und keine Unruhen in die Heiligen Hallen bringen.
Meine Erfahrung (in Freikirchen): Dem durchschnittlichen Gemeindebesucher fehlen die Voraussetzungen für solche Auseinandersetzungen.
Die Bibelstunden, die ich besuchte, waren entweder Predigten; o.k., so kann man sie
auch gestalten und das Volk "unterrichten"; das war in der Zeit, bevor es Internet für jeden gab. Oder sie waren Treffpunkt für "Hobbytheologen", die sich halt ein bißchen über irgendwelche Bibelverse unterhielten, auf Laienebene ... und extrem langweilig.
Die Leute sind berufstätig, haben Familie und vielleicht noch ein Amt in der Gemeinde oder engagieren sich in einer Gruppe; im Chor, in der Jungschar oder in der Sonntagsschule. Dann pflegen sie noch Freundschaften mit anderen Christen, und damit ist ihre Zeit "aufgebraucht".
Autoritär strukturierte Gemeinden lassen solche Diskussionen auch nicht zu. Die haben ihre Lehren, es ist in der Tat viel Bibelkenntnis vorhanden und es wird auf hohem Niveau gelehrt. Bibelarbeiten, wie wir sie hier im Forum über konfessionelle Grenzen hinweg machen, wären undenkbar.
Ich mag es nicht, wenn in einer Gemeinde die Gläubigen aus einem anderen christlichen "Stall" heruntergemacht werden. Allzu schnell kultiviert man damit geistlichen Stolz, und dieser baut eine Mauer zwischen dem Hochmütigen und Gott.
Bei einer der "besseren" Freikirchen wurde wiederholt gegen die RKK gepredigt. Es war sicher aufrichtig gemeint... aber wozu tut man das? In einem Gottesdienst möchte man Gott begegnen, man sehnt sich danach, von Jesus berührt zu werden und Kraft zu tanken für den Alltag. Das ist nur möglich, wenn man sich auf
Gott konzentriert und nicht auf Menschen (Mißstände). Und: Mir tat es jedes Mal weh, weil ich auch fand, es war zu einseitig, was da gesagt wurde; schließlich hatte ich persönlich Erfahrungen mit der RKK gemacht und kannte sie "anders" als Christen, die niemals Mitglied oder wenigstens regelmäßiger Besucher in der RKK gewesen waren.
Aber ich wagte es nicht, aufzubegehren.
Den alten Pastor schätzte ich sehr, er hatte viel Weisheit und war ein gewissenhafter Christ, der die Verantwortung für seine Gemeinde sehr ernst nahm. Aber was sollte das bringen, in einer Brüdergemeinde
gegen eine andere Kirche zu predigen, zumal ja niemand aus dieser Kirche anwesend war?
Einmal traf ich in einer anderen Stadt eine Frau- aus einer Gemeinde, die ich später besuchte und die an und für sich "liberaler" eingestellt war. Wir kamen ins Gespräch. Und dann stellten wir fest, dass wir beide
nicht hinter der Ächtung der RKK standen, aber dass man darüber in der Gemeinde nicht reden könne, weil man, wenn man den ungeschriebenen Kodex nicht befolgte, befürchten musste, schief angesehen oder als "abtrünnig", "verführt" oder was auch immer eingestuft zu werden.
Danke, ich verzichte. Wenn ich Gemeinde Jesu suche und leben will, möchte ich kein Parteibuch mit Dogmen, die nicht in der Bibel stehen, unterschreiben müssen.
Wenn's nicht so ernst wäre, diese Zerteilung des Leibes Christi... könnte man fast darüber lachen. Die Mitglieder beider Denominationen, die ich im ersten Teil des Posts erwähnte, die Brüdergemeinde und die RKK, stuften vor 30, 40 Jahren die jeweils andere Seite als "Sekte" ein. Aber ich fürchte, daran hat sich nichts groß geändert.
LG