"Unschärfen" in Bibeltexten?

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Abischai
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Abischai »

Michael hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 11:16 es hat keine Bedeutung für meinen Glauben.
Für meinen sehr wohl.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]
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Larson
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Larson »

Michael hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 11:16 Den Bericht halte ich für eine Legende, die später in den Kanon eingeflossen ist. Er enthält auch nichts Wesentliches, was wir als Wort Gottes anerkennen müssten.
Nun, da stimme ich dir zu, dass diese Geburtsgeschichten später entstanden sind. Es sind Legenden, wie es noch weiter Kindheitslegenden von Jesus gibt.

Es ist augenfällig, wie „wichtig“ den Schreibern im NT ein „Beweis“ ist, „auf dass erfüllt würde, wie geschrieben steht“ (oder so ähnlich), um ihre eigene Botschaft zu untermauern. Und dazu nahm man es nicht so genau mit den Texten aus der Tenach.
Jes 45,9 Wehe dem, der mit seinem Bildner rechtet – ein Tongefäß unter tönernen Tongefäßen! Darf wohl der Ton zu seinem Bildner sagen: Was machst du? Und dein Werk von dir: Er hat keine Hände?
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Helmuth
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Helmuth »

Larson hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 11:29 Nun, da stimme ich dir zu, dass diese Geburtsgeschichten später entstanden sind. Es sind Legenden, wie es noch weiter Kindheitslegenden von Jesus gibt.

Es ist augenfällig, wie „wichtig“ den Schreibern im NT ein „Beweis“ ist, „auf dass erfüllt würde, wie geschrieben steht“ (oder so ähnlich), um ihre eigene Botschaft zu untermauern. Und dazu nahm man es nicht so genau mit den Texten aus der Tenach.
Allerdings gilt das auch nur genau dafür. Man schütte daher nicht das Kinde mit dem Bade aus. Das ist ein Grundsatz, der für die gesamte Schrift gilt. Ansonsten ist auch das AT schnell im Kübel und die Argumente, wie man sie gegen das NT vorbringt, werden dir schnell zur Schlinge um den eigenen Hals.

Es müssen diese Nachträge nicht von selben ursprünglichen Autor stammen, wie ja auch Mose laufend überarbeitet wurde. Wer behauptet denn allen Ernstes, dass Mose alle 5 Bücher Mose so geschrieben hatte, wie sie uns heute vorleigen? Man müsste schon sehr naiv sein das wirklich anzunehmen.

Für das NT sehe ich dazu die Hand der alten Kirchenväter im Spiel, unter denen viele nicht so heilig waren wie man meinte. Diese haben an mehreren Texten heumgebastelt, nur ist der Nachweis sehr schwierig, Gute und seriöse Theologen (ja die gibt es auch! ;) ) geben das aber auch zu.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
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Magdalena61
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Magdalena61 »

Michael hat geschrieben: Sa 15. Jan 2022, 07:42 Es gab zwei Käufe:

Einen von Abraham:
1. Mo 23,17-18 hat geschrieben:So wurde das Feld Ephrons, das bei Machpela, vor Mamre, lag, das Feld und die Höhle, die darin war, und alle Bäume, die auf dem Feld innerhalb seiner ganzen Grenze ringsum standen, Abraham als Besitztum bestätigt vor den Augen der Kinder Heth, vor allen, die zum Tor seiner Stadt eingingen.
Und einen von Jakob:
1. Mo 33,18-19 hat geschrieben:Und Jakob kam wohlbehalten zur Stadt Sichem, die im Land Kanaan ist, als er aus Paddan-Aram kam, und lagerte vor der Stadt. Und er kaufte das Stück Feld, wo er sein Zelt aufgeschlagen hatte, von der Hand der Söhne Hemors, des Vaters Sichems, für hundert Kesita.
Zu welcher Stätte wurden Jakobs Gebeine gebracht:
1. Mo 50,13 hat geschrieben: Und seine Söhne führten ihn in das Land Kanaan und begruben ihn in der Höhle des Feldes Machpela, die Abraham samt dem Feld zum Erbbegräbnis gekauft hatte von Ephron, dem Hethiter, vor Mamre.
Gut. Bis dahin stimmen wir überein. Und andere Söhne Jakobs wurden wohl auch in Mamre beigesetzt.
Michael hat geschrieben: Sa 15. Jan 2022, 07:42An dem Text kann man heute nicht mehr rütteln. Stephanus hatte das bei seiner Rede schlicht verwechselt, und ja, es gab auch (andere) Väter, die dort begruben wurden. Nur braucht kein Theologe Fakten nachträglich zurechtbiegen, wenn sie gar nicht erkennen nicht, dass die Aussage des Stephanus für sich schon den Fakt falsch setzt.
Warum sollte Stephanus etwas verwechselt haben? Ich halte eher eine ungenaue bzw. falsche Wiedergabe; eine Verzerrung des Inhalts durch Vervielfältigung oder Übersetzung für möglich.

Ich hatte bereits dargelegt, dass man, wenn man der Sichtweise des Bibelbundes folgt, kein Problem hat mit der Aussage des Stephanus. Lukas hatte offenbar auch kein Problem damit, als er sie dokumentierte, und die Gemeinde, die überwiegend aus Judenchristen bestand, auch nicht.
Stephanus sprach vor dem Hohen Rat, vor Schriftgelehrten, die sich mit dem AT bestens auskannten! Wenn er falsche Angaben gemacht hätte, wäre Widerspruch erfolgt, sollte man meinen, und dieser wäre aufgezeichnet worden wie ja die ganze Rede des Stephanus aufgeschrieben wurde.

Es gibt noch einen anderen Zeugen, der die Angaben des AT und die Existenz zweier Grabstätten bestätigt, und wenn die geschätzten Diskutanten hier den Link aufgerufen hätten, müsste ich das nicht extra posten:
Der Schriftsteller Josephus, der nur wenig später als Lukas schrieb, merkt in einer Notiz an, dass die anderen Erzväter in Hebron beerdigt wurden:

„Auch seine Brüder starben, nachdem sie glücklich gelebt hatten in Ägypten. Deren Leichname brachten nach einiger Zeit ihre Nachkommen und deren Kinder zum Begräbnis nach Hebron; Josephs Gebeine hingegen brachten die Hebräer später, als sie aus Ägypten auswanderten, nach Kanaan: So hatte Joseph es sie schwören lassen“ (Jüdische Altertümer 2,199-200).
...
Der Überlieferung nach sind aber mit Josef seine Söhne bei Sichem beerdigt.
Quelle
Michael hat geschrieben: Sa 15. Jan 2022, 07:42Dieses Grab, das Stephanus erwähnt, wurde nicht von Abraham gekauft. Punkt.
Fakt ist: Eines der Gräber hat Abraham gekauft, und Jakob hatte ein Feld gekauft, auf dem wohl eine Grabstätte errichtet wurde, in der Nähe des Jakobsbrunnens, und hatte es Josef vererbt, 1. Mose 48,22. Joseph wollte nicht in Ägypten bestattet werden 2. Mose 13,19. Laut Josua 24,32 wurde Joseph in Sichem beigesetzt.

Noch einmal die Übersetzungsalternative:
„Jakob zog nicht nur hinab nach Ägypten, er beschloss dort auch [sein Leben]. Er selbst genauso wie unsere Stammväter. [Nach ihrem Sterben, das nach und nach über einen Zeitraum von mehr als 100 Jahren geschah] wurden sie [nämlich Josef und seine Söhne] sowohl gebracht nach Sichem als auch gebracht [nämlich Jakob und die anderen Erzväter] in die Grabstätte, die Abraham gekauft hatte. Punkt [Diese Gräbstätten wurden gekauft] für den Gegenwert von Geld von den Nachkommen Hamors in Sichem [und von Efron, dem Hetiter, in Hebron].“
Quelle
Übersetzer haben wohl einige Freiheit, scheint mir. So, wie das in Apg. 7,16 da steht, Abraham habe die Grabstätte in Sichem gekauft, stimmt das definitiv nicht.

Im Griechischen gibt es keine Satzzeichen, und von den Inhalten her ist es wohl schwierig, immer adäquat zu übersetzen. Die willkürliche Setzung von Satzzeichen in der deutschen Übersetzung und die Wiederholung fehlerhafter Interpretationen machen eine falsche Lesart nicht wahrer.
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Larson
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Larson »

Michael hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 11:44 Allerdings gilt das auch nur genau dafür. Man schütte daher nicht das Kinde mit dem Bade aus. Das ist ein Grundsatz, der für die gesamte Schrift gilt.
Wobei der Umfang der „gesamten Schrift“ eine Definitionsfrage ist, gehört das „NT“ zur Schrift, was es zur Zeit der Apostel nicht gab? Neu weil den jüdischen Schriften da „christliche“ Schriften dazu gefügt wurden, mit neuer Lehre und Gotteslehre, sind sie der Tenach nicht gleich- und noch weniger höhergestellt.

Im Judentum werden nicht alle Bücher in der Tenach gleich gewichtet.

Michael hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 11:44 Für das NT sehe ich eher die Hand der alten Krichenväter im Spiel, unter dene viel gar nicht so heilig waren wie man meinte.
Ja, da könnte man manche Story erzählen.
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Korrektur
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Sa 15. Jan 2022, 19:21 In Apostelgeschichte 7,16 hätte eigentlich statt Abraham der Name Joseph stehen müssen. Abraham kaufte auch ein Grab, aber das hat mit dem Kauf Josephs nichts zu tun. Lukas hat uns die mündliche Rede des Stephanus überliefert. Möglich, dass er den Fehler gemacht hat, aber wahrscheinlicher ist das nicht, da er selber viel mehr als geübter Protokollant erscheint. Es gibt keinen Grund selbiges auch für Stephanus anzunehmen.
Statt Joseph muss es hier natürlich Jakob heißen.

Mensch, dieser Jakob hats aber auch wirklich nicht leicht. Ständig wird er mit wem verwechselt :oops:
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Magdalena61
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Magdalena61 »

Larson hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 08:42Nein, Jesus gab nie Zeugnis, dass er Gott sei, im Gegenteil. Aber es würde schon zu den „Unschärfen in Bibeltexten“ passen, je nachdem, wie man gewissen interpretiert, ist es eine unklare Aussage.
Larson hat geschrieben: So 16. Jan 2022, 08:49 Ein “erschaffen” ist kein “erzeugen”.
Wenn Gott „zeugt“ „erzeigt“, denn erhebt er einen Menschen in eine bestimmte Stellung, oder betrachtet ihn dann als „Sohn“ usw.
Pong.
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Helmuth
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Helmuth »

Magdalena61 hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 11:54 Übersetzer haben wohl einige Freiheit, scheint mir. So, wie das in Apg. 7,16 da steht, Abraham habe die Grabstätte in Sichem gekauft, stimmt das definitiv nicht.
Genau darum geht es aber. Dieses Grab hat Abraham nicht gekauft. So steht es aber geschrieben Wie kann man das anders lesen? Es wird dann egal, was weiter steht und wie man danach den Text vergewaltigt. Der Ausgangpunkt ist bereits falsch. Und das haben deine "Experten" wohl nicht behirnt. So schaut's aus.

Magdalena, mit Verlaub, ich werde den Punkt nicht zum Abwinden weiter behandelh. Man behirnt es oder nicht. Punkt. Und es ist auch Sache der Begabung einen Sachverhalt logisch korrekt zu erfassen. Mir geht es dabei um etwas anderes.

Es geht mir darum, dass es sympotmatisch ist, dass Theologen das mit allen Texten so machen, die Unschärfen zwanghaft theologisch zurechtzuerklären. Und klarerweise hat der Hahn sowohl einmal als auch zweimal gekräht, ehe Petrus Jesus dreimal verleugnet hatte. Es ist beides wahr und unumstößlich richtig.

Sorry, wer mich das verkauft, der hat einen Sprung im Schüsserl. Ich kritisiere dabei gar nicht den Glauben, sondern nur wie borniert man wird, wenn religiöse Dogmen mehr Gültigkeit haben als als das eigentliche Evangelium, und dass auch das korrekte Denken andern abgesprochen wird. Und es gibt auch solche, die dir sogar den Glauben absprechen, nur weil du recht kühn meinst, sorry aber 1 ist leider nicht 2. ;)

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 12:12 Mensch, dieser Jakob hats aber auch wirklich nicht leicht. Ständig wird er mit wem verwechselt :oops:
Bingo! Aber so ist eben Mensch, ein Bündel an Wirrnissen. :mrgreen:
Zuletzt geändert von Michael am Mo 17. Jan 2022, 12:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Magdalena61 »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 12:12 Statt Joseph muss es hier natürlich Jakob heißen.
Dann stimmt es aber immer noch nicht, weil Jakob nicht in Sichem, sondern in der Grabstätte bei Mamre, die Abraham gekauft hatte, beigesetzt wurde. 1. Mose 50,13 Apg. 7,16 sagte: "Und sie wurden herübergebracht nach Sichem."
Mensch, dieser Jakob hats aber auch wirklich nicht leicht. Ständig wird er mit wem verwechselt
Ich muss auch immer aufpassen, dass ich ihn nicht mit seinem Sohn Josef verwechsle. :)
LG
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Larson
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Re: "Unschärfen" in Bibeltexten?

Beitrag von Larson »

Magdalena61 hat geschrieben: Mo 17. Jan 2022, 11:54 Übersetzer haben wohl einige Freiheit, scheint mir.
Übersetzer haben gewisse Freiheit, denn der Text wird interpretiert. Beim Interpretieren kommt ja die eigene Weltanschauung, Glaubenssichtweise oder Ideologie zum Ausdruck oder färbt sich zumindest in de Übersetzung ab.

Und da mussten schon die Reden Jesu einer interpretierenden Übersetzung ins griechische durch, denn wohl die wenigsten Worte Jesu waren in Griechisch. So haben wir in der deutschen Sprache dann schon eine Übersetzung einer Übersetzung, welche aus übermässigen Fragmenten besteht mit etlichen Textvarianten.
Weiter war es ja auch üblich, im Namen von Menschen zu schreiben (zB „gefälschte“ Paulusbriefe) um den Aussagen mehr Bedeutung zu geben.

Also alles sehr „handgemacht“, sprich aus des Menschen Hand. Und solches dann in den Mund Gottes zu schieben???
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