Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00
Wieso "bloß"? Ist Dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass "Glaube" im Sinne der Aufklärung qualitativ mehr sein könnte als Wissen? - Mit "Spielchen" habe ich umschrieben, dass der Mensch dazu neigt, die Voraussetzungen seiner Aussagen nicht zu kennen.
Soll "im Sinne der Aufklärung" ein Qualitätssiegel sein?
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00
"Glaube" ist die Einsicht, dass einem letztlich nichts anderes übrigbleibt.
Alternativen gibt es doch.
Warum bis du nur bzgl. Prämissen skeptisch, nicht auch bzgl. Schlussfolgerungen?
Oder anders ausgedrückt: Prämissen sind fehlerhaft. Bei Schlussfolgerungen passieren nur Stockfehler.
Warum?
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00Ontische Wirklichkeit und Überzeugungen stimmen dann überein, wenn letztere authentisch zu ersterem stehen.
Deine Definition von Wahrheit ist leer. Da du nicht erklären kannst, was die zentrale Begrifflichkeit "zu etwas authentisch stehen" bedeuten soll.
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00Es ist letztlich Sache der ontischen Wirklichkeit, ob man als Subjekt mit ihr übereinstimmt. Entscheiden kann man dies selber nicht.
Wir können das nicht nur nicht entscheiden, wir verstehen nicht mal was damit gemeint ist.
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00Sprache: Wir verstehen semantisch unter "Wahrheit" vermutlich komplett Unterschiedliches. Hast Du schon mal darüber nachgedacht, dass die Begriffe der philosophischen Neusprechzeit wenig bis nichts mit den traditionellen Bedeutungen zu tun haben könnten?
Mir ist schon klar, dass traditionell "Wahrheit" in der Philosophie anders definiert wurde. Nämlich als Übereinstimmung der Dinge mit den Überzeugungen, "adaequatio rei et intellectus". Das ist die klassische Theorie der Wahrheit, die sog. Korrespondenztheorie.
Aber nun hat sich so einiges verändert. Im Mittelalter hatte man die Autorität der Kirchenväter und der Heiligen. Später hatte man wenigstens noch Gott. Zumindest waren die Menschen bescheidener.
Korrespondenztheorie passt nicht in unsere Zeit und zum modernen Menschen, der das ganze im absoluten Sinne versteht.
Deine verbissene Verteidigung der Korrespondenztheorie bestätigt das glänzend. Da ist dein Paradies, aus dem dich niemand vertreiben soll: du kannst behaupten was du willst, ohne in irgendeiner Form Rechenschaft darüber abgeben zu müssen.
Korrespondenztheorie und moderner Mensch ist toxisch. Will man nicht an Butscha glauben, will man nicht an die syrischen Giftgasangriffe glauben, will man an Q-Anon glauben, will man an Pizza-Gate glauben, etc. dann tut das der moderne Mensch einfach, weil es könnte ontisch ja alles so sein. Sichere Belege gibt's nicht.
Die Korrespondenztheorie gehört daher ASAP ins Giftmülllager der Philosophiegeschichte.
Was ist daran Neusprech? Das ist geistige Heilung.
Es ist auch ahistorisch, die pragmatische Wahrheitsdefinition zum
modernen "Neusprech" zu zählen. Die ist aus dem 19. Jahrhundert. "Wahrheit ist der Barwert der Überzeugungen" finde ich geradezu genial, weil es genau da ansetzt, wo noch Ehrlichkeit besteht: beim Eigeninteresse.
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00Wie auch immer: Für Dich scheint Wahrheit das zu sein, was Du als solche utilitaristisch erkennst, also entscheidest - richtig?
Nein, ich entscheide das nicht. Wahrheit ist der Nutzwert von Überzeugungen - das ist alles.
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00Auch hier: Das Subjekt/die Wahrnehmungsebene als normative Größe: "ICH entscheide, was jeweils Ontologie genannt wird". - Dir ist schon klar, dass "Ontologie" vollkommen Widersprüchliches heißen kann?? (Auch hier: Neusprech)
Unter einer Ontologie existiert da: faltiger Teppich. Unter einer anderen Ontologie: Teppich + Falten.
Ja, das ist beliebig. Daher entscheide ich auf der Grundlage von Nutzwert. Was ist daran Neusprech?
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00Bitte lass mich raus bei Deinen Interpretationen dessen, "was ich hier bringe". Das, was ich bringe, hat in der Regel substantiell wenig mit dem zu tun, was Du daraus interpretierst.
Ach je, wie mimosenhaft. Du drückst dich auch sehr unpräzise aus, vielleicht daran mal arbeiten?
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00Ansonsten: Für mich ist zunächst irrelevant, ob man "Apfeltasche" oder "Kühlschrank" oder "Gott" als Substanz, Aggregat oder sonstwas bezeichnet ("bezeichnen" = Wahrnehmungs-Ebene resp. Offenbarungs-Ebene). Zunächst geht es mir darum, dass die Begriffe "Apfeltasche", "Kühlschrank" oder "Gott" nur dann Sinn machen, wenn sie nicht Erfindung meines Gehirns sind. Kategorien-Unterscheidung.
Man muss kein Nominalist sein, um die Apfeltasche als Erfindung des Gehirns anzusehen. Absurd die Vorstellung, es gäbe eine Apfeltasche als metaphysische Größe.
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 08:00
Du gerierst sich gerne mal frech, übersiehst aber dabei, dass wir nach wie vor auf ganz unterschiedlichen Ebenen unterwegs sind. Mit anderen Worten: Aus Deiner Perspektive (jeder, wie er kann) erscheint mein ontologischer Ansatz hemdsärmelig, weil Dir die Garderobe geistlicher Philosophie fremd ist - oder täusche ich mich da?
Geistliche Philosophie ist mir gar nicht fremd.
Ich lehne nur den Foundationalismus (Wissen baut auf auf basalen Setzungen auf) und die Korrespondenztheorie strikt ab. Was ist daran ungeistlich?
Im übrigen: Natürlich können sich Einstellungen ändern, allein deshalb, weil sie auf der Wahrnehmungs-Ebene stattfinden. Wie kommst Du darauf, dass es anders sein könnte? - Ontisch bei Deinem Rembrandt-Beispiel wäre: "Dieses Bild wurde eigenhändig von Rembrandt gemalt" - oder eben nicht. Diese ontische Wahrheit war und ist unveränderlich und wird es immer sein. Die Frage ist: Erkennen wir diese Wahrheit? Hat Rembrandt nun oder nicht? Darüber macht sich die Wahrnehmungs-Ebene einen Kopf, nicht aber die Wirklichkeit selber.
Das ist das alte Problem mit Relationen eines Dings (zu uns und anderen Dingen) vs. Ding-an-sich. Eine Unterscheidung, die ich sehr skeptisch sehe.
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 22:23
Eigentlich sollte es um Grundlagen gehen, auf Basis derer man anspruchsvoll diskutieren kann. - Solange Du meinst, dass ein Vulkan erst speit, wenn man hinschaut (verstehe ich Dich da richtig?), haben wir unterschiedliche Grundlagen.
Es gäbe noch eine Millionen Möglichkeiten dazwischen, die dich allesamt nicht interessieren. Hab ich dir doch 1000 × erklärt.
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 22:23Grundlagen!!! - Die Diskussionsart "Lass uns über Dhkbvdsvf sprechen. Jeder darf für sich bestimmen, was er damit meint" ist aus meiner Sicht wenig zielführend.
Kontext!!! Das Problem ist dein
selektiver Anspruch an Präzision.
Hiob hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 22:23
Auch wenn das an Johncom gerichtet ist: man kann beides:
1) von westlichen Propagandalügen sprechen
2) die Butscha-Morde für real halten
Der Satz dazu könnte sein: "Ich weiß, dass es westliche Porpagandalügen gibt, aber im Fall Butscha glaube ich, dass diese Morde stattgefunden haben." - Ist so ein Satz zu differenziert für die heutige Diskurs-Kultur?
Dem Satz würde ich zustimmen. Aber warum liest du nicht mal den ganzen Text? Es ging da um die Doppelstandards. Die USA lügen aus Johncom-Sicht so schlimm, dass sie sogar gezwungen waren, ihre Lügen zuzugeben. Der Kreml lügt nie und es gibt keine Aufarbeitung von Kriegsverbrechen, weil es keine russischen Kriegsverbrechen gibt. Daher muss Butscha eine Lüge sein.
Thaddäus hat geschrieben: ↑Do 5. Jan 2023, 13:38
Oh, dies bedeutet, dass du mit deiner obigen Aussage (HzA1) keinen Wahrheitsanspruch erhebst. Du behauptest also keine Tatsache und damit auch nicht, dass (HzA1) ein Wissen ist. (Interessanterweise hat Claymore ein solches Manöver aus der pyrrhonischen Skepsis weiter oben auch schon einmal versucht.)
Ich habe das nicht
versucht, sondern resigniert gesagt, dass diese Antwort zu erwarten ist. Ich halte sie leider (!) auch für korrekt. Ja, der Skeptizismus kann keinen Wahrheitsanspruch machen - aber das nimmt ihm dummerweise nicht die Überzeugungskraft. Der Skeptiker kann den Nicht-Skeptiker "spielen" und so die Widersprüche in dessen Denken aufzeigen.
Retorsionsargumente = Schweinchen-Schlau-Argumente.