Wer oder was ist "antichrist" ?

Wir bitten darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.

Moderator: Moderation Helmuth

Benutzeravatar
ProfDrVonUndZu
Beiträge: 3695
Registriert: Do 11. Aug 2016, 08:16

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 06:17 Es schreibt eigentlich keiner vom AC, dafür lese ich viele Mutmaßungen über den SdV und Deutungen prophetischer Bilder, besonders die der Offenbarung.
Johannes schreibt nun mal keine all zu große Menge Text über den Antichristus. Dafür ist aber das, was er schreibt, von großem Gewicht. Das würde er nicht machen, wenn er nur eine Randfigur der Geschichte wäre.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 06:17 Beide habt ihr schon die feste dogmatische Vorannahme (Prämisse) getroffen der SdV wäre der AC. Es sollte dies aber erst zumindest ein Ergebnis dieser Untersuchung sein, nicht die Vorannahme. Ihr geht es damit m.E. falsch an. Nochmals die Themenfrage:
Ich bin zwar nicht direkt angesprochen, aber da ich diesen spezifischen Punkt zumindest ähnlich sehe, betrifft das auch mich. Umgekehrt sehe ich, dass du die Gleichsetzung von Antichristus und Sohn des Verderbens gerne ausschließen möchtest. Du könntest auch Punkte bringen, die gegen diese Gleichsetzung sprechen. Aber dein wesentlicher Punkt ist eigentlich nur, dass du dich an den verschiedenen Begriffen stößt und es deswegen auch anders sein könnte/muss. Ein ernsthaftes Argument ist das nicht. Es gibt ja nur diese zwei Möglichkeiten, dass sie identisch sind, oder eben nicht. Wenn wir es hier nicht mit einer gleichen Gestalt zu tun haben, wo blieben dann der Antichristus und der Sohn des Verderbens in der Offenbarung ? Meinst du, sie käme ohne diese Figur*en aus ?
Offenbarung 1,3 Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe!
Benutzeravatar
Helmuth
Beiträge: 16011
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51
Wohnort: Wien

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von Helmuth »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 15:10 Johannes schreibt nun mal keine all zu große Menge Text über den Antichristus. Dafür ist aber das, was er schreibt, von großem Gewicht.
Dem kann ich zustimmen.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 15:10 Das würde er nicht machen, wenn er nur eine Randfigur der Geschichte wäre.
Warum aber "er" (Singular)? Es wird von ihnen im Plural gesprochen: --> 1. Joh. 2:19 und 2. Joh. 7.

Bist du auch von der Prämisse einvernahmt, das gehe mit dem letzten Gewaltherrscher auf Erden konform? War es Sinn und Zweck ein prophetisches Wort im eschatologischen Sinne zu geben? Das lese ich aus den AC-Texten nicht heraus.

Der Autor warnte die Christen ihrer Zeit und gab ihnen dazu ein Kennzeichen, woran man sie damals erkennen konnte. Sie leugneten Jesus im Fleisch gekommen. Eine solche Theologie dürfte sich breit gemacht haben und dagegen ging man nicht anders vor als Paulus schon früher, als er die Irrlehre der Beschneidung als heilsnotwendig bekämpfen musste.

Dazu eine exegetische Folgerung, aber als Frage: Die Tatsache, dass Paulus die "falschen Brüder" seiner Zeit als solche kennzeichet, welche an der Beschneidung festgehalten haben, bildet das nun einen korrekten Schluss dazu, dass der letzte Herrscher auf Erden auch dieser Irrlehre folgen wird?

Ich denke nicht, aber es war zu Paulus Zeiten das große Problem, dem er ich stellen musste. Man könnte schon diese Irrlehrer als AC bezeichnen, da sie nichts anders getan hatten als die später aufgetretenen AC in der Zeit des Autors der Joh-Briefe: Sie predigten ein anderes Evangelium. --> Gal. 1:6-9

Nun schließt keiner in Bezug auf die Frage der Beschneidung auf den SdV, aber beim Terminus AC schon, und so kommen m.E. viele auf eine falsche Fährte. Warum dann nicht auch bei der Beschneidung? Das Wort AC kitzelt den Heiden scheint's mehr in den Ohren! 8-)
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 15:10 Umgekehrt sehe ich, dass du die Gleichsetzung von Antichristus und Sohn des Verderbens gerne ausschließen möchtest.
Dann hast du nicht alles mitgelesen. Ich räume die Möglichkeit ein, nur nicht die zwingende Gleichsetzung. Dazu mangelt es an sauberer Exegese. Ich bin auch nicht der Wunderwutzi, der sie volkommen draufhätte, aber ich finde dazu schlicht keine Verbindung. Man zeige sie mir und ich lasse den Punkt fallen.
ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 15:10 Wenn wir es hier nicht mit einer gleichen Gestalt zu tun haben, wo blieben dann der Antichristus und der Sohn des Verderbens in der Offenbarung ?
Wo liest du das Wort "Antichrist" in der Offenbarung? Es enthält ja auch nicht den Terminus "Sohn des Verderbens". So wäre das allein schon Eisegese und kein Exegese. Exegese muss dort ansetzen, wo der Begriff ins Spiel gebracht wird, nicht wonaders. Einverstanden?

Wenn man theologische Begriffe einführt (AC, SdV), dann erfolgte das in dem Fall schon von Theologen der Bibel. Man muss dann aber bei deren Begriffen samt Theologie bleiben, welche die Autoren jeweils verfolgen. Ansonsten liest man gar nicht, was diese aussagen, und liest andere Texte bloß mit der eigenen theologischen Brille, die anders lautet. Das sehe ich hier gegeben.

Und weiteres darf man das eine nicht über das andere stülpen, es sei denn die Lehren beider Theologen geben dazu eindeutige Hinweise. Und dann kommt noch das hinzu: Wenn woanders diese Begriffe gar nicht fallen, dann muss also nicht einmal das eine oder das andere gemeint sein (gemeint z.B. "das Tier" oder "der falsche Prophet"). Die Begriffe werden weder synonym zu AC oder SdV noch als entweder/oder gebraucht. Korrekt?

Wer es anders handhabt, arbeitet exegetisch unsauber und die Ergebnisse werden nicht schlüssig. Grund sind also falsche Prämissen. Zuletzt kommt noch der eitle Drang des Menschen hinzu alles deuten zu wollen oder sogar meinen es zu können. Hier warnt uns der Apostel Paulus vor folgendem typischen Exegese-Fehler:
1. Kor 4,6 hat geschrieben: Dies aber, Brüder, habe ich auf mich selbst und Apollos gedeutet um euretwillen, damit ihr an uns lernt, nicht über das hinaus zu denken, was geschrieben ist, damit ihr euch nicht aufbläht für den einen, gegen den anderen.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Benutzeravatar
ProfDrVonUndZu
Beiträge: 3695
Registriert: Do 11. Aug 2016, 08:16

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52 Warum aber "er" (Singular)? Es wird von ihnen im Plural gesprochen: --> 1. Joh. 2:19 und 2. Joh. 7.
Die vielen Antichristusse waren ja schon da gewesen, als Johannes schrieb. Einer sollte aber noch kommen. Ich vertehe das nicht so, dass es nur ein weiterer neben vielen schon Dagewesenen sein soll, sondern dass die Dagewesenen nur den Geist des Antichristus repräsentierten. Unter dem Erscheinen des einen Antichristus verstehe ich daher eine weitläufig durchgesetzte Agenda im Geiste des Antichristen. Die dagewesenen Antichristusse haben den Christus auf ihre Weise repräsentiert. Es gab hier eine klare Opposition zur Agenda der Apostel. Später aber wird die Agenda der Apostel durch die im Geiste des Antichristus ersetzt. Bis dahin war das Ideal der Christus nach seinem Evangelium der Nächstenliebe. Aber dann wird daraus ein Evangelium des Wohlstands, des Eigennutzes, der persönlichen Karriere und des Wettbewerbs. Es geht nicht darum, dass es solches Denken schon immer und auch schon vor den Aposteln gab, sondern darum, dass es als Gesellschaftsbild etabliert und politisch durchgesetzt und gefördert wird. Unter der Vorherrschaft der RKK war kapitalistiches Denken und so ein Denken, das wir heute als liberal bzw. neoliberal bezeichnen, tabu. Unabhängig davon, ob sich einige Akteure darüber hinwegsetzten.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52 Bist du auch von der Prämisse einvernahmt, das gehe mit dem letzten Gewaltherrscher auf Erden konform? War es Sinn und Zweck ein prophetisches Wort im eschatologischen Sinne zu geben? Das lese ich aus den AC-Texten nicht heraus.
Nein, ich glaube nicht, dass es hier um eine oder mehrere Amtspersonen geht, sondern um eine Denkweise und Ideologie. Diese wird natürlich von den Herrschenden vertreten, aber ich sage nicht, dass dies innerhalb der letzten Generation vor Jesu Wiederkunft stattfindet. Dieses Phänomen kann durchaus mehrere Generationen andauern, aber es wird auch gleichzeitig die letzte sein.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52 Der Autor warnte die Christen ihrer Zeit und gab ihnen dazu ein Kennzeichen, woran man sie damals erkennen konnte. Sie leugneten Jesus im Fleisch gekommen.
Die Leugnung vermute ich mehr in der Tat. Das bloße mündliche Bekenntnis ist nicht entscheidend, denn viele werden ja Herr, Herr sagen.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52 Dazu eine exegetische Folgerung, aber als Frage: Die Tatsache, dass Paulus die "falschen Brüder" seiner Zeit als solche kennzeichet, welche an der Beschneidung festgehalten haben, bildet das nun einen korrekten Schluss dazu, dass der letzte Herrscher auf Erden auch dieser Irrlehre folgen wird?
Nein, das sehe ich auch nicht. Aber aus dem ganz einfachen Grund, weil die Beschneidung schon lange nichts mehr ist, was jemandem hinter dem Ofen hervor holt oder igendwie verlockend ist. Eine flächenweite Durchsetzung einer Beschneidung wäre nur für die verführerisch, die schon zuvor beschnitten waren und daraus ihre Identität ziehen. Ähnlich sieht man es auch bei Frauen in Stammesgesellschaften, wo die Beschneidung der Frauen durchgeführt wird. Es sind vor allem Frauen, die daran festhalten. Bei uns äußern sich ähnliche Denkweisen in den Sprüchen :"Lehrjahre sind keine Herrenjahre." oder "Ein paar Kläpse auf den Po haben mir auch nicht geschadet."
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52 Ich denke nicht, aber es war zu Paulus Zeiten das große Problem, dem er ich stellen musste. Man könnte schon diese Irrlehrer als AC bezeichnen, da sie nichts anders getan hatten als die später aufgetretenen AC in der Zeit des Autors der Joh-Briefe: Sie predigten ein anderes Evangelium. --> Gal. 1:6-9
Absolut richtig.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52 Nun schließt keiner in Bezug auf die Frage der Beschneidung auf den SdV, aber beim Terminus AC schon, und so kommen m.E. viele auf eine falsche Fährte. Warum dann nicht auch bei der Beschneidung? Das Wort AC kitzelt den Heiden scheint's mehr in den Ohren! 8-)
Es geht darum, was mit einem Heilsversprechen verbunden wird.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52 Wo liest du das Wort "Antichrist" in der Offenbarung? Es enthält ja auch nicht den Terminus "Sohn des Verderbens". So wäre das allein schon Eisegese und kein Exegese. Exegese muss dort ansetzen, wo der Begriff ins Spiel gebracht wird, nicht wonaders. Einverstanden?
Wir finden beispielsweise den Terminus Synagoge Satans. Das ist doch aussagekräftig genug. In Offenbarung 9 taucht der Name Apollyon auf, was sich wohl an den Sohn des Verderbens anlehnt, da es selber Verderber bedeutet. Jetzt wäre meine Frage : Wie kommt man darauf, dass das gar nichts, aber auch rein gar nichts miteinander zu tun hätte ?
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52Die Begriffe werden weder synonym zu AC oder SdV noch als entweder/oder gebraucht. Korrekt?
Ja, das finde ich auch schwierig.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 16:52Hier warnt uns der Apostel Paulus vor folgendem typischen Exegese-Fehler:
1. Kor 4,6 hat geschrieben: Dies aber, Brüder, habe ich auf mich selbst und Apollos gedeutet um euretwillen, damit ihr an uns lernt, nicht über das hinaus zu denken, was geschrieben ist, damit ihr euch nicht aufbläht für den einen, gegen den anderen.
Wenn du die Offenbarung miteinbeziehst als Geschriebenes und da nicht schon raussortierst, müsstest du sie wörtlich nehmen und die Weltgeschichte der letzten Jahrhunderte ausklammern. Aber dazu neigst du ja auch.
Offenbarung 1,3 Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe!
Benutzeravatar
Helmuth
Beiträge: 16011
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51
Wohnort: Wien

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von Helmuth »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 17:53 Jetzt wäre meine Frage : Wie kommt man darauf, dass das gar nichts, aber auch rein gar nichts miteinander zu tun hätte ?
Dazu muss ich mich wiederholen. Es geht nicht darum, dass rein gar nichts miteinander zu tun hätte, sondern dass man nicht zwingend einen Zusammenhang sehen muss, wenn man nicht schon dogmatisch vorgegebene Prämissen setzt. Also der Sohn des Verderben kann ein AC sein, aber eben nicht zwingend.

Paulus beschreibt einen Herrscher, der Friede und Sicherheit verspricht, das aber nicht bringt, sondern Verderben. Der Autor der Joh-Briefe warnt vor Verkündigern eines falschen Jesus. Worin besteht nun der zwingende Zusammenhang?

Beide Botschaften sind für sich wahr und richtig, aber was haben sie gemeinsam? Die AC-en sind keine Herrscher und Paulus sagt nicht, dass der Verderber dem Christentum entspringt.

Wenn man hier mal dogmatisch vorgeprägtes Denken ablegt und das anerkennt, dann wären wir zumindest einen Schritt weiter. Und dann könnten wir endlich beginnen zu erörtern was „Antichrist“ wirklich bedeutet und warum es für uns heute wichtig ist das zu wissen.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Benutzeravatar
Abischai
Beiträge: 8068
Registriert: Sa 27. Apr 2013, 14:25

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von Abischai »

Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 23:30 Wenn man hier mal dogmatisch vorgeprägtes Denken ablegt und das anerkennt, dann wären wir zumindest einen Schritt weiter
Wenn Du weißt wie die Dinge wirklich sind, dann sage sie bitte ganz deutlich, damit unsere Stümperei endlich aufhört.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]
Benutzeravatar
Helmuth
Beiträge: 16011
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51
Wohnort: Wien

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?,

Beitrag von Helmuth »

Abischai hat geschrieben: Do 17. Okt 2024, 00:02
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 23:30 Wenn man hier mal dogmatisch vorgeprägtes Denken ablegt und das anerkennt, dann wären wir zumindest einen Schritt weiter
Wenn Du weißt wie die Dinge wirklich sind, dann sage sie bitte ganz deutlich, damit unsere Stümperei endlich aufhört.
Zu dem Missverständnis hat beigetragen, dass die Zielsetzung unklar vorgegeben wurde. Du hast damit gestartet, dass der SdV ein oder noch strenger der AC ist. Der Themenfrage vorausgegangen ist ein anderer Thread. Wenn ich hier sage, dass ich das nicht verstehe, dann mach bitte daraus nicht ein „Helmuth weiß es besser“.

Genau das hinterfrage ich doch selbst. Aber was ist hier nun Thema? Spezifizieren wir nun den AC, wie deine TE-Frage lautet, oder den SdV? Wie gesagt liegt der Fehler nicht bei den Antwortenden. Gib zu, dass du selbst damit noch nicht im Klaren bist. Wäre das zu viel verlangt? Du kannst es nun aber präzisieren.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Benutzeravatar
ProfDrVonUndZu
Beiträge: 3695
Registriert: Do 11. Aug 2016, 08:16

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von ProfDrVonUndZu »

Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 23:30 Dazu muss ich mich wiederholen. Es geht nicht darum, dass rein gar nichts miteinander zu tun hätte, sondern dass man nicht zwingend einen Zusammenhang sehen muss, wenn man nicht schon dogmatisch vorgegebene Prämissen setzt. Also der Sohn des Verderben kann ein AC sein, aber eben nicht zwingend.
Ich betrachte es umgekehrt. Der Antichristus ist zwingend der Sohn des Verderbens, den Paulus erwähnt. Auch die vielen Antichristen sind auf ihre Weise Kinder des Verderbens, aber von vielen spricht Paulus ja nicht. Ihm geht es nicht um die Vorschatten, sondern um eine letzte Offenbarung im Zuge des Großen Abfalls bevor der Tag des Herrn sein wird.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 23:30Paulus beschreibt einen Herrscher, der Friede und Sicherheit verspricht, das aber nicht bringt, sondern Verderben. Der Autor der Joh-Briefe warnt vor Verkündigern eines falschen Jesus. Worin besteht nun der zwingende Zusammenhang?
Erst mal sagt Paulus nicht, wer diesen angeblichen Frieden und Sicherheit bringen werden soll und er sagt auch gar nicht, dass es Frieden und Sicherheit geben wird, sondern nur, dass davon geredet wird.

Nach dem Zusammenbruch der Sozialistischen Staaten haben große Denker vollmundig Das Ende der Geschichte ausgerufen und darin den endgültigen Sieg des Kapitalismus gesehen, der nach westlicher Deutungshoheit immer als Einlösung des Versprechens von Freiheit gesehen wurde. Der Zusammenbruch der Sowjetunion wurde gleichzeitig verkündet als das Ende des Kalten Krieges.

Schon 10-15 Jahre zuvor hat es in England und den USA weitreichende Neoliberale Reformen gegeben. In den USA unter Washington Consensus bekannt. Margaret Thatcher orientierte sich dann daran für Großbritannien mit dem sogenannten Dritten Weg. Als dann Tony Blair von der Labour Partei an die macht kam, führte er diesen Kurs fort. Es gelang ihm, den neoliberalen Kurs politisch links umzuframen und die Partei wurde in New Labour umbenannt. Ähnlich passierte es dann mit der SPD in Deutschland unter Gerhard Schröder. Die Zusammenarbeit der beiden bezeugt das sogennante Schröder-Blair-Papier. Es kam die Öffentliche Reformverwaltung und das Neue Steuerungsmodell.

Warum sind diese sperrigen Begriffe so wichtig ? Weil hier politisch und verwaltungstechnisch fixiert wurde, dass die Institutionen nun wie kleine Privatunternehmen geführt werden sollen, die betriebswirtschaftlich denken. Es sollte die Marktlogik einkehren. Das bedeutet Wettbewerb, Konkurrenz und Kampf um knappe Ressourcen. Und da dieses System nur funktioniert, wenn die Menschen auch daran glauben, brauchte es dazu ein Aufstiegsversprechen. Jeder kann es zu was bringen, wenn er sich nur genug anstrengt. Das alte liberalistische Denken, das in Europa spätestens nach 1945 überwunden geglaubt schien, kehrte wieder. Deswegen auch die Bezeichnung Neoliberalismus.
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 23:30Beide Botschaften sind für sich wahr und richtig, aber was haben sie gemeinsam? Die AC-en sind keine Herrscher und Paulus sagt nicht, dass der Verderber dem Christentum entspringt.
Der Verderber taucht im Kontext des Großen Abfalls auf. Meinst du es geht hier um Fußballvereine ? Natürlich geht es um die Christenheit. Es kann um nichts anderes gehen, da die Welt sowieso noch nie eine Einheit war. Die größte Spaltung der Christenheit war die Abspaltung des Protestantismus. Die sogenannte Aufklärung wäre ohne diese Spaltung nicht möglich gewesen. Aus der Dialektik zwischen Aufklärung, Katholizismus und Protestantismus etablierte sich das Menschenbild im Humanismus einerseits, aber auch die Angst vor der Gefahr dieses Freien Menschen, der ja nach Kirchenlehre sündhaft von Geburt und Natur aus ist. Daraus folgte die Denkfigur des Homo oeconomicus. Der Freie Mensch, der nicht nur alle Möglichkeiten hat, sich die Welt untertan zu machen, sondern diese Freiheit auch für seine eigenen Zwecke gegen seine Mitmenschen nutzt. Was bis dahin noch kritisch reflektiert wurde, systematisierten die Klassischen Ökonomen nun scheinbar deskriptiv, aber ihre Schriften wirkten gleichzeitig auch normativ. Von Unternehmern wahrgenommen als Ratschlag zum effizienten wirtschaftlichen Handeln. Bis dahin war das noch Speziallektüre und Geheimtipps, die man sich zu Nutze machen konnten. Im American Way of Life wurde es zum Narrativ und die Amerikanische Unabhängikeitserklärung erlaubte das Streben nach Glück. Das war aber vergleichsweise harmlos, denn die oben genannten neoliberalen Reformen beließen es nicht bei bloßen Narrativen, sondern sämtliche Institutionen wurden im Sinne des Wettbewerbs zwischen unzähligen Homines oeconomici umgestaltet. Wettbewerb erzeugt schließlich Fortschritt durch die Dialektik der Konkurrenten. So meint man es ironischerweise in der doch angeblich Besten aller möglichen Welten.

Spätestens hier sehe ich den Zeitpunkt, wo das Heilsversprechen des Kreuzestodes Jesu gesellschaftlich reglementiert ersetzt wurde durch das Heilsversprechen der eigenen Selbstoptimierung zur Steigerung der Chancen im Wettbewerb um Wohlstand. Viele Christen sehen auch die Person Jesus nur noch als persönlichen Coach für bessere Schulnoten oder Leistungsfähigkeit, um auf dem kapitalistisch organisierten Arbeitsmarkt bestehen zu können. Die Schulen, Ratgeber und Karrierecoaches erzählen uns : Sei besser als die anderen, sei die optimale Version deiner Selbst, sei Homo oeconomicus. Der perfekte Homo oeconomicus ist eine pure Fiktion. Nie hat so einer real gelebt. Es ist aber ein Ideal, dem die Mehrheit der Menschen nacheifert.
Offenbarung 1,3 Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung und bewahren, was in ihr geschrieben ist; denn die Zeit ist nahe!
Benutzeravatar
Ziska
Beiträge: 5394
Registriert: Do 18. Apr 2013, 11:32

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von Ziska »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Do 17. Okt 2024, 04:00
Helmuth hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 23:30Paulus beschreibt einen Herrscher, der Friede und Sicherheit verspricht, das aber nicht bringt, sondern Verderben. Der Autor der Joh-Briefe warnt vor Verkündigern eines falschen Jesus. Worin besteht nun der zwingende Zusammenhang?
Erst mal sagt Paulus nicht, wer diesen angeblichen Frieden und Sicherheit bringen werden soll und er sagt auch gar nicht, dass es Frieden und Sicherheit geben wird, sondern nur, dass davon geredet wird.
Stimmt. In 1. Thessalonicher 5:8 (Elberfelder) steht:
Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit!, dann kommt ein plötzliches Verderben über sie, wie die Geburtswehen über die Schwangere; und sie werden nicht entfliehen. 
Es ist also nicht nur eine Person, sondern es sind mehrere, es sind viele.

Scheinbar meinen die verantwortlichen Regierungen, sie hätten alles im Griff
und könnten nun für weltweiten Frieden und Sicherheit sorgen.

Sie hätten es ganz alleine geschafft!
Ohne Gott! Ohne den von Gott eingesetzten König Jesus Christus!

Doch da wird auch vorhergesagt, was danach passiert.
Wenn diese Situation weltweit verkündet wird, wie auch immer das geschehen wird,
kommt als nächstes die Vernichtung.

Wer wird überleben? Diejenigen, die auf der Seite Gottes stehen.

Dann ist endlich echter Frieden! Es gibt keine Kriege mehr, keine Angst vor Terror!
Wer sehnt sich nicht auch nach der Zeit, wo alles böse, gottlose von dem König Jesus Christus beseitigt wurde?
LG Ziska
„Einer ist euer Führer, der Christus“
(Matthäus 23:10)
Benutzeravatar
Helmuth
Beiträge: 16011
Registriert: So 5. Jun 2016, 12:51
Wohnort: Wien

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von Helmuth »

Ziska hat geschrieben: Do 17. Okt 2024, 07:57
Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit!, dann kommt ein plötzliches Verderben über sie, wie die Geburtswehen über die Schwangere; und sie werden nicht entfliehen. 
Es ist also nicht nur eine Person, sondern es sind mehrere, es sind viele.
Das sind dann wohl die Anhänger des Verderbers. Der Verderber offenbart sich aber schon in einer Person gemäß Paulus. Nur nützt uns das heute nichts, wenn wir das Rästelraten um die Endzeit weiter fortsetzen. Auch Jesus hat dazu nichts gesagt, wer das sein wird, sondern er hat uns Warnungen mit auf den Weg gegeben.

Diese haben mittlerweile schon 2000 Jahre ihre Gültigkeit und sind immer noch zu beachten. Das ist also was für uns heute relevant ist. Unsere Generation ist dabei auch noch von der Warnung aus dem 1. Joh-Brief betroffen:
1. Joh 4,1-3 hat geschrieben: Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen. Hieran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der Jesus Christus im Fleisch gekommen bekennt, ist aus Gott; und jeder Geist, der nicht Jesus Christus im Fleisch gekommen bekennt, ist nicht aus Gott; und dies ist der Geist des Antichrists, von dem ihr gehört habt, dass er komme, und jetzt ist er schon in der Welt.
Wir sollen also nicht raten, wer am Ende Verderben bringt, sondern welcher Geist für uns gegenwärtig gefährlich sein kann, damit er uns nicht unbewusst vereinnahmt. Deren Vertreter (Plural !!) kommen aus den eigenen Reihen, bringen falsche Lehren und nisten sich im Leib ein. Ich erinnere dazu nur an die Trinität, etwas wo mir sogar die ZJ zustimmen werden.

Im 1. Jh. die "Leugnung Jesu im Fleisch gekommen", das ich so deute, dass man Jesus abgesprochen hatte, dass er Mensch war. Aber so und nicht anders hat ihn Gott zu uns gesandt, und nicht als Gott!

Ich denke, dass sich die Theologie der AC-en weiterentwickelt hatte, sodass daraus die Trinität geworden ist. Es haben sich auch die Machtverhältnisse geändert, sodass diese Lehre als amtliche Staatskirche vertreten wurde und für unumstößlich dogmatisch festgelegt würde. Widersprechen wurde mit "anathama" belegt. Bitte, welcher Geist tut das?

Doch wie immer man heute das theologisch weiterhin zu rechtfertigen sucht (auch ohne anathama), dem gehen bereits allgemeine Warnungen Jesu voraus, nachdem Jesus folgende Frage gestelt wurde:
Lk 21,7-8 hat geschrieben: Sie fragten ihn aber und sagten: Lehrer, wann wird denn das sein, und was ist das Zeichen, wann dies geschehen soll? Er aber sprach: "Gebt acht, dass ihr nicht verführt werdet! Denn viele werden unter meinem Namen kommen und sagen: „Ich bin es; und die Zeit ist nahe gekommen.“ Geht ihnen nicht nach."
Beachtet dazu, dass Jesus auf diese Frage gar nicht eingeht. Checkt ihr das nicht? Oder erkenne nur ich das? Wie das? Stattdessen warnte er die Jünger vor Verführern, die mit der Zeit immer mehr werden und verderbenbringende Sekten einführen. Davon hat neben Paulus auch Petrus die Erfahrung gemacht und so warnen uns die Apostel desgleichen:
2. Pet 2,1 hat geschrieben: Es waren aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche Lehrer sein werden, die Verderben bringende Sekten nebeneinführen werden und den Gebieter verleugnen, der sie erkauft hat, und sich selbst schnelles Verderben zuziehen.
Natürlich führt das dazu, dass diese Verderben bringende Lehren immer mehr und mehr werden, wozu ich aber auch den Islam heute zähle, der letzten Endes in dem Sohn des Verderbens gipfelt, ehe das letzte Ende hereinbricht.

Aber: Es bleibt weiter nicht unsere Aufgabe daraus ein poltisches Rästelraten zu veranstalten woraus er hervorgeht, sondern dass wir gerade in unserer gegenwärtigen Zeit auf der Hut bleiben und ihnen nicht weiter aus der Hand zu fressen. Was die Trinität betrifft, so frisst die überwiegende Mehrheit an Christen den Antichristen des 1. Jh schon aus der Hand. Man hat es theologisch nur verfeinert.

Nebenher ist auch die Lehre eingedrungen, dass das Blut Jesu nicht nötig ist um zur Erlösung aus unserer Sünde zu kommen. Es werden alternative Wege angeboten, die auf den breiten Schatz der Esoterik zugreifen. Dieses hat eine noch größere Verderben bringende Wirkung.

Die modernen Formen der Trinität haben in der Regel keine wirklichen unserem Heil entgegenwirkende Auswirkungen zu unserem Verderben, sieht man von bestimmten Sektieren ab, die Leugnung des Blutes Jesu hingegen grundsätzlich immer.
So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigartigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. - Johannes 3:16
Spice
Beiträge: 12887
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Wer oder was ist "antichrist" ?

Beitrag von Spice »

ProfDrVonUndZu hat geschrieben: Mi 16. Okt 2024, 17:53 Nein, ich glaube nicht, dass es hier um eine oder mehrere Amtspersonen geht, sondern um eine Denkweise und Ideologie. Diese wird natürlich von den Herrschenden vertreten, aber ich sage nicht, dass dies innerhalb der letzten Generation vor Jesu Wiederkunft stattfindet. Dieses Phänomen kann durchaus mehrere Generationen andauern, aber es wird auch gleichzeitig die letzte sein.
Richtig. "Der" Antichrist ist die Gott verleugnende Naturwissenschaft und Technik, die nun fähig geworden ist, ein "Bild" der irdischen Intelligenz zu machen, das es anbeten wird, nämlich die KI mit der gesamten Herrschaft des Digitalen. Im Tempel, d.h. den Kirchen/Gemeindsen sitzt auch schon lange der Antichrist, was daran erkennbar ist, dass vielfach die Unsterblichkeit der Seele, ja alles übersinnliche Erkennen und damit das spirituelle Erfassen der biblischen Botschaft geleugnet werden. Natürlich auch die Wunder.
Antworten