SilverBullet hat geschrieben: ↑Do 8. Jun 2023, 15:21
Claymore hat geschrieben: ↑Do 8. Jun 2023, 12:21Tatsache bedeutet einen unbezweifelbaren Sachverhalt. Aber muss der an einen bestimmten Zeitpunkt oder Zeitraum gekoppelt sein?
Bei Tatsache führt das Vorliegen von Umständen zu einer eindeutigen Reaktionskonsequenz, d.h. "das Vorliegen ist eindeutig und man kann es sich nicht schönreden".
Das Vorliegen muss sich im Hier und Jetzt abspielen oder in der Vergangenheit abgespielt haben, wobei dann eine Art "Aufzeichnung" das damalige Vorliegen quasi im "Hier und Jetzt" spiegelt (wenn man es genau nimmt, ist dann das Vorliegen der Aufzeichnung die Tatsache).
Aussagen über die Zukunft sind Prognosen/Planungen, zu denen es noch kein Vorliegen gibt - dadurch sind es keine Tatsachen.
Bei "Allgemeingültigem" (z.B. "Naturgesetzen") muss zuerst der Überblick/Einblick als Tatsache vorliegen.
Z.B. wenn man sich ein eigenes Regelwerk kreiert (Spiele oder Technologiebereiche wie IT), dann erreicht "Allgemeingültiges" den Tatsachenstatus - es ist ja für diese "kleine Welt" so entworfen und durch das Regelwerk "vorliegend".
Zukunfts-Behauptungen zu Naturgesetzen ordne ich aber als Weltbild ein, und gestehe ihnen nicht den Tatsachenstatus zu - es fehlt der Überblick/Einblick, um das Vorliegen der Hintergründe festzustellen.
Ohne Einblick wird es eher zu einer Frage von Wahrscheinlichkeit.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wirst du in den nächsten 5 Minuten nicht durch einen Tisch gehen können (der Ausgang ist aber noch keine Tatsache). Die Ergebnisse deiner bisherigen Versuche, durch einen Tisch zu gehen, sind hingegen Tatsachen.
Mich erinnert das Argument irgendwie an:
Wikipedia (en): Here is one hand (eigene Übersetzung) hat geschrieben:"Hier ist eine Hand" ist ein erkenntnistheoretisches Argument, das G. E. Moore als Reaktion auf den philosophischen Skeptizismus und zur Unterstützung des gesunden Menschenverstands entwickelt hat.
Das Argument hat die folgende Form:
- Hier ist eine Hand,
- Und hier ist noch eine.
- Es gibt mindestens zwei externe Objekte in der Welt.
- Daher existiert eine Außenwelt.
Das Problem am Radikalskeptizismus à la Hiob ist aber doch, dass man behaupten kann, man sei sehr wohl durch den Tisch gegangen, und dass man nur unter der Illusion leidet, nicht durch den Tisch gegangen zu sein.
Denn der umgekehrte Fall tritt durchaus auf. Jemand mag auf LSD vielleicht halluzinieren, dass er durch den Tisch geht.
Von daher ist das Problem, dass man behaupten kann, man komme nicht an die Tatsachen heran. Das ist was anderes, als dass die Tatsachen beliebig sind.
Das Problem, was ich darin eher sehe, ist, dass die Unterscheidung zwischen "Illusion" und "Realität" aber anhand der Wahrnehmung erlernt wurde. Es sind Abstraktionen der Wahrnehmung, die hier ungültig verabsolutiert wurden. Denn wer die Wahrnehmung agnostisch betrachtet, ohne irgendwelche Ideen von Realität, kann zu der Unterscheidung "Tatsache vs. Schein" niemals kommen.
Am Ende muss man sagen, laufen Radikal-Skeptizismus und Radikal-Relativismus (Scientology: "Wahr ist das, was für dich wahr ist", oder Protagoras: "Der [einzelne] Mensch ist das Maß aller Dinge, der seienden, dass sie sind, der nicht-seienden, dass sie nicht sind.") auf das Gleiche hinaus: in die völlige Beliebigkeit.
Einmal sind unsere Überzeugungen völlig beliebig. Einmal ist das, was wirklich ist, beliebig.
Der Mond ist aus Käse - Radikal-Skeptizist:
"So möglich wie, dass er aus Stein ist". Radikal-Relativist:
"Dann ist er für Dich aus Käse, für mich ist er aus Stein".
Das ist so eine philosophische Hufeisentheorie. Beides sind jedenfalls Dummheiten, die nichts mit der Philosophie zu tun haben, denn die bedeutet immer noch "Suche nach Weisheit". Und auch Du wirst ja wohl nicht abstreiten, dass es eine "Suche nach Weisheit" geben kann - höchstens, dass die real existierende Philosophie dieser Zielsetzung nicht nachkommt.
Dass der Körper reagiert, und gar nicht anders kann, ist dagegen kein Kriterium für "Tatsache". Denn das ist auch in einer VR-Welt so: Du bekommst einfach einen Schreck, wenn du da "stürzt". Die emotionale Wirkung ist da, auch wenn du rational tausendmal weißt, dass nichts davon echt ist.