Was geht in Putins Kopf vor?

Politik und Weltgeschehen
Claymore
Beiträge: 1219
Registriert: Fr 5. Okt 2018, 13:34

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Claymore »

Magdalena61 hat geschrieben: Mo 21. Nov 2022, 12:19 Niemand zwang Selenskyj dazu, auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 19. Februar 2022 den Ausstieg seines Landes aus dem Budapester Memorandum in den Raum zu stellen und damit anzudeuten, die Ukraine plane, sich wieder nuklear zu bewaffnen. Die Möglichkeiten dazu sind gegeben- die Ukraine könnte Atomwaffen bauen.
Und Rußland liegt nun einmal direkt daneben.
Für mich hört sich das immer noch zu sehr nach Röper an. Was ist an der Äußerung von Selenskyj so furchtbar schlimm, wenn man sie im Kontext betrachtet?

Russland hatte die Krim vor acht Jahren annektiert, d. h. schon da hat Russland das Budapester Memorandum gebrochen. Und am 19. Februar hatte Russland schon über Monate Truppen und schwere Waffen für die Invasion zusammengezogen.

Dass Selenskyj in diesem Kontext sinngemäß sagt "Warum sollen wir uns an unseren Teil der Vereinbarung halten, wenn Russland sich schon längst nicht mehr daran hält" finde ich nicht weiter schockierend.

Mit Russland ist es doch immer das gleiche: Es trampelt auf allen Vereinbarungen herum und wenn sich andere ENDLICH dagegen wehren, geht das große Mimimi los.
Laut tagesschau.de ist die Ukraine nach Rußland das korrupteste Land Europas.
Meine Meinung: Die beiden schenken sich nichts.
Korruption ist aber nur eine Dimension. Nach dem Freedom House Index ist die Ukraine "teilweise frei" dagegen aber Russland "unfrei".
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 21. Nov 2022, 12:19Im Falle des Raketenbeschusses auf polnischem Gebiet wurde bestürzend ersichtlich, wie im Westen bisweilen mit Wahrheit umgegangen wird.

Kleiner Hinweis: Wer sich zum Vervielfältiger falscher Behauptungen macht, kriegt ein Problem mit dem achten Gebot "du sollst nicht falsch Zeugnis reden".

Deshalb bin ich darum bemüht, mich möglichst ausgewogen zu informieren.

Wenn etwas nicht bewiesen ist, dann sage ich nicht: So und so war es, sondern stelle die Infos in den Raum oder formuliere meinen Eindruckz.B.: "... war mein erster Gedanke".
Ja, das ist lustig... "I used to trust the media to tell me the truth" (Queensrÿche, Revolution Calling) :lol:

Fehler, Manipulation, Propaganda, Fälschungen und Lügen kommen in westlichen Medien vor. Und zwar in rauer Menge. Was für eine Neuigkeit.

Es ist bekannt, dass sich der Kreml das zu Nutze macht. Lustigerweise bedient sich die brutale Putin-Diktatur, dieser wahr-gewordene Orwell-Albtraum in Reinform, ausgerechnet Orwell und versucht die Leute hier zu ködern als "Freidenker" ...

Dagegen hilft nur nichts übereilt zu glauben. Und zu warten bis gute, schwer fälschbare Belege veröffentlicht wurden. Allerdings braucht das Zeit und Verwendung der eigenen Intelligenz.

Eine Abkürzung gibt es nicht. Und selbst dann kann kein Mensch es vermeiden, Manipulation komplett zu entgehen.

Was nicht hilft ist: einfach nur mehr Perspektiven von fragwürdiger Qualität miteinbeziehen.

Kreml-Medien sind keine gleichberechtigte legitime / ernstzunehmende "Perspektive". Weil transparente Korrektur von Fehlern oder Lügen grundsätzlich nicht stattfindet.

Hätte AP eben keine Richtigstellung heraus gebracht und hätten sie den verantwortlichen Journalisten eben nicht gefeuert, dann sollte AP auch delegitimiert sein. So wie TASS, RT und Sputnik News.
Aufgrund der unglaublich dreisten und frechen Äußerungen des ehemaligen Botschafters der Ukraine, Andrij Melnyk (den musst du einmal auf Twitter lesen!), und auch der durchgehend fordernden Haltung der Staatsführung und deren Vertreter ist mein Eindruck tatsächlich: Die Ukraine würde eine aktive Beteiligung der NATO, die über Waffenlieferungen und die Bereitstellung von Technik und Know How hinausgeht, begrüßen -- weil sie ohne diese Unterstützung Rußland nicht besiegen kann.
Mir ist Melnyk extrem unsympathisch und er hat sicher auch seinem Land mit seiner unverschämten Art geschadet. Aber die Welt wäre ein angenehmer Ort, wenn "freche und dreiste Äußerungen" das größte Problem an Politikern wäre.

Ohne Abrüstung hätte die Ukraine noch ein riesiges Arsenal an Kernwaffen und könnte damit Putin & Co. abschrecken.

Sie haben freiwillig abgerüstet, im Gegenzug zu Sicherheitsgarantien - von daher ergibt sich die Forderungshaltung. Das ist nur natürlich, und wenn ukrainische Politiker sich 100% für die Ukraine einsetzen, ist daran nicht problematisch.

Dass das nicht unbedingt das beste für Deutschland ist, ist auch nicht überraschend.

Und ob diese Forderungen nun der Welt Frieden und Stabilität bringen, ist dann wieder eine andere Frage.

Einerseits besteht die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts - im Extremfall bis zu einem dritten Weltkrieg.

Lässt man die Ukraine allerdings komplett im Regen stehen, ist jeder weitere Vorstoß zur Denuklearisierung komplett sinnlos. Kein Land wird noch auf irgendwelchen Sicherheitsgarantien von Großmächten vertrauen können und seine mit Kernwaffen abrüsten wollen.
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 21. Nov 2022, 12:19Wer eine Rakete abschießt, ist dafür verantwortlich, wo diese landet, sollte man meinen. Nachdem relativ schnell klar war, um welchen Typ es sich handelte, weil von den Überresten Fotos existieren, wurde dennoch die Falschbehauptung der russischen Täterschaft seitens der ukrainischen Staatsführung aufrecht erhalten.
Ja, aber die Theorie geht noch weiter: die Rakete wurde bewusst nicht entschärft, wurde bewusst nicht... usw.

Anti-Spiegel ist die reine, unverdünnte Lüge, und wer das nicht selber merkt, dem kann ich auch nicht mehr helfen.
Benutzeravatar
Paul
Beiträge: 18126
Registriert: Di 2. Mär 2021, 16:42

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Paul »

wenn man dem phänomen auf den grund gehen will, muss man bei den amöben anfangen, glaube ich :D

es gibt da so eine alte volksweisheit

niemand kann die vergangenheit verändern, noch nicht mal gott...naja, abgesehen mal von historikern :D
Zuletzt geändert von Travis am Mo 28. Nov 2022, 07:30, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Beiträge zusammengeschoben. Monologe bitte vermeiden.
der storch der sitzt am karpfenteich und hämmert alle karpfen weich

it's not easy be(e)in' green

es gibt nichts gutes, außer man tut es

https://www.youtube.com/watch?v=ItZyaOlrb7E

das huhn ist im auftrag des herren unterwegs 8-)
Benutzeravatar
Magdalena61
Administrator
Beiträge: 26148
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 20:44
Kontaktdaten:

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Magdalena61 »

Claymore hat geschrieben: Sa 26. Nov 2022, 14:10
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 21. Nov 2022, 12:19 Niemand zwang Selenskyj dazu, auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 19. Februar 2022 den Ausstieg seines Landes aus dem Budapester Memorandum in den Raum zu stellen und damit anzudeuten, die Ukraine plane, sich wieder nuklear zu bewaffnen. Die Möglichkeiten dazu sind gegeben- die Ukraine könnte Atomwaffen bauen.
Und Rußland liegt nun einmal direkt daneben.
Für mich hört sich das immer noch zu sehr nach Röper an.
Die Info hatte ich ursprünglich aus der bz, meine ich. Das muss kurz nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine gewesen sein.
Was ist an der Äußerung von Selenskyj so furchtbar schlimm, wenn man sie im Kontext betrachtet?
Die Politiker, die am Zustandekommen des Memorandums beteiligt waren, werden schon gewußt haben, warum sie der Ukraine die Nuklearwaffen abgenommen haben. Und ich habe immer noch nicht begriffen, warum die Ukraine darauf eingegangen ist.
Claymore hat geschrieben: Sa 26. Nov 2022, 14:10Russland hatte die Krim vor acht Jahren annektiert, d. h. schon da hat Russland das Budapester Memorandum gebrochen.
Minsk I und II wurde von beiden Seiten nicht eingehalten.

https://www.berliner-zeitung.de/politik ... -li.215076
Und am 19. Februar hatte Russland schon über Monate Truppen und schwere Waffen für die Invasion zusammengezogen.
Putin hat lange genug "gewarnt". Ob "berechtigt" oder nicht... der Westen hat's nicht ernst genommen oder er hat es darauf ankommen lassen.

Schuld sehe ich auf beiden Seiten. Ohne "Röper" gelesen zu haben. In den anti-spiegel schaue ich nur selten rein.
Und Schuld sehe ich auch auf beiden Seiten, die diplomatische Lösungen oder wenigstens einen Waffenstillstand über den Winter verweigern.

Dem ukrainischen Volk, der Zivilbevölkerung, die Lebensgrundlagen systematisch zu zerstören, weil man der Stärkere ist, dafür gibt es keine Rechtfertigung.
Darauf zu bestehen, Verhandlungen nur dann anzustreben, wenn der Aggressor sich vollständig aus dem Land zurückgezogen hat... eine utopische Forderung... setzt die Bereitschaft voraus, die eigene Bevölkerung zu gefährden und viele Menschenleben zu opfern.

Der Westen liefert Waffen, lässt jedoch so langsam verlauten, man müsse überlegen, wie viele davon man noch abgeben könne--
aber er liefert nicht das volle Arsenal.
Im Luftraum werden meines Wissens "nur" Raketen eingesetzt; keine Militärflieger, die Bomben abwerfen. Rußland hätte vermutlich genügend Flieger und könnte die wesentlich kleinere Ukraine leicht überwinden. Der Westen wäre ebenfalls in der Lage, von oben anzugreifen oder um die Lufthoheit über dem Gebiet der Ukraine zu kämpfen. Aber wenn er das tut, ist der 3. Weltkrieg Realität.

Wie lange soll das noch so weitergehen?
Die Lage ist total verfahren. Und mit Schuldzuweisungen wird man sie nicht verbessern können.
Claymore hat geschrieben: Sa 26. Nov 2022, 14:10Dass Selenskyj in diesem Kontext sinngemäß sagt "Warum sollen wir uns an unseren Teil der Vereinbarung halten, wenn Russland sich schon längst nicht mehr daran hält" finde ich nicht weiter schockierend.
Selenskyj hat genug "Dreck am Stecken"; den muß niemand in Schutz nehmen. Er ist volljährig und dumm ist er auch nicht. Er trägt die volle Verantwortung für seine Entscheidungen.

Ich habe keine Lust, all das, was Selenskyj im Vorfeld des Krieges in seinem Land mit ethnischen Russen veranstaltete, nochmals hervor zu holen. Wen es interessiert, der kann in den entsprechenden Thread stöbern.

Für Putin gilt das Gleiche.
God bless you all for what you all have done for me.
Benutzeravatar
Magdalena61
Administrator
Beiträge: 26148
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 20:44
Kontaktdaten:

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Magdalena61 »

Claymore hat geschrieben: Sa 26. Nov 2022, 14:10Fehler, Manipulation, Propaganda, Fälschungen und Lügen kommen in westlichen Medien vor. Und zwar in rauer Menge. Was für eine Neuigkeit.
Wertebasierte Propaganda. :mrgreen: Das ist der Unterschied. Wertebasierte, Demokratie und Menschenrechte beschwörende Interpretationen und demagogische Erzählungen aus dem Tempelschatz der Gottlosen.
Es ist bekannt, dass sich der Kreml das zu Nutze macht.
Welch eine Neuigkeit. :lol: Und anders herum ist es GAR nicht so.

Sowohl im Westen als auch im Osten gibt es in der Bevölkerung eine Menge Leute, die es nicht so arg toll finden, getäuscht und betrogen und somit zum Spielball irgendwelcher Oligarchen oder diverser anderer Machtmenschen gemacht zu werden.

Diese Welt gehört nicht den Wölfen. Sie gehört ALLEN Menschen.
ALLE Menschen haben das Recht, in Frieden und in Freiheit zu leben.


Dass es ihnen verwehrt wird von korrupten Politikern und irgendwelchen Drahtziehern internationaler Konzerne oder von wem auch immer, das ist das eigentliche Verbrechen.
Was nicht hilft ist: einfach nur mehr Perspektiven von fragwürdiger Qualität miteinbeziehen.
Dann nenne mir bitte einmal Informationsquellen, die nicht fragwürdig/ interessensgesteuert sind.
Kreml-Medien sind keine gleichberechtigte legitime / ernstzunehmende "Perspektive". Weil transparente Korrektur von Fehlern oder Lügen grundsätzlich nicht stattfindet.
Ein gewisses Gleichgewicht wird erreicht, wenn man z.B. Reitschuster und Röper gleichzeitig liest.
:mrgreen:
Ohne Abrüstung hätte die Ukraine noch ein riesiges Arsenal an Kernwaffen und könnte damit Putin & Co. abschrecken.
Nee.
Putin hat MEHR davon. So empathielos, wie er agiert, würde er sie wohl im Falle der Gefährdung des eigenen Landes auch einsetzen.
Und wenn man noch nicht einmal Luftabwehrraketen zuverlässig im Griff hat, dann möchte ich nicht wissen, was mit Nuklearwaffen in denselben Händen passieren würde.
Ja, aber die Theorie geht noch weiter: die Rakete wurde bewusst nicht entschärft, wurde bewusst nicht... usw.
Aus welchem Grund flog sie, nachdem sie den russischen Flugkörper verfehlt hatte, bis nach Polen?

Weiß man es?

Es wäre besser, es zu wissen. Denn sonst könnte das wieder passieren. Und wieder. Und wieder.
Haben die Russen seit Ende Februar 2022 schon einmal über die Grenze der Ukraine hinaus geschossen und dabei Menschen getötet?

Kommt ja noch dazu, dass von ukrainischer Seite aus felsenfest eine russische Täterschaft behauptet und diese Behauptung in deutsche Medien übernommen worden war, auch noch, nachdem von G7/ NATO auf dem G20- Gipfel aus bereits Deeskalation angestrebt wurde.

Hätten die Amis nicht diese Satelliten, die alles aufzeichnen, sodass man tatsächlich auch den Flug dieser einzelnen Rakte zurückverfolgen konnte- dann hätte man den Vorwurf nicht entkräften können. Und was wäre dann passiert?

Fazit: Nicht nur Putin, sondern auch die Ukraine gefährden in unverantwortlicher Weise den Weltfrieden.
LG
God bless you all for what you all have done for me.
Spice
Beiträge: 11835
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Spice »

Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00 Fazit: Nicht nur Putin, sondern auch die Ukraine gefährden in unverantwortlicher Weise den Weltfrieden.
LG
Wieso gefährdet ein Land, das sich verteidigt, den Weltfrieden?
Spice
Beiträge: 11835
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Spice »

Man sollte sich mal diese Doku angucken. Einfach widerlich. Mir scheint, es ist schlimmer als zu Sowjetzeiten; ich meine diese Militarisierung! Dergleichen gibt es nur in Diktaturen. Und wie leichtfertig über den Untergang der Welt durch einen Atomkrieg gesprochen wird...Die Russen kommen angeblich in den Himmel. :lol:
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinf ... k-100.html
Claymore
Beiträge: 1219
Registriert: Fr 5. Okt 2018, 13:34

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Claymore »

Johncom hat geschrieben: So 20. Nov 2022, 21:29
Claymore hat geschrieben: So 20. Nov 2022, 14:33 Liefer doch da mal Belege nach, dass einseitig und systematisch zivile Infrastruktur beschossen wurde.
Hier eine professionelle Doku




2 h 17 min
Zwei vergeudete Stunden. Jeder weiß, dass es Artilleriebeschuss an der Demarkationslinie gab. Nur irgendwelche Belege, dass dieser einseitig von der Ukraine ausgeht und systematisch zivile Infrastruktur beschossen wird, fehlen leider.
Claymore
Beiträge: 1219
Registriert: Fr 5. Okt 2018, 13:34

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Claymore »

Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00 Minsk I und II wurde von beiden Seiten nicht eingehalten.

https://www.berliner-zeitung.de/politik ... -li.215076
Ging aber nicht um Minsk, sondern das Budapester Referendum. Das hatte Russland mit der Annexion der Krim eh schon gebrochen.
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00Schuld sehe ich auf beiden Seiten. Ohne "Röper" gelesen zu haben. In den anti-spiegel schaue ich nur selten rein.
Und Schuld sehe ich auch auf beiden Seiten, die diplomatische Lösungen oder wenigstens einen Waffenstillstand über den Winter verweigern.

Dem ukrainischen Volk, der Zivilbevölkerung, die Lebensgrundlagen systematisch zu zerstören, weil man der Stärkere ist, dafür gibt es keine Rechtfertigung.
Darauf zu bestehen, Verhandlungen nur dann anzustreben, wenn der Aggressor sich vollständig aus dem Land zurückgezogen hat... eine utopische Forderung... setzt die Bereitschaft voraus, die eigene Bevölkerung zu gefährden und viele Menschenleben zu opfern.
Was Russland genauso tut - es opfert auch russische Wehrpflichtige für Putin.

Naja, der ganze Thread ist dominiert von einer Mischung aus Realpolitik-Überlegungen, Christentum, Pazifismus, Skepsis gegenüber westlichen Institutionen, Anti-Amerikanismus und Angst vor Verarmung.

Keiner dieser Punkte ist für sich irgendwie anstößig oder problematisch. Aber die Mischung, die ist dann schon abstoßend - weil sie so scheinheilig ist.

Nach der gewöhnlichen weltlichen Moral ist Russland alleine schuld. Sie haben den Krieg begonnen.

Christlich gesehen dagegen ist es irrelevant, ob die gesetzten Ziele utopisch sind oder nicht: selbst bei einem erfolgreichen Verteidigungskrieg mit wenigen Opfern werden andere Menschen gezwungen, sich in Lebensgefahr zu begeben und was noch viel schlimmer ist: andere zu töten.

Du konstruierst eine Unterscheidung zwischen "guten, besonnen geführten Kriegen" und "schlechten, verantwortungslos geführten Kriegen". Die gibt es aber von einer christlichen oder pazifistischen Perspektive nicht.

"Realpolitisch" dagegen ist klar, dass es hier keine diplomatische Lösung gibt: Die vier Oblaste wurden von Russland in einem bizarren Manöver "annektiert", waren aber nicht vollständig besetzt und wurden noch weiter von der Ukraine zurückerobert. Was auf der ukrainischen Seite auch viele Leben gekostet hat. Ein Rückzug der ukrainischen Armee hinter diese Linien ist daher absolut undenkbar.

Aber dieser Punkt ist für Putin auch nicht verhandelbar.

Denn er hat sich mit "sie werden zu uns gehören für immer" in eine Sackgasse manövriert. Wer als autokratischer Herrscher solche Aussagen macht, der kann nicht von ihnen wieder abrücken.

Putin macht weiter, er muss es, auch mit 50.000 weiteren gefallenen russischen Soldaten.
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00 Der Westen liefert Waffen, lässt jedoch so langsam verlauten, man müsse überlegen, wie viele davon man noch abgeben könne--
aber er liefert nicht das volle Arsenal.
Im Luftraum werden meines Wissens "nur" Raketen eingesetzt;
Und Marschflugkörper + Drohnen.
keine Militärflieger, die Bomben abwerfen. Rußland hätte vermutlich genügend Flieger und könnte die wesentlich kleinere Ukraine leicht überwinden. Der Westen wäre ebenfalls in der Lage, von oben anzugreifen oder um die Lufthoheit über dem Gebiet der Ukraine zu kämpfen. Aber wenn er das tut, ist der 3. Weltkrieg Realität.
Ich mag Sofageneral-Überlegungen nicht so.

Und die Inkompetenz der russischen Armee wurde mir zu oft als "vorsichtiger, schonender Umgang" verkauft. Wer kann daran noch glauben?
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00 Selenskyj hat genug "Dreck am Stecken"; den muß niemand in Schutz nehmen. Er ist volljährig und dumm ist er auch nicht. Er trägt die volle Verantwortung für seine Entscheidungen.

Ich habe keine Lust, all das, was Selenskyj im Vorfeld des Krieges in seinem Land mit ethnischen Russen veranstaltete, nochmals hervor zu holen. Wen es interessiert, der kann in den entsprechenden Thread stöbern.
Wenn's das 24-Karat Gold wäre, dann würdest du es wohl schon nochmal posten, da bin ich mir sicher.

Evtl. beziehst du dich auf das Gesetz wonach Russen nicht zu "eingeborenen Völkern" der Ukraine gezählt werden, über das sich Putin so echauffierte ("Theorie und Praxis Nazideutschlands"). Das ist aber wieder ein Kreml-Ramschargument: Ukrainer gehören auch nicht zu den "eingeborenen Völkern".

Die Gulags in den Volksrepubliken kümmern Putin eher weniger.
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00 Welch eine Neuigkeit. :lol: Und anders herum ist es GAR nicht so.

Sowohl im Westen als auch im Osten gibt es in der Bevölkerung eine Menge Leute, die es nicht so arg toll finden, getäuscht und betrogen und somit zum Spielball irgendwelcher Oligarchen oder diverser anderer Machtmenschen gemacht zu werden.

Diese Welt gehört nicht den Wölfen. Sie gehört ALLEN Menschen.
ALLE Menschen haben das Recht, in Frieden und in Freiheit zu leben.

Dass es ihnen verwehrt wird von korrupten Politikern und irgendwelchen Drahtziehern internationaler Konzerne oder von wem auch immer, das ist das eigentliche Verbrechen.
Anscheindend sind hier in diesem Forum zwei Ansätze maßlos überrepräsentiert: Schwarz-Weiß-Denken und ebenso unreflektiertes 50%-Grau-50%-Grau-Denken.

Auch in Brasilien (Image hier: arm aber keine Diktatur) werden die Menschenrechte (Leben, Freiheit) teilweise massiv verletzt. Weil die Polizei gerne mal mit Folter nach hilft um Informationen zu erlangen. Und dabei regelmäßig Unschuldige erwischt. Und ab und zu einer dabei drauf geht.

Aber "in Brasilien werden die Menschenrechte verletzt" (und das ist schlimm, unentschuldbar und sollte nicht verharmlost werden) ist meiner Ansicht nach schon was anderes als "In Ruanda 1994 wurden die Menschenrechte verletzt" (wo die Interahamwe eine Millionen Menschen systematisch ermordeten).

Mit 50%-Grau-50%-Grau-Denken wird man nie was erreichen. Man kann weiter gegen Windmühlen kämpfen. Oder auf die nächste Welt warten.
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00 Dann nenne mir bitte einmal Informationsquellen, die nicht fragwürdig/ interessensgesteuert sind.
Die gibt es nicht.

Der geniale Gedanke ist hier: es gibt Informationsquellen, die weniger fragwürdig und weniger interessengesteuert sind.

Und um zu verstehen, welche das sind, muss man leider seinen Verstand einspannen. Das ist Arbeit.

AP hat den Bock mit der angeblich russischen Rakete geschossen. Aber es gab eine Korrektur und der Journalist wurde entlassen. So etwas passiert bei Kreml-TV nicht. Kreml-TV korrigiert nicht transparent. Niemals. D. h. schon deswegen ist Kreml-TV fragwürdiger als AP.
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00Ein gewisses Gleichgewicht wird erreicht, wenn man z.B. Reitschuster und Röper gleichzeitig liest.
Es ist aber nicht der Sinn, ein Gleichgewicht zu erreichen. Denn 50%-Grau-50%-Grau muss nicht der Wahrheit entsprechen. Absolut nicht.

Warum dieses Konzept so unbegreiflich?
Wertebasierte Propaganda. :mrgreen: Das ist der Unterschied. Wertebasierte, Demokratie und Menschenrechte beschwörende Interpretationen und demagogische Erzählungen aus dem Tempelschatz der Gottlosen.
K. A. was an dem Thema so amüsant ist.

Die Kreml-Propaganda beschwört genauso Werte, inkl. "Demokratie" ("Die Menschen haben ihre Wahl getroffen. Eine eindeutige Wahl" - Putin) und "Menschenrechte" (gibt sogar einen Menschenrechtspreis von Putin). Da liegt also kein Unterschied

Natürlich stehen "Selbstbestimmungrecht der Völker", "traditionelle Werte" oder " Glaube" eher im Fokus. Was absolut lächerlich ist.

Aber wertebasiert ist die Kreml-Propaganda definitiv. K. A. wie man auf einen anderen Gedanken kommen kann!?

Der wirkliche Unterschied ist, dass bei der Propaganda im Westen die verschiedenen Akteure ohne "Order von oben" oder ohne weitreichende Verschwörung agieren können. Denn Mainstream-Medien vertreten die Elite und wollen keine Turbulenzen.

Dazu stellt man einfach die Leute ein, die linientreu sind. Manipulation geschieht durch selektive Berichterstattung und Gewichtung, tendenziöse Berichte und manipulative Rhetorik, Instrumentalisierung von Begrifflichkeiten, Assoziations-Trugschlüsse. Nichts neues.

Die wirklichen Verschwörungen oder klaren Fälschungen sind dagegen zeitlich und auf einen kleinen Kreis von Mitwissern beschränkt.

Kreml-Propaganda hat dagegen keine Beziehung zur Wahrheit mehr. Denn eine bewusste, vorsätzliche Fälschung hat keinerlei negative Auswirkungen. Weil der Kreml die russischen Medien eben komplett kontrolliert.

Kreml-Propaganda ist auch extrem inkonsistent - zuerst sind die "grünen Männer" auf der Krim keine russischen Soldaten, danach eben doch; zuerst operieren russische Truppen nicht in den Volksrepubliken, danach eben doch; zuerst sind die Invasionspläne westliche Hysterie, danach greift Russland doch an, etc. pp.
Magdalena61 hat geschrieben: Mo 28. Nov 2022, 00:00 Es wäre besser, es zu wissen. Denn sonst könnte das wieder passieren. Und wieder. Und wieder.
Oder es könnte tatsächlich passieren. Die Wahrscheinlichkeit bleibt hoch, solange Russland so grenznahe Ziele beschießt. Das Risiko wäre entschärft, wenn Russland das unterlassen würde. Aber hahaha.
Claymore
Beiträge: 1219
Registriert: Fr 5. Okt 2018, 13:34

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Claymore »

Claymore hat geschrieben: Mi 30. Nov 2022, 17:42 Oder es könnte tatsächlich passieren.
Also: eine wirklich russische Rakete / Marschflugkörper könnte auf dem Territorium eines NATO-Anrainerstaates der Ukraine landen.
Spice
Beiträge: 11835
Registriert: Di 22. Mai 2018, 15:38

Re: Was geht in Putins Kopf vor?

Beitrag von Spice »

Ich bin zufällig auf einen Artikel aus dem Frühjahr 2009 des Russen JURI AFANASSJEW (LI 084, Frühjahr 2009) gestoßen, der fatal an das gegenwärtige Geschehen erinnert. Dazu einige Auszüge:
In den letzten Monaten wurden wir Zeugen einer Reihe von Aktionen der russischen Regierung, die auf den ersten Blick paradox erscheinen. Die wichtigsten waren:

– Erstmals seit dem Abzug der Sowjetarmee aus Afghanistan haben russische Streitkräfte einen „realen“ (nicht „Kalten“) Krieg außerhalb Rußlands (in Georgien) begonnen und zu Ende geführt;

– zum ersten Mal seit dem Zusammenbruch der UdSSR sind strategische Bomber und Kriegsschiffe der russischen Marine nach Lateinamerika entsandt worden;

– die Rückkehr zur Rhetorik des „Kalten Krieges“ hat einen Punkt erreicht, an dem sich der russische Außenminister im Gespräch mit seinem britischen Kollegen zu obszönen Flüchen versteigt;

– in Sewastopol stationierte russische Kriegsschiffe kämpften im Schwarzen Meer gegen Georgien, obwohl der ukrainische Präsident ihren Einsatz ohne vorherige Information der Ukraine untersagt hatte;

– Premierminister Putin spielte die Karte der atomaren Erpressung gegen die Tschechische Republik und Polen aus, in der für ihn typischen, geheimdienstlich vieldeutigen und verrätselten Ausdrucksweise;

– vor dem Hintergrund der schreienden und weiter zunehmenden Diskrepanzen bei der Einkommensverteilung in Rußland wurde der Militärhaushalt um fast dreißig Prozent gesteigert;

– der russische Präsident begrüßte die Wahl des neuen US-Präsidenten mit dem Versprechen, zur Abschreckung der europäischen Verbündeten Amerikas Raketenbasen im Königsberger Gebiet zu stationieren.
und über das russische Volk schreibt er:
Diese „Massen“ lassen sich die Aktionen der Behörden nicht nur schweigend gefallen. Sie haben begonnen, sie enthusiastisch zu unterstützen, so wie in den dreißiger Jahren. Es macht die Sache nur schlimmer, daß es solche enthusiastischen Reaktionen der manipulierten und mißbrauchten Massen auch früher schon gegeben hat: vor und unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg. Damals standen sich das Volk und die Bolschewiken so nahe, daß bis heute nicht klar ist, wer wen unterstützt, wer wen geführt hat. Wir wissen nur ungefähr, welches Ergebnis dieses Zusammengehen, das auf Dauer todbringend für beide Seiten werden sollte, gezeitigt hat – das Jahr 1991.

...Das Volk ist weiter nur Masse, ist Menschenmaterial.
(Hvh. v. mir)

Der Überfall auf die Ukraine ist die logische Fortführung von Putins Denken.
Gesperrt