Hiob hat geschrieben: ↑Sa 11. Sep 2021, 13:02Psychologisch ja, fundamental nein. - Es ist die Frage, ob man Gott als Lebenshilfe oder als Entität versteht.
Ich finde hierdurch werden die antiken Ansichten zu schnell in ein "Entweder Oder" gedrängt.
Es ist nirgendwo festgelegt, dass die "Jesus"-Texte mehr sind als Glaubenstexte, d.h. Texte, die den Glauben verstärken sollen.
Den Effekt der Glaubensverstärkung, Glaubensstabilisierung kann man sich auf Basis der Notlage in der Antike (ich habe die Punkte oben angegeben) ganz einfach vorstellen.
In der Logik dieser Leute war es vermutlich so, dass alles, das den Glauben verstärkt, von "Gott" kommen muss, so dass sie die Texte als eine authentische Lebenshilfe von der Entität "Gott" angesehen haben.
Wenn man nun über die Zeit hinweg die Glaubensnotlage abklingen/verschwinden und die Texte weiterhin als Glaubensinhalte stehen lässt, dann schleicht sich ganz leicht ein "für historisch halten" ein, nur entstehen dann natürlich Realitätsprobleme (neben der Trinität wirken dann auch die Wunderbehauptungen eher eigenartig).
Ein "für wichtig halten" gab es wohl bereits auf Basis der damaligen Notlage.
Ein "für historisch halten" kam wohl erst später dazu.
Die Spitze dieses Vorganges bildet vermutlich die heutige HKM, die sich nur noch auf das "historisch halten" konzentriert und die Glaubensunterstützung ausdünnt.
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lovetrail hat geschrieben: ↑Sa 11. Sep 2021, 12:50Dass Jesus Christus leiblich und historisch Mensch geworden ist, das ist essentiell für den christlichen Glauben.
Heute ist das sicherlich so, aber war es auch im 1./2. Jhd. so?
Der gigantisch religiöse Schicksalsschlag den die jüdische Betonung auf das "nahe Gottes-Reich", auf die "Messias-Erwartung", hinnehmen musste, ist keine Rätselfrage, sondern liegt historisch verlässlich vor.
Die Texte des neuen Testamentes liegen als historisch verbürgte Fassungen erst
nach diesen Vorgängen vor.
In der Konsequenz ist die spätere "Jesus"-Christliche Haltung in Form von "so war es im ersten Jahrhundert" lediglich eine Behauptung, eine Wunschvorstellung.
Vielleicht könnte man sagen "eine Modernisierung".
Schau dir mal an, was ich gerade an "Hiob" geschrieben habe:
Die Texte haben eher eine reine Glaubensbasis, so dass es
nur um den damals benötigten Effekt im Gläubigen geht.
lovetrail hat geschrieben: ↑Sa 11. Sep 2021, 12:50Oder meinst du eine bloße Legende könnte das Versprechen der Auferstehung aller einlösen? Höchstens ein eingebildete Auferstehung.
Stell dir vor, du bist am Boden, am Ende mit deinem Glauben und dann hörst du von dieser Legende und obwohl du weisst, dass es nur eine Geschichte ist, wertest du das behagliche, erleichternde Gefühl, als "dir von Gott überreicht", als die ersehnte "Unterstützung Gottes".
Dein Glauben stabilisiert sich und selbst die Auferstehung, an die du bereits auf Basis deiner Wurzeln bei den Pharisäern geglaubt hast, ist dir in diesem Moment "von Gott bestätigt".
Man macht einen Fehler, wenn man sich die antiken Menschen so vorstellt, als hätten sie aus einer neutralen Situation heraus entscheiden können, ob sie sich auf eine Legende einlassen wollen.
Damals gab es den gigantischen Glaubensverlust bei Menschen, die aus der jüdischen Religion heraus sowieso schon mehrere Generationen lang einer Art "Christentum" (hatte nichts mit "Jesus" zu tun!) anhängig waren.
Stell dir mal selbst die Frage:
Musst du in deinem Glauben unbedingt von einer "Jesus"-Historizität ausgehen, oder kannst du
auf Basis des Effektes der Legende nicht auch davon überzeugt sein, dass dies eine "Botschaft von Gott" ist?
Die christliche Idee der "Text-Inspiration" ist doch letztlich nichts anderes und entstammt vermutlich aus der damaligen Notlage.
Ist das Verlangen nach einer historischen Stimmigkeit nicht eher eine moderne Erfindung?