Johncom hat geschrieben: ↑Mo 23. Okt 2023, 02:54
Also gut. Welche falsche Aussage ist dir denn in dieser Sendung aufgefallen?
Oh da gibt es einige. Es gibt eine Reihe von kleineren Ungenauigkeiten, wie Herrn Baabs Bezug auf Monsanto. Es gibt Formulierungen, wie seine Aussage über Odessa ("weitgehend russisch"), bei der er sich zwar am Ende herausreden kann, dass er das ja anders gemeint hätte, aber so wie er es sagt und so wie es unkommentiert stehen gelassen wird zahlt es erst einmal auf ein ganz bestimmtes Narrativ ein, das mit Blick auf v.a. die Regionen in der Ostukraine immer wieder verbreitet wurde.
Es gibt aber auch größere Beispiele. Davon hier mal zwei:
Zum einen ist Harr Baabs Aussage was die finanzielle "Lasten der Ukraineunterstützung pro Haushalt in Deutschland" angeht mehr als fragwürdig, weil die 18,000€, die er hier nennt nicht aufgehen, selbst wenn man die bisherige Direktunterstützung für die Ukraine, Kosten für ukrainische Flüchtlinge hier, BiP-Rückgang aufgrund der Ukrainekrieg-bedingten Sanktionspolitik oder auch geplante Mehrausgaben für die Bundeswehr zusammennimmt. Da frage ich mich also zuerst, wie Herr Baab auf diese Zahl kommt und danach frage ich mich, warum Herr Fleischer nicht die Frage stellt, wie Herr Baab auf diese Zahl kommt. Stattdessen kommentiert er mit einem flapsigen Spruch (der 1:1 auch auf einem NPD-Plakat stehen könnte).
Die 18,000€ sind auch noch darüber, dass sie sich nicht bestätigen lassen hinaus suspekt. Er macht hier eine Angabe pro Haushalt, wenn man jetzt also diese 18,000€ mit der Anzahl der Haushalte überschlägt (grob 40 Millionen), kommt man bei 720 Milliarden Euro raus, was ganz zufällig die Summe ist, die seit Sommer 22 kursiert, wenn es um die geschätzten Wiederaufbaukosten für die Ukraine geht. Oder anders herum, nimmt man diese 720 Milliarden und teilt sie durch die 40.9 Millionen Haushalte, kommt man auf etwa 17,600€ bzw gerundent eben auf 18,000€.
Daher drängt sich ein Verdacht auf, wie Baab hier zu seiner Angabe gekommen sein könnte. Warum es falsch wäre, so zu rechnen muss ich hoffentlich nicht erklären.
Na gut, jetzt kann man sagen, Fleischer wusste im Vorfeld ja nicht, dass Baab hier mit der Zahl ankommen würde und konnte das natürlich nicht während des Gesprächs prüfen. Auch das entschuldigt die fehlende Nachfrage nach der Herkunft nur bedingt, da Baab selbst keine Angabe dazu macht und diese Frage mMn daher selbst unter der Annahme angebracht gewesen wäre, dass die Angabe stimmt. Aber gut, da hat Fleischer halt spontan nicht richtig geschaltet. Passiert.
Aber ich hab ja zwei Beispiele angesagt und beim Zweiten hat man sowohl bei Herrn Fleischer, als auch bei Herrn Baab journalistisch absolute Glanzleistungen (... nicht).
Davor kurze Bonusrunde bevor ich's vergesse, Fleischers Tonfall bei seinem "Mhm, okay" nachdem ihm Baab die Anekdote über seine Festsetzung bei der Reise auf die Krim erzählt bzw. nachdem er erzählt, wie sich die Situation aufgelöst hat, ist sehr passend. Man könnte meinen, da gingen selbst bei ihm die Bullshit-Glocken los.
Anyway, zweites Beispiel:
Dir, Johncom, sollte es eigentlich bekannt vorkommen, weil wir das Thema hier im Forum bereits hatten, es geht um die angeblichen Verlustzahlen, die auf Informationen vom Mossad beruhen
sollen.
Zunächst einmal zur Kritik an Herrn Baab: Er schreibt hier "Der israelische Geheimdienst Mossad, der ausgezeichnete Kontakte zu beiden Kriegsseiten unterhält, meldete Mitte Februar 2023 folgende Verluste". Das stimmt schlicht und einfach nicht, es gibt für die Zahlen, die Baab anschließend nennt exakt eine Quelle, auf die sich alle beziehen, die mit diesen Zahlen hantieren und das ist Hürseda Haber. Es gibt nur diesen einen Artikel, ein Artikel ohne identifizierbaren Autor, ohne nachverfolgbare Quelle, ein Artikel dessen Überschrift mit "Behauptung:" beginnt und in dem explizit gesagt wird, dass die genannten Zahlen
angeblich in einem Mossadbericht stehen würden. Oder wie ich es damals bezeichnet habe: "Glaub mir, Bruder".
Für Baab gut genug, um zu schreiben "Der israelische Geheimdienst Mossad [...] meldete", d.h. er geht sogar noch einen Schritt weiter als seine Quelle und formuliert es als Tatsachenbehauptung. Es ist auch völlig offensichtlich, dass Baab hier keine andere Quelle hat, als diesen einen vollkommen dubiosen Artikel (vgl. Absatzende).
So viel also mal zu Herrn Baabs journalistischer Genauigkeit, kommen wir zu Herrn Fleischer und warum ich über "Die richtigen Fragen" nur lachen kann. Fleischer wird hier nicht spontan mit dieser Information konfrontiert, er ist es, der sie in Spiel bringt, er hat sogar die entsprechende Passage als Einblendung vorbereitet, d.h. er hat sich vorher damit befasst. Er hatte die Möglichkeit, erst sich selbst und in der Konsequenz Herrn Baab "die richtigen Fragen" zu stellen. Weder das eine, noch das andere ist erfolgt, keine kritische Auseinandersetzung mit diesen Aussagen, stattdessen stumpfe Wiederholung (ebenfalls als Tatsachenbehauptung formuliert).
"Die richtige Frage" für mich ist also, welchen informativen Wert ich jetzt genau Fleischers Show eigentlich beimessen soll? Das ist doch alles nur "Ja. Amen. Bitte, bitte kommen sie auch in Zukunft wieder in die Sendung."