Hiob hat geschrieben: ↑Do 26. Sep 2019, 14:30
aber das repräsentiert nicht die Auffassung des Vatikan zum Nationalsozialismus.
Dieser Papst wurde aus politischen (und heute oft aus religiösen) Gründen bewusst denunziert. Dazu gibt es hier im Forum schon genügend Material, die den Lügenkampagnien und deren Ausführer heutiger Zeit widersprechen.
Angelo Guiseppe Roncalli
In der Nazi-Zeit war er Apostolischer Nuntius des Vatikan in der Türkei. Er setzte sich bei der Regierung in Istanbul für den vorläufigen Aufenthalt von 1700 Juden aus Bulgarien, Griechenland und Rumänien ein. Später durften sie nach Palästina ausreisen. Y. Lipel, Privatsekretär des Oberrabbiners Herzog berichtet über Roncalli: "Mit dem Vatikan verhandelte der Oberrabbiner in der Türkei fast unmittelbar dank Msgr. Roncalli in Istanbul, einem wahren Freund Israels, der Tausende von Juden rettete. Roncalli gab die Geheimbriefe des Rabbiners an mehrere Bischöfe und Priester überall in dem von Nationalsozialisten besetzten Europa weiter, die sich in ihrer selbstlosen Hingabe für die Rettung der Juden hervortaten"
(Quelle: Y. Lipel: Pius' XII. Einstellung zu den Juden-Rettungsunternehmen in: "Maariv", Tel Aviv v. 15.12.63)
Teile Griechenlands gehörten zur italienischen Besatzungszone, dorthin viele griechische Juden flüchteten. Das italienische Konsulat in Athen und Saloniki stellte falsche Papiere für Juden zur Ausreise aus, deren Namen italienisch klangen. Warum?
Die Antwort darauf gaben die Rabbiner Michael Molho und Joseph Nehama ((Quelle: The Destruction of Greek Jewry, Yad Vashem Studies, Jerusalem 1965, S. 109 ff.): "Der unablässige Druck des Vatikans veranlasste die faschistische Regierung, sich die Angelegenheit noch einmal zu überlegen, und die Rassengesetze ... bleiben fast ausschließlich auf dem Papier."
Im zionistischen Zentralarchiv in Jerusalem lagern 43 Briefe Roncalli's, in denen er um Unterstützung für Juden in Bulgarien, Griechenland, Frankreich, Italien, Rumänien, Jugoslawien, Slowakei und Ungarn bat, etwa bei König Boris von Bulgarien und bei Horthy in Ungarn. Der Oberrabbiner Herzog schreibt am 22.11.1943 an Roncalli: "Ich weiß genau, dass seine Heiligkeit der Papst (Pius XII. Anm. von mir) aus tiefstem Herzen jede Verfolgung und besonders die grausame beispiellose Verfolgung verabscheut, die die Nationalsozialisten unaufhörlich dem jüdischen Volk auferlegen ... Bitte übermitteln Sie Seiner Heiligkeit dem Papst diese Ausdrücke der tiefsten Dankbarkeit zugleich mit der Versicherung, dass das Volk von Israel wohl weiß, wie es seinen Beistand und seine Einstellung einschätzen darf."
Roncalli wurde später Patriarch von Venedig, dort besuchte ihn 1954 der israelische Konsul in Italien Pinchas Lapide. Im Auftrag der israelischen Regierung gab er Roncalli die tiefe Dankbarkeit Israels weiter für seine große "Hilfe bei der Rettung Tausender von Juden auf dem ganzen Balkan und in der Türkei während der Kriegsjahre". (Quelle: Pinchas Lapide, Rom und die Juden, Freiburg 1967)
Roncalli antwortete in seiner Bescheidenheit, er habe nur die Anweisung des Papstes befolgt, Menschenleben zu retten.
Der päpstliche Botschafter (Nuntius) in Deutschland Eugenio Pacelli (der spätere Papst Pius XII.) sagte bereits 1929 über Hitler in einer Ansprache und meldete es dem Vatikan:
Ich müsste mich sehr, sehr täuschen, wenn dies hier noch ein gutes Ende nehmen würde. Dieser Mensch ist völlig von sich besessen, alles, was ihm nicht dient, verwirft er, was er sagt und schreibt, trägt den Stempel seiner Selbstsucht, dieser Mensch geht über Leichen und tritt nieder, was ihm im Weg steht. Ich kann nur nicht begreifen, dass selbst so viele von den Besten in Deutschland das nicht sehen, oder wenigstens aus dem, was er schreibt und sagt, eine Lehre ziehen – wer von all diesen hat überhaupt das haarsträubende Buch „Mein Kampf“ gelesen?
Wir haben es mit einem Gegner zu tun, der Wahrheit und Treue nicht kennt. Was sie Gott nennen, ist nicht unser Gott. Etwas Teuflisches.
(aus: Michael Hesemann: Der Papst, der Hitler trotzte. Augsburg 2008)
Zur Legendenbildung:
Am 20.02.63 kam es zur Uraufführung des Theaterstücks "Der Stellvertreter" am Theater am Kurfürstendamm. Es war, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Die zu bewältigende Vergangenheit einer sehr dunklen Geschichte in Europa wurde zu einem häßlichen Kampf für jene, die sowieso mit der katholischen Kirche abrechnen wollten. Der Verfasser des Stücks Rolf Hochhuth behauptet im Geheimarchiv des Vatikans gewesen zu sein (es gibt keinen Eintragregistrierung für Herrn Hochhuth) und daraus brisante Dokumente verwendet zu haben, die Papst Pius als großen Schweiger und Antisemiten in Sachen Völkermord unter den Nazis darstellten. Im Grunde werden in diesem Stück bereits all jene Vorwürfe aufgestellt, die bis heute noch von den Kirchengegnern für die angeblichen Verbrechen der Kirche in der Nazizeit verwendet werden. Die Legende vom Judenhasser Pius war geboren.
Im Jahr 2007 wurde dann auch die "Urquelle" der Falschinformation, das Theaterstück Hochhuths, enttarnt. In einem Verhörprotokoll eines rumänischen Geheimdienst-Überlaufers liest man:
Nach Darstellung des schon 1978 in den Westen übergelaufenen ehemaligen Generals der rumänischen Securi- tate, Ion Mihai Pacepa, wurde das Hochhuth-Stück vom sowjetischen Geheimdienst initiiert und sei Teil einer Anfang 1960 von Nikita Chruschtschow gebilligten strategischen Kampagne zur Zerstörung der moralischen Autorität des Vatikans in Westeuropa gewesen. Nach Darstellung von Pacepa habe der Chef der Abteilung Desinformation des KGB, General Ivan Agayants, für sich in Anspruch genommen, das Theaterstück in seinen Grundlinien vorgegeben zu haben. Der dokumentarische Anhang zu diesem Theaterstück (‘Historische Streiflichter’), mit dem Hochhuth zentrale Aussagen seines Stücks zu begründen sucht, sei sogar unmittelbar vom KGB zusammengestellt worden. (Quelle: National Review vom 25.01.2007)
Historiker prüften den Wahrheitsgehalt und konnten die Aussagen Pacepa's bestätigen, so der Historiker Michael F. Feldkamp: "Nicht erst seit dem Fall der Berliner Mauer ist die umfassende Infiltration westdeutscher Journalisten und ihrer Belieferung mit Aktenfälschungen durch KGB und die Staatssicherheit der DDR offenbar geworden. Der Bericht von Pacepa passt wie ein fehlendes Puzzleteil in die unsägliche Geschichte der Diskreditierung der katholischen Kirche und ihres Oberhauptes durch kommunistische Propaganda und Desinformation und muss als glaubhaft eingestuft werden."
u.s.w.
Kein seriöser Historiker würde heute diesen Papst als Hitlerfreund oder Judenhasser bezeichnen. Er wurde inzwischen ausreichend rehabilitiert.